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R.U.S.E.

Nicht täuschen lassen

Das klassische Echtzeitstrategiegenre pfeift aus dem letzten Loch. Auch wenn Titel wie StarCraft 2, Command & Conquer 3 oder Dawn of War 2 mehrere Millionen verkaufen, ist die große Zeit der gewaltigen Strategieschlachten endgültig vorbei. Die hochkomplexen und zum Teil viel zu komplizierten Titel verlieren immer mehr Marktanteile. An der Kasse sind Shooter wie Modern Warfare, Sandbox-Games wie Grand Theft Auto oder Casual-Spielzeuge wie Wii Sports deutlich erfolgreicher – auch oder vor allem wegen ihrer klaren Konsolen-Ausrichtung, die in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist.

Verzweifelt versuchen Entwickler auf der ganzen Welt, diesem Trend entgegenzuwirken. Während Blizzard, Relic und Electronic Arts neue Wege bei den Kampagnen gehen, den Basenbau abschaffen oder Rollenspiel-Elemente integrieren, setzt Ubisoft auf neue Steuerungskonzepte und eine stark vereinfachte Spielmechanik.

So wurde im letzten Jahr mit Tom Clancy's EndWar erfolgreich die Sprachsteuerung etabliert und eine vernünftige Konsolenanpassung abgeliefert, nur das Spiel dahinter konnte den Erwartungen nicht ganz gerecht werden. In diesem Jahr nun also der Zweiter-Weltkrieg-Brocken R.U.S.E. Ein Titel, der insbesondere das Skill-intensive Mikro-Management reduziert und auf den großen, taktischen Zusammenhang setzt. Eine erfolgsversprechende Mischung, die Ubisoft in Paris erstmals spielbar vorführte und als Bonbon eine Spezialversion für den sündhaft teuren Multitouch-Tisch (10.000 Euro) von Microsoft präsentierte.

Bei R.U.S.E. geht es nicht um kleine Scharmützel, in denen sich Soldaten auf Squad-Niveau bekämpfen und per Knopfdruck Handgranaten werfen, sondern um die Feldherren-Perspektive. Stilsicher als Taktikbildschirm mit Zoomfunktion, Brettspieloptik und detaillierter Landschaftsgrafik umgesetzt, verlangt R.U.S.E. vor allem taktisches Einfühlungsvermögen, den Blick für das große Ganze und keine flinken Finger.

Schon die ersten Minuten mit dem Joypad überraschen. Durch die relativ langsame Spielgeschwindigkeit und die zum Teil gigantischen Armeen funktioniert der Kampf mit dem Konsolen-Eingabegerät hervorragend. Auf Knopfdruck werden Truppenteile zusammengelegt, Marschbefehle gegeben und Luftangriffe initiiert. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass der Ottonormal-Spieler mit dem Pad ebenso gut zurechtkommt wie mit Maus und Tastatur.

R.U.S.E. - Tunesien-Demo

Die Schlacht in der nordafrikanischen Wüste im Jahr 1943 begeistert dabei nicht nur mit der frei zoombaren, überraschend detaillierten und seit der letzten Vorschauversion deutlich aufgehübschten Grafik, sondern auch durch strategische Vielfalt, die man diesem Titel auf den ersten Blick gar nicht zutraut. Als die Alliierten durch eine kleine Stadt fahren, geraten die Sherman-Panzer in eine Falle. Blitzschnell zerlegen Bazooka-Truppen der Deutschen die amerikanischen Stahlkolosse in ihre Einzelteile. Ein erster Hinterhalt, der die Herangehensweise von R.U.S.E. auf den Punkt bringt.

Informationen beziehungsweise Desinformationen spielen eine entscheidende Rolle. Das Ziel jeder Taktik ist es, den Gegner dorthin zu manövrieren, wo man ihn haben will. Dies kann auf niedrigem Niveau ein Überfall in einer Stadt sein oder im großen Maßstab eine Legion von Holzpanzern, die Stärke vortäuschen. Ausgelöst werden diese Spezialattacken durch die namensgebenden Täuschungen (englisch beziehungsweise französisch ruse). Auf Knopfdruck werden das Radar des Gegners gestört, Phantomarmeen erstellt oder Verbindungslinien gekappt.

In Tunesien genügt es, einen Verband Crocodile-Flammenwerferpanzer loszuschicken und die Soldaten mit Stumpf und Stil auszuräuchern. Mit dem Realismus nehmen es die Act-of-War-Entwickler Eugen Systems nicht so genau. Mit einer Reichweite von ein paar hundert Metern wird die Sherman-Variante so zwar zu einem perfekten Hardcounter für Fußsoldaten, doch mit dem Ist-Zustand auf dem Schlachtfeld hat das wenig zu tun.