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Radical Heights: Das traurige Ende des Battle-Royale-Spiels, das der Welt wirklich noch fehlte

Ein Nachruf auf den Royale mit Käse dieses Genres.

Am Ende wird's an Bleszinski selbst gelegen haben. Dabei fußt der eine zentrale Fehler, den der Miterfinder von Unreal (Tournament) und Gears of War während des kurzen Lebens seines unabhängigen Boss Key Studios begang, nicht einmal auf Unfähigkeit oder anderen fachlichen Problemen. Er lag schlicht in seiner DNA als Entwickler mit großem Herz für kompetitive Arenaballereien. Wie sagt man so schön: Wenn man nur einen Hammer hat, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.

Der Poker, mit Lawbreakers gegen Overwatch, zwei in der Entwicklung befindliche und kostenlos spielbare Klassiker-Neuauflagen - Unreal Tournament und Quake Champions -, die Serien-Blockbuster CoD und Battlefield sowie artverwandte, aber etwas anders gelagerte Spezialisten wie Rainbow Six: Siege in den Ring zu steigen, war für ihn folglich keiner. Denn das ist eben die Sorte Spiel, die ein Cliff Bleszinski macht. Und hey - versetzt euch mal rein: warum auch nicht? Wenn die Konkurrenzsituation eines demonstriert, dann dass der Markt für diese Gattung Spiele aktuell der beste ist, der er jemals war. Leider ist er gleichzeitig das wohl feindseligste Habitat, in dem man als Neuer so nach Usern fischen kann.

Lawbreakers replizierte dieses Bild in seinen besten Momenten durchaus treffend. Der Typ rechts fliegt. Wie ein Jet. Fühlte sich wahnsinnig gut an.

Selbst dann: Lawbreakers war richtig gut - ein Charakter war ein gottverdammter Düsenjäger - und dass wirklich so gar niemand anbeißen würde, konnte man beim schmalen Preispunkt von nicht mal 30 Euro auch nicht wirklich ahnen. Ein paar Tausend aktive Spieler zu jeder Zeit schaffen Titel dieser Güte und dieses Fokus und mit einem netten Gimmick wie den Gravitationsspielereien oft genug. Auf Steam kam man trotzdem von Anfang an nicht auf Userzahlen, die durchschnittlich vierstellig gewesen wären und so zog man dann den Stecker, um auf der Battle-Royale-Welle mitzuschwimmen.

Wisst ihr was? Bis vor drei Wochen hätte ich Geld darauf gesetzt, dass es diesmal anders laufen würde, denn Radical Heights, das Boss Key in nur fünf Monaten aus dem Boden stampfte, war das eine Spiel, dem ich zugetraut hätte, neben den beiden anderen - ihr wisst schon welchen - zu existieren. Stattdessen beweist es jetzt nur, dass zwei beliebte Spiele noch lange kein eigenes Genre abstecken. In der Zukunft reden wir über Battle Royale, wie wir damals über Team-Deathmatch-, Capture-the-Flag- oder Domination-Modi sprachen. Als Komponente eines größeren Ganzen, aber nichts, das man auf eigenen Beinen ins Rennen gegen die Dauerläufer wie PUBG oder Fortnite schicken würde.

In der Spielwelt findet ihr Kleidung, die dann dem Store hinzugefügt wird und mit dem Preisgeld gekauft werden kann. Für die rare Shirt-Hose-Kombination habe ich etwa 70.000 Dollar gelatzt. Und weil Geld verdienen der Sinn des Spiels ist, ist das viel befriedigender, als einfach nur etwas Echtgeld springen zu lassen.

Radical Heights hat trotzdem alles richtig gemacht. Es hatte sinnstiftenden Kontext - Achtziger-Gameshow, samt der dazu passenden Ästhetik - was vor allem Blueholes Spiel abgeht. Es war die Sorte Schnell-rein-schnell-wieder-raus-Spiel, die man noch flinker mal eben zwischendurch spielen konnte. All die Einstiegshürden wie ein ausgefeiltes Ballistikmodell, überlange Lootphasen und Inventarspielereien warf man aus dem Konzept. Boss Key integrierte nichts, was auch nur annähernd die Verwirrung stiften konnte, die PUBG'ler oder Anfänger in Fortnite erwartet, wenn der Gegner mitten in Schusswechseln auf einmal Häuser baut, anstatt zurückzuschießen.

Und doch steckte hier genug Eigenes drin, dass sich Radical Heights klar abseits der beiden anderen positionierte. Lustige Gimmicks vom Trampolin bis zum BMX und ein sekundäres Ziel, abseits des Triumphes über 99 andere Spieler: Geld verdienen.

Die Arena ist unter einer Kuppel angelegt und in Planquadrate unterteilt. Anstatt einen Kreis um euch allmählich zu schließen, wurden einfach immer mehr dieser Sektoren unzugänglich gemacht.

Denkt dran, es war - oder "ist", ein bisschen Zeit, es sich doch noch mal anzuschauen, bevor es weg ist, ist wohl noch - die Gameshow unter den Battle Royales. Tore mit Gewinnen, die man finden und unter großem Risiko (und laut plärrender Achtzigermusik) öffnen konnte, buchstäbliche Geldregen, unter denen man duschte, wenn man nur mutig genug war. Und verlockende, aber für alle Spieler gleichermaßen auf der Karte sichtbare Glücksräder, die man für einen Jackpot oder bessere Ausrüstung drehen konnte, wenn man das Gebiet nur sicherte. Verdiente man nur genug Geld für neue Charakterkleidung, war man auch mit Rang 74 noch zufrieden - und wollte es trotzdem nochmal probieren, weil im Falle eines Sieges der Jackpot noch verdoppelt wird.

Über allem stand Boss Keys Willen, wirklich jede Aktion zu einem Event zu machen. Erledigte Gegner explodieren wie Pinatas voller Loot, gefundene Kisten geben laut ploppend ihre Goodies frei und wenn die letzten zehn Überlebenden in die finale Zone zusammengetrieben werden, schwebt darüber aus großer Entfernung sichtbar schon feierlich ein monströses Rund aus Flutlichtern und Lautsprechern, während die Welt ringsum in tödliches Lila getaucht wird. Hatte ich erwähnt, dass der Sieger Joe Espositos "You're the best around" auf die Ohren bekommt? Radical Heights wusste, wann es an der Zeit ist zu feiern. Ich kenne Spiele, die sich davon gerne eine Scheibe abschneiden dürfen.

Dieses Gefühl, am Ende zu triumphieren, schiebt keiner der Konkurrenten vergleichbar kräftig an wie Radical Heights.

Ihr seht schon. Ich fand Radical Heights super. Das Potenzial war trotz des frühen Entwicklungsstands enorm und zu weiten Teilen sogar schon eingelöst, als man sich durch noch Häuser lootete, die zu gut einem Drittel aus blanken Greybox-Modellen bestanden. Dass es jetzt so enden muss, ist eine Tragödie. Nicht so bitter, wie aus einem Tweet zu erfahren, dass man seinen Job los ist, zugegeben. Aber bitter genug, dass nach dem nahenden Abgang für mich erst einmal Schluss ist mit Battle Royale. Allen von der Studioschließung betroffenen: Danke trotzdem und alles Gute! Für ein paar Wochen wart ihr - zumindest für mich - "the best around".

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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