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Rayman Legends - Test

Der neue König unter den Hüpfspielen. Sein Thron? Die Wii U!

Ich hatte mich bereits seit der ersten Ankündigung sehnlichst auf Rayman Legends gefreut. Schließlich gehört der Vorgänger Origins zu den besten Plattformern, die ich in den letzten Jahren spielen durfte. Es sieht einfach fantastisch aus, bietet großartige Musik und spielt sich dazu noch perfekt. Viel mehr konnte ich von einem direkten Nachfolger nicht erwarten. Ein paar neue Level auf demselben Niveau und vielleicht sogar eine interessante Spielmechanik hier und dort. Eben das Äquivalent zu einem jährlichen Sportspielupdate. Nur mit mehr Hüpfen und weniger Gliedmaßen.

The Chosen One

Was habe ich mich getäuscht. Rayman Legends ist so viel mehr. In meinen Augen grenzt es nicht nur an Perfektion, es ist perfekt. Normalerweise besitzen selbst die herausragendsten Spiele kleinere Macken, an denen man sich stört. Nicht so bei Rayman Legends. Ernsthaft. Ich würde auch nicht nur eine winzige Kleinigkeit ändern, wenn ich die freie Wahl hätte. Obwohl es vor Inhalten zu platzen droht, hat das Team rund um Michel Ancel jeden Gegner, jede Goldmünze und sogar jeden Pinselstrich auf den traumhaften Hintergründen fehlerfrei platziert. Wie gerne würde ich einen Blick in das Studio während der Einwicklung werfen, nur um diesen Leuten bei der Arbeit zusehen zu dürfen. Selbst der größte Zyniker muss sich der Freude geschlagen geben, die der Titel zu jeder Sekunde versprüht. Man fühlt sich beim Spielen einfach wohl und kann sich ein ständiges Grinsen nicht verkneifen.

Sucht euch aus über 30 Charakteren euren Liebling aus.

Den Großteil der Arbeit übernehmen natürlich die lebendigen Welten mit ihren unvergleichlichen Animationen. Ich hatte den Eindruck, die gesamte Zeit durch atmende Gemälde zu laufen. Überall gibt es für eure Augen neben der offensichtlichen Action kleine Details im Hintergrund zu entdecken. Dabei wirkt keine Szene überladen. Ihr könnt das Geschehen zu jederzeit pausieren und euch den Screenshot problemlos an die Wand hängen. Farben spielen eine wichtige Rolle. Erst ihr durchdachter Einsatz lässt Feuerwalzen in Verbindung mit flüssigen Bewegungen so bedrückend gefährlich wirken oder hebt anhand von Kontrasten gezielte Punkte hervor. Schaut es euch in bewegten Bildern an. Falls ihr daran noch etwas auszusetzen habt, könnt ihr euch gleich von der Brücke werfen, da nie etwas eure unmöglichen Anforderungen erreichen wird. Ich gehe so weit und deklariere Rayman Legends als das schönste Spiel dieser Generation. Sollte Disney jemals einen weiteren handgezeichneten Film in Auftrag geben, muss er sich an diesem Spektakel messen.

Die Struktur des gesamten Spiels, das sich in verschiedene Bereiche aufteilt, hält alle unterschiedlichen Bereiche zusammen, die ihr nach und nach entdeckt. Erreicht ihr in einem Level genügend Punkte, erhaltet ihr eine Art Losticket. Rubbelt die Felder der Karte auf und kassiert euren Preis. Dazu gehören beispielsweise auch die 40 überarbeiteten Level aus Rayman Origins, denen man neue Gegner und Mechaniken spendierte, damit sie besser in das Gesamtwerk passen. Diese steigern sich im gleichen Maße wie die normalen Gebiete und führen Stück für Stück weitere Elemente hinzu.

Am Ende einer Welt trefft ihr dann auf die besten Szenen des Spiels. In den Musik-Leveln sprintet ihr ohne Pause zur rechten Seite. Kurz nach dem Start ertönen die ersten Klänge und formen recht bald einen bekannten Song, nach dessen Melodie sich das Design richtet. So hetzt ihr zu einer unterhaltsamen Version von Black Betty über die einbrechenden Trümmer einer Burg, während Feinde in kleinen Gruppen erscheinen, um passend zum Takt den Chorus zu trällern. Die Bewegungen folgen dem Takt des Liedes. Stellt es euch als ein spielbares Fantasia vor, bei dem Zeichnungen jeden Klang symbolisieren. Bis zum Abschluss verwandeln sie sich in immer spektakulärere Ereignisse, die in einem Ende kulminieren, das ich niemandem verraten möchte. Jeder dieser Level deutet eine Perfektion an, die ihr ebenfalls im restlichen Spiel findet.

Touch-Wunder

Doch was Rayman Legends wirklich vom Rest aller Spiele trennt, ist sein überraschender Einsatz des Wii-U-Tablets. Selbst Nintendo fand bisher keine Möglichkeiten, ihren eigenen Controller so passend einzubauen. Man merkt es dem Spiel an, das es früher einmal als Exklusivtitel geplant war. Für die arme Wii U tut es mir sogar ein bisschen leid, obwohl ich Ubisofts Entscheidung leicht nachvollziehen kann. Immerhin muss der Titel seine Kosten irgendwie einspielen und allein auf der Wii U ist das mit den äußerst schwachen Verkaufszahlen fast unmöglich.

Besitzt ihr das Privileg, euch zwischen mehreren Fassungen entscheiden zu dürfen, solltet ihr ohne weitere Überlegungen sofort die Wii-U-Version kaufen. Denn nachdem ich später zur Xbox 360 wechselte, verflog ein gewisser Teil der Magie. Ohne das Tablet war die Perfektion zerstört. Plötzlich konnte ich Fehler entdecken. Es beweist die Kraft des komischen Gamepads, das ansonsten eher wie Ballast wirkt, mit dem sich Entwickler bei einer Umsetzung plagen.

Besitzt ihr das Privileg, euch zwischen mehreren Fassungen entscheiden zu dürfen, solltet ihr ohne weitere Überlegungen sofort die Wii-U-Version kaufen.

Häufige Checkpoints verhindern Frustration. Ihr wiederholt nie mehr als ein paar Sekunden Spielzeit.

Mit dem Gamepad steuert ihr nämlich die froschartige Kreatur Murfy. Der Kleine hilft Rayman und seinen Freunden auf ihrer Reise. In mehr als einem Drittel aller Level gebt ihr das Kommando an ihn ab und wendet euren Blick auf das Tablet. Während der Computer die normale Spielfigur übernimmt, beeinflusst ihr seine Umgebung. Zerschneidet Seile, um Fallen zu deaktivieren oder Lianen zu erschaffen. Oder ihr zieht Kisten über den Bildschirm und kitzelt anschließend größere Feinde, damit Rayman oder einer seiner Freunde diesen vernichten kann. Einen Fehler begeht die KI dabei nicht. Sie spielt perfekt und läuft sogar zu versteckten Bereichen, wenn ihr die Objekte um sie herum richtig manipuliert.

Zum Zuschauen verdammt euch das Spiel in diesen Szenen nie. Bereits nach dem kurzen Einführungslevel zieht der Schwierigkeitsgrad in einem angenehmen Tempo an. Ohne Pause führt ihr eure Finger eilig über den kleinen Bildschirm, während panische Blicke die Spielfigur beobachten. Solltet ihr neben dem Erstellen einer perfekten Route noch Zeit haben, könnt ihr Gegner oder versteckte Objekte im Hintergrund wie Skelette antippen, um an mehr Lums zu gelangen. Sie bestimmen eure Bewertung am Ende eines Levels und dienen gleichzeitig als Währung für freischaltbare Charaktere.

Ohne Pause führt ihr eure Finger eilig über den kleinen Bildschirm, während panische Blicke die Spielfigur beobachten.

Allein wegen der Musik-Level muss man Rayman Legends lieben.

Im Multiplayer wächst das nette Feature dann auf seine wahre Größe an. Einer übernimmt genau wie im Einzelspieler Murfy. Euer Kollege steuert derweil die normale Figur. Nun könnt ihr euch nicht mehr auf die sicheren Sprünge des Computers verlassen, sondern müsst mit eurem Partner reden. Dadurch entsteht augenblicklich die Art von Dynamik, die einen guten Koop auszeichnet. Alleine kann keiner für sich spielen. Erst durch die richtige Kommunikation formt ihr eine Einheit, in der ihr plötzlich wie eine Person agiert. Keine Partei kommt zu kurz. Als Murfy dürft ihr euch niemals ausruhen und auch die restlichen Spieler - vier Leute können gleichzeitig an einer Konsole sitzen - gelangen sofort ins Schwitzen.

Keine Alternative

Und genau hier entsteht ein Problem, das sich nicht beheben lässt, weil das Tablet nur auf der Wii U existiert. Vielleicht, wenn man das gesamte Spiel noch einmal überarbeitet hätte. Solch ein Unterfangen kann aber niemand von einem Entwickler verlangen, der gezwungen ist, sein Spiel plötzlich für andere Systeme umzusetzen. Nach meiner Erfahrung auf der Wii U, fühlten sich die Stellen mit Murfy auf der Xbox 360 wie ein Schlag ins Gesicht an. Mit einem stinknormalen Pad bewaffnet warf ich fragende Blicke auf meinen Bildschirm. Alle kontextsensitiven Eingriffe erfolgen automatisch durch einen Druck auf den B-Knopf. Dieses Mal steuert ihr den anderen Charakter direkt.

An vielen Stellen müsst ihr eine Form von Multitasking an den Tag legen, die vom Spiel niemals vorgesehen war. Zum ersten Mal schob ich hier mein Versagen auf das Spiel. Wie soll ich auch regelmäßig auf eine Taste hämmern und gleichzeitig alle anderen Manöver ausführen? Murfy selbst steuert ihr nicht. Eure Platzierung auf der Karte entscheidet, an welches Objekt er sich gerade heftet. Könnt ihr auf der Wii U mehrere Hindernisse im Voraus bearbeiten stagniert hier das Geschehen öfters und ihr geratet aus dem Flow.

Könnt ihr auf der Wii U mehrere Hindernisse im Voraus bearbeiten stagniert auf der 360 das Geschehen öfters und ihr geratet aus dem Flow.

Ein Element entfernte man dabei komplett. Murfy konzentriert sich nur auf die zentralen Objekte, die ihr zum Fortschritt benötigt. In der Fassung für die Wii U tippt ihr nebenher aber noch Gegner, Ratten, Käfer oder Fisch an, um an weitere Lums zu gelangen. Nur so erreicht ihr problemlos die höchste Bewertung. Da euch in den restlichen Versionen diese Möglichkeit fehlt, schafft ihr es nur mit Mühe und Not, die 100 Prozent im Spiel zu erreichen. Im Vergleich wirkt es sogar unfair. Anderorts entfallen komplette Szenen, bei denen ihr Murfy mit einer Schleuder auf Feinde katapultiert. Die normalen Versionen statten Rayman mit Projektilen aus, die ansonsten nur bei Bosskämpfen zum Einsatz kommen und diese Stellen zum Kinderspiel machen.

Gefüllt bis zum Rand mit Ideen

Aber sogar in der dadurch schlechteren Variante geht Rayman Legends noch nicht die Puste aus. So schaltet ihr später veränderte Versionen der meisten Level frei, in den ihr gegen die Zeit antretet und manchmal sogar komplett rückwärts durch das Gebiet hechtet. Diese Invasion-Variationen stellen eine Weiterentwicklung der Time Trials aus Origins dar und beweisen erneut, dass die Entwickler keine Stelle unberührt lassen wollten.

Weiterhin könnt ihr noch Haustiere sammeln, die euch mehr Lums einbringen. Oder ihr steigt zusammen mit ein paar Freunden zusammen in eine winzige Arena, um dort Kung Foot zu spielen. Eine simple Abwandlung von Fußball, bei der ihr bloß den Ball in das gegnerische Tor befördern sollt. Außer dem runden Leder dürft ihr eure Feinde ebenso frei schlagen und ihnen so zahlreiche Chancen vereiteln. Ich kann wirklich nicht glauben, wie viel Zeit ich in diesen Modus gesteckt habe. Schon zu zweit haben ich und ein Freund etliche Rematches gegenseitig gefordert. Spielt ihr hingegen in Teams zwei gegen zwei, entfacht ein unglaublicher Partyspaß. Dafür sorgt neben der perfekten Steuerung das überraschend nachvollziehbare Verhalten des Balles, der unterschiedlich auf gewisse Treffer reagiert. Ich weiß jetzt, wie in Zukunft der Kampf um den Abwasch geregelt wird.

Diese Invasion-Variationen stellen eine Weiterentwicklung der Time Trials aus Origins dar und beweisen erneut, dass die Entwickler keine Stelle unberührt lassen wollten.

Alleine eine Wucht. Im Multiplayer eine unaufhaltsame Macht.

Abschließend hätten wir dann noch vier unterschiedliche Herausforderungen, die täglich oder wöchentlich ausgewechselt werden. Messt euch hier nur mit euren Freunden oder der gesamten Welt. Zumindest was eure gewählte Plattform anbelangt. Hier habe ich eindeutig zu viel Zeit investiert. Ein kurzer Versuch sollte es werden und schon sitze ich zwei Stunden später an der Perfektionierung meiner Flugroute. Meist müsst ihr so schnell es geht verschiedene Hindernisse überwinden oder Lums einsammeln. Bald setzt das Nur-noch-eine-weitere-Runde-Fieber ein und lässt nicht wieder los, bis ihr wenigstens alle Personen von der Freundesliste geschlagen habt.

Ich könnte noch wesentlich tiefer in jeden einzelnen Teil des Spiels abtauchen und nach Fehlern suchen. Ich werde keine finden. Für mich als Hüpfspielpuristen macht der Titel alles richtig und bietet mir mit einer ausgearbeiteten Liste an Modi und zusätzlichen Zielen genügend Stoff für weitere 40 Stunden, die ich schon jetzt in die unterschiedlichen Versionen gesteckt habe. Wobei die Wii U klar die Nase vorn hat. Für ihr Tablet entwickelte man den Charakter Murfy und erschuf ein Konzept, das selbst Nintendo nur schwer toppen kann. Leider konnte das Team diesen Aspekt nicht fehlerfrei auf andere Systeme übertragen. Aber auch so bleibt Rayman Legends vor der Konkurrenz.

Was die Wii-U-Fassung betrifft, erreicht es allerdings ungeahnte Höhen, die ich von einem direkten Nachfolger niemals erwartet hätte. Erst recht nicht in diesem Genre. Daher äußere ich nun ein Satz, den sich das Team stolz einrahmen darf. Rayman Legends ist der beste 2D-Platformer aller Zeiten. Selbst Mario in seinen frühen Tagen zieht gegen diesen übermächtigen Riesen den Kürzeren. Titel wie Bioshock Infinite oder The Last of Us mögen durch ihre unvergesslichen Geschichten stärker auffallen und für viele Personen GOTY-Kandidaten sein. Reduziert man sie jedoch auf ihr Gameplay - was sie immerhin zu Spielen macht - wischt Rayman Legends plötzlich den Boden mit ihnen auf. Lasst es bitte nicht im Regal liegen.

Wii U:






Xbox 360, PS3, PC:

10 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Rayman Legends

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PlayStation Vita, Nintendo Wii U, PC

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Björn Balg

Freier Redakteur

Freier Autor und wahrscheinlich der letzte Mensch ohne einen Facebook-Account. Liebt Trash und verbringt zu viel Zeit mit dem Ansehen von Katzenvideos.

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