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The Red Solstice 2 ist XCOM mit Schaum vorm Mund und Atombombe im Gepäck!

Selten kamen Taktik, Action und Strategie so clever zusammen wie hier.

Die gamesweekdigital kürte auf ihrem Entwickler-Wettbewerb devbooster Ende Juni mit The Red Solstice 2 ein spielerisches Schwergewicht zum Gewinner. Ein effektvoller und adrenalintreibender Mix aus Echtzeittaktik, Action und (optionalem) Koop auf prozedural generierten Schlachtfeldern einer von Mutanten überrannten Marskolonie. Für mich hakte der Titel all die richtigen Kästchen ab und es war klar, dass ich mir das hier mal genauer anschauen musste. Die Entwickler von Iron Ward waren so freundlich, mit mir eine Runde über den roten Planeten zu drehen.

The Red Solstice 2 ist zwar noch längst nicht fertig - ich konnte zum Beispiel die gesamte Strategieebene, auf der man wie in Firaxis' Alienjagd sein Vorgehen zwischen den Missionen plant - noch nicht ergründen, dafür aber hat mir der Achter-Koop des Survival-Modus' bestens gefallen. Wenn man das so sagen kann, während einem das Spiel unverdünnte Panikhormone in den Blutkreislauf pumpt.

Get your ass to mars!

Auf einer alles andere als kleinen Map, die der Spielcode für jeden Einsatzort neu generiert, muss das Team aus acht verschiedenen Soldatenklassen vom Sanitäter bis zum Heavy mit dazu passender Ausrüstung und Fähigkeiten verschiedene Aufträge absolvieren, während eine alles verzehrende Biomasse sich StarCraft-Creep-artig auf der Karte ausbreitet und immer neue Monster ausspuckt, bis man schlichtweg überrollt wird. Diese Aufträge reichen vom aktivieren von Anlagen über das Sichern von Gegenständen oder Personen und alldieweil wehrt man sich unter anziehendem Druck und geradezu beklemmend machender Munitionsknappheit gegen die nimmersatten Monstrositäten.

Da geht sie hin, die Wand. Die Explosionen machen eine Menge Spaß!

Die sind jetzt nicht wahnsinnig einfallsreich designt, ein wenig unförmig und fleischklopsig vielleicht. Aber sie sind immer noch eklig genug, dass man sich ohne große Anstrengung ein schöneres Ende vorstellen kann als in ihren mal teigig-eitrigen, mal scharfkantig-verknöcherten Leibern als Eiweißquelle zu landen. Zum Glück eskaliert passend zur Bedrohung auch die Zerstörungskraft eurer Crew, denn nicht nur steigt man auch während einer laufenden Mission auf und verteilt dann Skillpunkte auf die mal aktiven, mal passiven Skills, die einer jeden Soldatenklasse zu eigen sind (schnellere Regeneration, Munitionspakete die gewissermaßen nachwachsen, eine Ladung Schrot für kurze Distanzen, etc.) man steigert auch unentwegt seine Crit-Rate durch Aktionen wie das Untersuchen von STROL-Proben, die das gegen euch anrennende Kanonenfutter hinterlässt.

Hier explodiert gerade die komplette Straße.

Gleichzeitig bergt ihr neue Ausrüstung, nutzt Sekundärwaffen wie den Raketenwerfer oder die Shotgun immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge - deren Munition ist arg begrenzt und manipuliert sogar die Umgebung: Nicht nur reißt ihr Wände durch explosiven Beschuss oder Sprengsätze ein, ihr dürft zum Beispiel auch die Gasleitungen unter dem Asphalt zu einer Bombe umfunktionieren, die komplette Straßenzüge in einer wunderschönen Explosion in Schutt und Asche legt. Mein Favorit war am Ende unserer Session der Nuke - also ein atomarer Sprengkopf - den wir zündeten, als die Mission unweigerlich und ohne Aussicht auf Evakuierung verloren war. Einer der beeindruckendsten Feuerbälle, die ich seit langer Zeit sah.

Nah an der Überforderung fühlt sich Red Solstice 2 am wohlsten

Ich muss schon sagen: Die komplette Mission hindurch fühlte ich mich sehr unter Druck, war zunächst erschlagen von den Multitasking-Anforderungen, die das Spiel stellt, dann halbwegs wehrhaft (bis ich mal wieder alle meine Munition verballert hatte und meine Nebenleute um Nachschub bitten musste) und am Ende doch machtlos, hier noch lebend herauszukommen. Es ist einfach eine ganze Menge zu tun, der Optionsreichtum hoch und dann in eine Richtung zu schießen und in die andere zu laufen - alles mit der Maus - während man die Bewegung der Mitspieler und die Gesamtsituation auf der Map im Auge behalten muss, das ist ... nun ja, eine ganze Menge.

... und hier der Nuke (rechts), der eine gewaltige Feuerwelle vor sich hertreibt.

Zu jeder Sekunde entscheidet man sich, ob man den Overwatch-Feuermodus aktivieren soll (reagiert nicht so schnell wie man selbst), manuell linksklickt für den Angriff oder zusätzlich genau zielt und dabei Bewegungstempo opfert. Aktive Skills mit Cooldowns zu überblicken, separat davon Inventarangelegenheiten zu regeln, weil man nicht weiß, ob man lieber Granaten oder C4 mitnehmen soll, und gleichzeitig zwischen guter Deckung oder einem attraktiven Nadelöhr für den nächsten Ansturm abzuwägen, während noch zu klären ist, wer welches Missionsziel in Angriff nehmen soll ... es ist ebenso einschüchternd wie aufregend.

Entwickler Hrvoje ('Syrus') gab während der Session den Ton an, die Linien zeigen an, dass wir ihm folgen sollen. Wir haben es nicht überlebt - und doch war ich froh, dass mir jemand die großen strategischen Entscheidungen abnahm - ich hatte auch so schon alle Hände voll zu tun.

Das Studio ist sich noch nicht sicher, inwieweit es im finalen Spiel Permadeath geben wird, aber Iron Wards Hrvoje Horvatek stellte bereits klar, dass es für die Niederlage eines Charakters in einer Mission eine Strafe geben wird und auch, dass in jedem Fall eine Möglichkeit besteht, dass Figuren endgültig verloren gehen, steht für ihn schon fest. Man sei sich nur noch nicht sicher, wie ungnädig man genau mit den Spielern und Spielerinnen umgehen wird. Auch was letzten Endes in der Kampagne passiert, darüber besteht natürlich noch Unklarheit. Fakt ist, dass die Entwickler selbst gerne XCOM als Vergleich heranziehen und dass es Missionen für Solisten geben wird und solche, bei denen ihr die Hilfe von Freunden in Anspruch nehmen könnt. Der Gedanke, Stück um Stück auf Schlachtfeldern wie diesen - und mit diesen Mitteln - den Mars zurückzuerobern, während man auf der Strategieebene das weitere Vorgehen plant, ist in jedem Fall wahnsinnig attraktiv.

Die Zukunft ist rot!

Weitere Meilensteine für die nähere Zukunft der Entwicklung, die noch 2020 zu Ende gehen soll, sind zuverlässige Bots, die dann aushelfen, wenn ein Mangel an Mitspielern herrscht, und gut die Hälfte der angepeilten acht Klassen fehlt ebenfalls noch. Auch die Art und Funktionsweise der Spieler-Progression wird aktuell noch erarbeitet, Skilltrees und Medaillen sind hier geplant. Die Entwickler haben also noch einiges zu tun.

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Schweißgebadet kam ich aus der Session - und mit dem schlechten Gefühl, meinen freundlichen Mitspielern ein dicker Klotz am Bein gewesen zu sein. Red Solstice 2 duldet keinerlei gedankliche Aussetzer oder großes Hadern, ist mit der Strafe für schlechte taktische Entscheidungen schnell bei der Hand. Es ist ein Spiel für Entschlossene - Leute, die sich trauen, im schlimmsten Gefecht eine klare, alle Spieler koordinierende Ansage zu machen und ein paar weitere, die ihr Ego weit genug zurücknehmen können, um die Befehle auch auszuführen. Ich glaube, meine Mitspieler wissen nicht mal, wie viel Spaß ich hier mit ihnen hatte. So still und angespannt auf meiner Unterlippe kauend saß ich in der Anspielsitzung vorm Rechner. Die Jury von devbooster hat eine gute Wahl getroffen.

Interessiert? Dann setzt euch Red Solstice 2 - Survivors doch bei Steam auf die Wunschliste.


  • Entwickler / Publisher: Iron Ward
  • Plattformen: PC
  • Release-Datum: 2020
  • Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
  • Preis: noch nicht bekannt
In diesem artikel

The Red Solstice 2

PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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