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Retrospektive: Ultima IX - Ascension

Unvollendet. Ungeliebt. Unvergessen.

Das Zelda der Ultimas. Garriots Unvollendete. Bug-Wüste. Das Unspielbare. Das Schlechteste der Reihe. Unwürdig.

Leicht hatte es Ultima IX: Ascension, nachdem die erste Meinungsbildung abgeschlossen war, wirklich nicht. Und dabei war es doch nur das Produkt völlig überzogener Erwartungen, übereilter Veröffentlichung und sogar zu einem guten Teil einfach von Hardware, die einfach noch nicht so weit war. Ich werde nicht in den Urschleim der Ultima-Reihe einsteigen, aber Teil 4-7 waren zu ihrer Zeit mit die wichtigsten Wegsteine der Rollenspiele in den 80ern und bis in die 90er hinein. Dann kaufte Electronic Arts Origin. Dazu wiederum mehr an anderer Stelle. Und bergab ging es. Deshalb? Vielleicht auch.

Die Idee, Ultima 8 zugänglicher zu machen und den ganzen historisch gewachsenen Hintergrund der Welt von Britannia über Bord zu werfen, war sicher eines der Hauptprobleme des Niedergangs der Serie, aber das Herumhüpfen in fremden, isometrisch dargestellten Welten war auch nicht das, was es sein sollte. Da waren sich die Fans trotz immer noch relativ hoher Wertungen einig. Ultima IX sollte und musste es richten. Der letzte Teil der Serie, der Abschluss, das Ende und die Unsterblichwerdung der Figur des Avatars.

Dieser ist bis heute eine der ursprünglichsten und ehrlichsten Spielerfiguren überhaupt, weil er in seinem Namen nicht nur die Funktion beschreibt sondern die Idee, die eigentlich hinter einem „Avatar" an sich, der Verkörperung eines göttlichen Wesens auf der Welt mit einem Sendungsauftrag, verkörpert.

Ingame-Engine 1999. War schon hübsch.

Derzeit steht der Begriff für die Figur, die einem Spieler oder Nutzer repräsentiert, dabei kommt der Begriff eigentlich aus dem Hinduismus und Ultima fasste in genau diesem Zusammenhang auf. Wer Wikipedia liest, wird feststellen, dass der Begriff in Sanskrit „Herabgestiegen" bedeutet – so ungefähr zumindest – und beschreibt die Gestaltwerdung einer Gottheit, die die Menschheit zur Göttlichkeit führen soll und das Böse von ihnen abwehren muss. James Cameron? Nein, nicht ganz.

Jedenfalls nicht so nah dran wie Ultimas Avatar, dessen Rolle in dem Erhalt der acht Tugenden besteht. Diese sind der Dreh- und Angelpunkt in der Welt von Britannia – regiert vom Richard-Garriot-Lookalike Lord British, cheesy ohne Ende, ich weiß – und natürlich gibt es in jeder Welt immer Probleme mit der Einhaltung von Werten wie Güte, Ehre, Bescheidenheit oder Tapferkeit. Sie existieren hier in der Form von physischen Schreinen, zu denen sich die Bewohner wenden sollen, wenn sie sich ihres Weges nicht sicher sind. Und für den Avatar sind sie Gesetz und oberste Ordnung, denn das Spiel mit „ist der Held gut oder böse" kennt Ultima nicht. Ihr seid das Ideal, der Bote einer höheren Macht, gesandt in dem gleichen Auftrag, in dem schon die Götter der Hindus unterwegs waren.

Und zu Beginn schien das in Ultima IX ein lockerer Nachmittag in der Sonne zu sein. Jede Stadt der Welt repräsentierte eine bestimmte Tugend, die sie noch höher als alle anderen halten sollten, um den anderen Städten und Bewohnern ein lebendes Vorbild zu sein. Dieser Aufgabe kamen sie auch nach, nur ein wenig zu enthusiastisch. Erst bei näherer Betrachtung offenbart sich alles als bis in die Unkenntlichkeit korrumpiert. Aus Gerechtigkeit wird Unrecht, aus Tapferkeit Grausamkeit. Die Schreine wurden vom Guardian, dem Erzbösewicht, verdorben und ihre Essenz in Glyphen gebannt, die wiederum in tief in den Boden und das Herz der Welt reichenden Türmen versiegelt wurden. Sicher ist sicher. Spielerisch bedeutet das pro Glyph einen Dungeon, der wirklich eine gewisse Ähnlichkeit mit der Grundidee von Zelda hatte.

Magier mögen es extravagant.

Ihr sammeltet auf dem Weg immer neue Fertigkeiten, die euch wiederum Hindernisse in neuen Türmen überwinden ließen. Das beinhaltete auch ein paar nicht so gelungene Hüpfaktionen und viele maue Raumrätsel, die der Brillanz des Storytellings in vielen Details komplett unangemessen waren. Zur Ehrenrettung muss man jedoch sagen, dass es auf dem PC zu der Zeit nicht so viel in dieser Action-RPG-Adventure-Richtung gab und es die meiste Zeit halbwegs Spaß machte, auch diese Teile von Britannia zu erleben. Wesentlich beeindruckender war jedoch die Oberwelt.

Für 1999 war eine in sich geschlossene, frei begehbare und extrem detaillierte 3D-Welt etwas sehr besonderes. Selbst heute sieht man es nicht oft, dass jedes Haus und jede Hütte begehbar ist, dass man in jeder Schublade Herumkramsen kann, immer neue kleine Details ihrer selbst willen entdeckt. Oblivion und Co. gehen in diese Richtung und haben sicher weit mehr Umfang. Britannia Nummer IX versprühte jedoch einen kompakten Charme, da auf einem relativ kleinem Gebiet sehr viele verschiedene Landschaften und Stimmungen eingefangen wurden, die zu bereisen für jeden Spieler ein Erlebnis und für den Ultima-Enthusiasten eine Wunscherfüllung war. Oder hätte sein sollen.

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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