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Baphomets Fluch: Der Engel des Todes

Himmlisch. Fast.

Es gibt so viele sympathische Spielecharaktere, hören wir immer wieder. Aber mal ehrlich: Mit wem würdet Ihr abends nach der Arbeit schon noch einen trinken wollen? Gut, so ein Trottel wie Guybrush Threepwood ist ja sicher ganz lustig. Bis er eine Horde wild gewordener Geisterpiraten in Euer Haus lockt und die Affen auf den Tischen tanzen. Oder Sam Fisher vielleicht, der soll ja eine echt coole Sau sein. Aber worüber unterhält man sich dann mit dem? "Na, Sam, gut geschlichen? Paar Leuten das Genick gebrochen?" - "Sorry, zu Fragen der nationalen Sicherheit darf ich nichts sagen." - "Hm... mal wieder beim Friseur gewesen?" - "Sorry, zu Fragen der nationalen Sicherheit darf ich nichts sagen." Okaaaaay. Allenfalls gegen die Dead-or-Alive-Mädels hätte ich nichts einzuwenden. Das hat allerdings wenig mit Sympathie zu tun.

Doch da ist ein Charakter, den ich mir auch im wahren Leben wirklich nett vorstellen würde. Er ist intelligent, aber kein Genie, er ist witzig, aber kein alberner Kasper, er hat Charme, aber ist kein Frauenheld. Er ist ein Typ wie Du und ich - nur etwas mutiger vielleicht. Seine Name ist George Stobbart. Dafür kann er aber nichts. George ist zugleich der Grund, warum ich Adventures auch heute noch regelmäßig spiele: Weil ich hoffe, irgendwann noch einmal eines zu sehen, das an das einzigartige Baphomets Fluch herankommt. Viele haben es versucht, viele sind daran gescheitert.

George auf dem Weg zur Arbeit: Kein strahlender Held mehr.

Auch Entwickler Revolution Software selbst: Der Nachfolger war nett, aber zu simpel, der dritte Teil in 3D ein vollkommen anderes Spiel. Mit vielen guten Ansätzen und ähnlich vielen überflüssigen Fehlern. Revolution bewog das dazu, sich mehr oder weniger aufzulösen: Sämtliche Mitarbeiter wurden nach der Entwicklung von Baphomets Fluch 3 vor drei Jahren entlassen. Firmengründer Charles Cecil sagte damals, er habe einfach keine Lust mehr, um die Finanzierung jedes neuen Projekts bangen zu müssen. Für George war es aber nicht das Aus: Gemeinsam mit Tony Warriner, einem der Mitbegründer von Revolution, entwarf Cecil ein Konzept für den eigentlich nie geplanten vierten Teil. "Wir hatten einfach ein paar Ideen, aber waren uns nicht sicher, ob es eine Möglichkeit geben würde, das Spiel zu machen", verrät uns Tony Warriner. "Doch dann hat THQ angefangen, über einen neuen Teil zu reden und so ging es los."

Neue Frauen, neue Schätze

Nico ist natürlich auch wieder dabei. Und keine Sorge: Ist nur 'ne Verkleidung.

Weil Baphomets Fluch ursprünglich als Trilogie geplant war, musste für Der Engel des Todes ein Neuanfang her. George, einst ein strahlender Held, verdient seine Brötchen in einem schäbigen New Yorker Kautionsbüro. Von seiner früheren Freundin Nico keine Spur. Doch dann, eines Tages, steht plötzlich eine hübsche, junge Frau vor ihm. Anna-Maria heißt sie, Ärger und Freude bedeutet sie. Denn Anna-Maria kommt nicht alleine, sondern mit einer handvoll Mafia-Schlägern auf den Fersen. Die suchen eine mittelalterliche Schriftrolle, die sich in Anna-Marias Besitz befindet. Kurz entschlossen schlägt sich George auf ihre Seite, flieht mit ihr und befindet sich plötzlich wieder inmitten der Suche nach einem alten, mysteriösen Schatz. Und wo ist Nico, fragt Ihr Euch? Keine Sorge, die taucht später auch wieder auf.

Ohnehin ist die Geschichte sehr traditionell und erinnert stellenweise stark an das erste Baphomets Fluch. Und auch wenn sie nicht besonders einfallsreich klingt, so funktioniert sie doch bestens: Die Suche nach einem Schatz, die Entschlüsselung eines alten Geheimnisses - das sind Ziele, die mich interessieren. Der Engel des Todes begeistert schnell mit seinen geistreichen Dialogen. Die wirken witzig, lebendig und vor allem echt – beispielsweise wenn George über die Vorzüge seines selbstgebastelten Golfschlägers philosophiert. Und man versteht die Motivation der Charaktere: George will seinem Alltag entfliehen, etwas Aufregendes erleben, Nico ihrem alten Freund einmal mehr aus der Patsche helfen.

Oh weh, 3D!

Große Schauplätze zeigen die Detailarmut der Umgebung leider besonders gut.

Baphomets Fluch: Der Engel des Todes setzt wie sein Vorgänger auf 3D-Grafik. Das wäre an sich nicht schlimm, wenn das Spiel dann auch die dritte Dimension verwenden würde - aber eigentlich wäre jede Szene genauso gut in 2D möglich gewesen. Wenn nicht sogar besser: Denn um auch auf schwachen Rechnern eine brauchbare Performance zu erreichen, lassen die Locations die Feinheiten einfach vermissen. So ist Der Engel des Todes was die technischen Fähigkeiten der Engine angeht zwar nicht schlecht, es gibt schöne Lichteffekte und hoch aufgelöste Texturen etwa, aber "künstlerisch" enttäuschend. Vor allem, weil es gerade der hohe Detailgrad der Hintergründe war, der bei den ersten beiden Baphomets Fluchs so beeindruckte.

Aber: Ohne 3D hätte es wahrscheinlich gar kein Baphomets Fluch 4 gegeben. "Als Baphomets Fluch 3 in Auftrag gegeben wurde, schien es keinen anderen Weg als 3D zu geben. Und ich glaube, dieser Gedanke wurde automatisch auch auf Baphomets Fluch 4 angewandt.", erklärt Tony Warriner. Aber er hat Hoffnung: "Ich denke aber, dass sich einige Dinge in den letzten Monaten grundlegend geändert haben. Es gibt wieder eine positivere Einstellung gegenüber Adventures, wenn auch noch nicht von den großen Publishern. Es gibt eindeutig einen ansehnlichen Markt für Adventures und Deutschland hat mit Abstand den größten Anteil daran. Ein Adventure, das mal hervor sticht und ein bisschen mehr verkauft, würde dem Genre wirklich wahnsinnig viel bringen. Ich kann mir schon vorstellen, dass das passiert - deshalb hoffe ich persönlich, in Zukunft die Chance zu haben, wieder mit 2D zu arbeiten."

Doch auch mit 3D erinnert Der Engel des Todes wieder viel mehr an die "guten, alten Zeiten". Noch wichtiger: Das Spiel behebt fast jeden Mangel, der dem Vorgänger angekreidet wurden. Zu wenige Gespräche? Kein Thema mehr. Die Dialoge sind länger geworden und George kann wieder über Gott und die Welt reden, anstatt nur Informationen aus seinem Gegenüber zu ziehen. Die Action- und Schleichszenen nervten? Gut: Actionszenen gibt es überhaupt nicht mehr und die wenigen Schleichszenen wurden deutlich entschärft. Statt Geschicklichkeit ist wieder Köpfchen gefragt, um Wachen abzulenken, Fallen zu umgehen oder Sicherheitssystem auszuschalten.