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Suikoden V

EMORPG

Regenten, Runen, Rache - mehr als diese drei Worte braucht es eigentlich nicht, will man die Handlung des neuesten Suikoden-Teils treffend auf den Punkt bringen. Zumindest oberflächlich gesehen. Doch die Dinge im Königinnenreich Falena stehen in Wirklichkeit weitaus komplizierter...

Das fängt schon bei der Ausgangsituation an: Ihr seid der Prinz. Besonders viel zu sagen habt Ihr deshalb aber nicht unbedingt. Warum? Nunja, weil "Prinz" in Falena ein Titel ist, der sich hübsch gerahmt zwar ganz ausgezeichnet über dem heimischen Kamin macht, mit Regierungsverantwortung aber nur wenig zu tun hat. Hier hat das schöne Geschlecht die Hosen an und wärmt den Thron derzeit in Form eurer Mutter Arshtat. Die an sich gütige Frau wirkt in letzter Zeit allerdings immer entrückter, erlässt drakonische Strafen und geizt auch sonst nicht mit dem Einsatz der alles versengenden Sonnenrune - sympathisch! Doch die aufbrausende Ober-Monarchin ist nicht die einzige Person, der es mit Vorsicht zu begegnen gilt.

Suikoden war schon immer die graue Maus unter den Konsolen-Rollenspielen. Statt auf visuellen Pomp und ausgefuchste Gameplay-Innovationen, verlassen sich Konamis Zuständige lieber auf ihr ausgeprägtes Gespür für packende, wendungsreiche Geschichten. Und auch die Jubiläums-Episode erzählt munter drauflos, noch bevor sich verwunderte Neu-Suikodiken der kargen Umgebungsgrafik bewusst werden können. Mit Erfolg!

Ohne Punkt und Komma

Etwas ist faul im Staate Legoland.

Die ersten fünf Stunden mindestens verbringt Ihr damit, bei kleineren Nebenaufgaben Land, Leute und Gebräuche Falenas kennen zu lernen. In der Tat habe ich sogar noch deutlich länger gebraucht. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn man genießt die Gesellschaft der ausgeprägten Persönlichkeiten regelrecht: Ritter Kyle, der jedem Rock nachsteigt; Lady Miakis, Leibwächterin der Prinzessin, deren neckische Scherze sie bestimmt nochmal den Kopf kosten und nicht zuletzt König Ferid, weiser und warmherziger Vater, der einem nichts als Respekt und Zuneigung abringt. Es ist fast wie bei einer Telenovela - "Verliebt in Berlin" ohne Alex Neldel, dafür aber mit guten Dialogen. Diese fallen in den Echtzeit-Zwischensequenzen übrigens durch ganz ausgezeichnetes englisches Voice-Acting auf.

Nach allen Regeln der Rollenspielkunst muss es aber auch hier selbstverständlich alsbald zu einem schicksalhaften Konflikt kommen, der den Prinzen - also Euch - zum Aufbegehren gegen das Böse veranlasst. Konami versucht glücklicherweise nicht, die vermackelten Innovationsexperimente der letzten beiden Episoden doch noch in irgendwie erträgliche Bahnen zu lenken. Stattdessen geht man gleich zwei Schritte zurück. Die Zutaten von Suikoden V gleichen wieder denen des großartigen zweiten Teils - die drögen Seefahrten, die in Teil vier alles andere als lustig waren oder die halbierte Sechserparty des dritten Suikoden sind endgültig ad acta gelegt. Mögen Sie in der Hölle schmoren.

108 - Einhundertacht

Eure werte Leibwächterin Lyon folgt Euch auf Schritt und Tritt.

Das legt natürlich den Schluss nahe, dass Suikoden V verflixt konservativ daherkommt. Und so ist es auch. Wer bereits ein Breath of Fire, ein frühes Final Fantasy oder zuletzt Dragon Quest 8 gespielt hat, begreift Suikoden V bereits, bevor er das erste Mal das Hauptmenü verlässt. Der einzige wirklich bemerkenswerte Unterschied zu anderen Rollenspielen liegt in der außerordentlich breiten Charakterriege. Neben der Wiederherstellung von Recht und Ordnung liegt Eure Hauptmotivation darin, alle der restlichen 107 - teils optionalen - Untertanen unter Eurem Banner zu vereinen. Einige folgen Euch nahezu von selbst, während andere Euer Flehen erst erhören, nachdem Ihr eine Sidequest für Sie erledigt. Oder wenn schon bestimmte Charaktere Eurer Sache beigetreten sind. Mit wachsender Gefolgschaft wächst Euer Hauptquartier nach und nach zur autonomen Macht - samt Item-, Magie- und Rüstungsshops.

I

n den Dungeons oder auf der - im Gegensatz zu just erwähntem DQ8 - ziemlich drögen Oberweltkarte, bittet man Eure sechs Mann starke Clique in hoher Regelmäßigkeit zum rundenbasierten Tanz mit bunten Fellknäueln, Fleisch fressenden Pflanzen oder Killerkaninchen. Je nach Waffenreichweite dürft Ihre Eure Mitstreiter zuvor in bis zu drei Reihen arrangieren. Die dafür benötigten Formationspläne bzw. die Truhen die sie enthalten, müssen allerdings erst aufgestöbert werden.

Überhaupt hat Suikoden V die seltsame Angewohnheit, den Spielverlauf nach und nach mit Elementen anzureichern, die besser schon von Anfang an verfügbar gewesen wären. Wenn man Beispielsweise die einzige Gelegenheit verpasst einen Charakter zu rekrutieren, der Euch eine vernünftige Kartenfunktion spendiert hätte, ist das mit dem Begriff "ärgerlich" kaum noch zu beschreiben. Hat man diese schräge Belohnungsmentalität erst einmal begriffen, fühlt man sich geradezu genötigt, jede der oft zu weitläufigen Ortschaften bis in den letzten Winkel abzusuchen, alles anzuklicken und jedem NPC ein Gespräch aufzudrängen. Es soll Leute geben, die fühlen sich dabei wie der letzte Idiot. Da hilft nur der Mut zur Lücke.

Yadda, Yadda, Yadda...

Charakterköpfe unter sich.

Zurück zu den Kämpfen. Die bieten dank Sechsergespann wieder einige coole Möglichkeiten: Kooperative Attacken, Formationsspielereien, Runenmagie und Sekundäre Skills bieten alles, was das Rollenspieler-Herz begehrt. Leider zwingt das Programm den Spieler viel zu selten, die taktischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Wer in jedem Ort den ansässigen Schmied die eigenen Waffen schärfen und seine sekundären Fähigkeiten durch Lehrmeister schulen lässt, bestreitet drei Viertel der Kämpfe problemlos per Auto-Battle-Funktion. Mit Ausnahme einiger Bosse haben die schwachbrüstigen Gegner einer halbwegs gepflegten Party nur wenig entgegen zu setzen. Umso bedauerlicher, dass sich Konami anscheinend nicht anders zu helfen wusste, als die Anzahl der Trefferpunkte dieses Kanonenfutters später deutlich aufzustocken. So etwas zieht die Kämpfe zusammen mit den Ladezeiten (vor und nach einem Kampf jeweils ca. drei Sekunden) oft unnütz in die Länge.

Wann immer Eure Widersacher mit einer ganzen Armee im Rücken an die Türe Eures Unterschlupfes klopfen, kontert Ihr mit einer ebenso großen Riege an Rebellen. Drei Einheitentypen - Infanterie, Bogenschützen und Kavallerie - die teilweise auch aus Charakteren Eurer Party bestehen, beharken sich mit ihren Kontrahenten nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip in Echtzeit. Hier muss man sehr aufpassen nicht einen herben Schicksalsschlag zu erleben. Mehr als einen unachtsamen Moment mit den Fingern in der Chipstüte braucht es unter Umständen nicht und ein lieb gewonnener Mitstreiter segnet dauerhaft und unwiederbringlich das Zeitliche.

Suikoden hatte schon immer ein Händchen dafür, befreundete Charaktere stilvoll aus dem Bildschirmleben scheiden zu lassen und hat vielleicht auch deshalb so viele Freunde: Es lotet unser Gefühlsspektrum aus, nimmt uns für voll und beschert uns fast im Vorbeigehen einige der denkwürdigsten Momente unserer Spieler-Laufbahn. Und so ziehen wir trotz aller Problemchen an der Seite dieser sympathischen Charaktere immer wieder gerne in die Schlacht. Suikoden V schafft es, dass der Spieler sich fühlt, als hätte er Anteil an etwas Großem, an etwas, das wirklich wichtig ist. Wichtiger jedenfalls als tolle Texturen und CGI-Overkills. Ich lache, reise, kämpfe und trauere mit meinen virtuellen Kameraden und das ist mehr, als ich von den meisten anderen Games da draußen behaupten kann. Ich kann nicht einmal sagen, wann ich das letzte Mal einen Videospiele-Bösewicht so leidenschaftlich gehasst habe wie hier. Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet, ich muss noch circa zwei dutzend Charaktere entdecken...

Wer bis hierhin mitgelesen hat, wird die nur knapp 30 Euro für Suikoden V gerne locker machen.

7 / 10

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