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Ridge Racer Unbounded - Test

Klassiker sucht Anschluss, bevorzugt an aktuelle Flavours, willig, auch mal gegen die Wand zu fahren

Mit Schuld daran ist auch der Pulk. Er ist ein wenig gezogen und gestreckt, aber nie so weit, als dass ihr für einen in diesem Spiel alltäglichen Crash nicht dann doch wieder vier bis acht Plätze einbüßen würdet. Gerade auf den höheren Stages hilft da dann ab der Mitte des Spiels nur noch der Reset. Außer ihr wollt darauf wetten, dass das Game gnädig mit euch ist.

Dass diese Domination-Rennen auch richtig toll sein können, beweist der Multiplayer. Hier hatte ich unglaublich viel Spaß, die Rennen wirkten nie unfair, abgeschossen zu werden war immer ok, weil ich ja wusste, dass irgendjemandem mit den gleichen Möglichkeiten, die ich auch habe, der Sieg gelang. Mit sieben oder acht anderen Spielern auf der Piste ist das hier richtig lustig. Die Features passten plötzlich alle perfekt zusammen und da ich hüben wie drüben meine Punkte zum Krams-Freischalten bekomme, verlegte ich meine Aktivitäten irgendwann komplett in die Mehrspieler-Spaß-Zone.

Weniger dramatisch sieht es mit den anderen Rennvarianten aus. Die weniger zerstörungsfreudigen klassischen Renn-Events erinnern scheinbar die KI an alte Zeiten und reizen sie dazu, sich fair zu verhalten. Die Drift-Challenges schienen nur auf den ersten Blick schwierig. Wollt ihr auf den höheren Leveln die begehrten Drei-Sterne-Rankings mit ihren vielen Punkten einheimsen, wird es nämlich sehr schwierig. Aber auch spaßig. Es ist ein wenig die Art von Drift-Event, die man seit Gotham ein wenig vermisste. Ist hier fast wie Kudos sammeln und kann einem allein den Abend versüßen. Wenn es sich in der Struktur des Solo-Modus nicht ständig mit Domination abwechseln würde. Nun, zumindest hat man einen Grund, sich mit der KI herumzuschlagen. Als kleine Auflockerung dürft ihr dann noch einen Truck besteigen und Polizeiautos schrotten. Macht Spaß für die drei Minuten, die es dauert, hat die mit Abstand geringste spielerische Substanz und ist so hohl, wie es sich anhört.

Ridge Racer Unbounded - Gameplay-Video

Das wird eigentlich nur noch von der Story überboten. Oh ja, es gibt eine Story, fürchtet euch sehr. Es ist eine so traurige Anbiederung an das eigentlich ernste "Wir sind die 99%"-Thema, dass einem der Rattenburger in der Gosse wieder hochkommt. Die "Unbounded" sind eine Gruppe von Underground-Racern, die es "denen da oben" mal so richtig zeigen wollen. Inwiefern es dabei hilft, durch Kleinbetriebe zu brettern, Cafés zu zerlegen und deren Eigner zu einem Leben auf der Straße zu verdonnern, hab ich keine Ahnung. Das Spiel auch nicht, deshalb lässt es das Thema nach dem Intro wie eine sehr heiße Folienkartoffel, gegrillt über einer Mülltonne, wieder fallen und ignoriert sich weitestgehend selbst.

Im Multiplayer muss man sich gar nicht solchen Rand-Peinlichkeiten herumschlagen. Im Gegenteil: Das ist der Modus, in dem das Spiel glänzt, auch weil es nicht nur um Rennen, sondern auch um Streckenbau geht. Der Editor ist durchaus leistungsfähig, intuitiv und sogar mit Pad vernünftig bedienbar. Jeder Abschnitt, jede Kurve ist ein quadratischer Block, mal mit zerstörbaren Dingen, mal mit Schikanen, mal einfach nur ein Stück Carrera-Bahn. Da das allein trotz einer guten Zahl solcher Bausteine noch nicht viel Individualität erlauben würde, lassen sich in jedem einzelnen Quadranten von Hand zusätzlich Rampen, Hindernisse und andere Extras platzieren.

So ganz schütteln die Ergebnisse nicht den Hauch des Baukastens ab, aber mit etwas Zeit und Mühe lassen sich doch eigene Ideen in einem gewissen Umfang umsetzen und das sogar ohne den ganzen Abend dafür zu beanspruchen. Diese Strecken lassen sich dann zu mehrteiligen Events verbinden und online stellen. Dort werden sie gefunden oder auch nicht. Der Browser dürfte mit der Masse an Tracks schnell überfordert sein, aber als Normalnutzer hält man sich eh an die prominent präsentierten Feature-Events und ist mehr als genug ausgelastet. Allein schon die stündlich wechselnden Challenges sind genug, um nicht so schnell in den Solo-Modus zurückzumüssen.

Diese praktisch unendliche Masse zeigt aber auch einen Makel auf, der fasziniert. Es gibt keine Streckenkarte. Nicht in mini, nicht in der Ecke, nicht sonst wo. In einem normalen Rennspiel mit 25+ Strecken wäre das kein Beinbruch. Die kennt man relativ schnell gut genug. Hier jedoch, wo jede Strecke per Definition ein wenig anders ist und man nur wenige häufig genug fährt, um sie wirklich zu lernen, weiß ich nicht, warum auf ein so simples, grundsätzliches Feature verzichtet wurde. Auch in den Optionen ließ es sich nicht finden und ich glaube nicht, dass ich es übersah. Durch die in der Fläche großzügig angelegten Strecken hält sich der Nachteil in Grenzen und mit der Zeit kennt man eher die Bausteine als die Strecken, aber trotzdem: Warum? Praktisch jeder Action-Racer hat irgendeine Art von Anzeige. Warum nicht Unbounded?

Ridge Racer Unbounded ist ein Spiel, das sich noch finden muss. Es nimmt ein paar Elemente aus praktisch jedem Action-Rennspiel der letzten Jahre und versucht, sie zu etwas Eigenem zu formen. Zu einem Teil gelang das. Drift-Rennen und Online-Spiel sind die Modi, in denen man am wenigsten überlegt, an was das gerade erinnert. Domination oder andere Spielvarianten jedoch kreuzen mal Burnout, mal Split/Second, mal FlatOut - und das mit sehr gemischten Ergebnissen. Das Fahrgefühl passt einfach nicht richtig zu der Zerstörung, die KI weiß nicht, wie sie Renn- und Kampf-Intelligenz so verbindet, dass es Spaß macht und wo zur Hölle ist die Streckenkarte?

Der Online-Modus mit seiner aus dem kompetenten Editor strömenden Masse an Strecken richtet es dann wieder. Hier glänzt Ridge Racer Unbounded am hellsten und hier seid ihr am besten aufgehoben. Hier zeigt sich, wie gut dieses Spiel sein kann. Ridge-Racer-Fans alter Tage werden damit zwar auch nicht so viel anfangen können, aber trotzdem hoffe ich, dass in Zukunft nicht nur ein neues "richtiges" Spiel zu diesem Franchise folgt. Unbounded macht noch nicht alles richtig. Aber es zeigt, dass mit Bugbear ein fähiges Studio gefunden wurde, das den richtigen Weg zu einem guten, neuen Action-Racer mit Unbounded zwar schon fand, ihn aber noch bis zum Ende gehen muss.

7 / 10

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