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River City: Tokyo Rumble - Test

The Warriors. Halt, nein: The Warrior.

Eine hinreißende Hommage an eines der besten 8-Bit-Spiele, bei der leider der wichtigste Spiel-Modus vergessen wurde.

Kunio, Kunio, Kunio, River City, da war doch mal was... DAS MACHEN DIE IMMER NOCH?!?

Ich könnte jetzt endlos ausführen, was Kunio-Kun ist, was River City Ransom auf dem NES war, wie es mit einem Spiel namens Renegade zusammenhing und das über viele Seiten, denn es gab nicht weniger als 30 oder 40 Spiele mit "Kunio" im Titel über nicht weniger als 30 Jahre hinweg. Spielt alles keine große Rolle, denn das Einzige, was zählt, zumindest für alle, die mit dem Namen River City Ransom überhaupt noch etwas anfangen können, ist, dass das 30jährige Jubiläum mit River City: Tokyo Rumble so gefeiert wird, als wäre es 1986. Eigentlich schade, dass es auf dem 3DS keinen Modus für Farbfilterbrillen gibt. Das wäre noch authentischer.

Der Grafik-Kompromiss aus 'Es muss authentisch sein!' und 'Es darf nicht nur wie ein NES aussehen!' wurde gut getroffen.

Aber auch so ist das hier in allem Respekt und Ehre ein neues NES-Spiel. Mit hübscheren Hintergründen. Nicht hübscheren Sprites, aber das war in diesem Falle auch nie wirklich nötig. Und mit dem gleichen Gameplay, was ein Problem sein könnte, aber dazu später mehr. Was River City war und ist, ist ein Mix aus viel Beat'em'up mit etwas RPG und einer relativ offenen Welt ohne eine feste Level-Struktur. Ihr schaltet nach und nach neue Areale frei, könnt aber jederzeit in alte zurück und findet dort auch Dinge zu tun. 1986 auf dem NES war das geradezu revolutionär, heute ist es der Standard, da mittlerweile alles RPG-Elemente drin hat. Das bedeutet aber nicht, dass der Mix nicht mehr funktionieren würde. Das tut er nämlich.

Was aber noch besser funktioniert, ist der schräge Humor, den sich das Spiel über all die Jahre bewahrt hat. Als Mischung aus Rockabilly-Road-Movie und High-School-Drama steuert ihr Kunio, den coolsten Schläger von Tokyo auf seiner Quest, andere Leute, die es verdient haben, zu verprügeln. Nebenbei bringt ihr in ebenso kurzen wie unterhaltsamen Zwischensequenzen mit eigenem Stil seine Schullaufbahn über die Runden. Englischkenntnisse dringend erforderlich. Nicht um das Spiel zu spielen, aber für diese Szenen. Sie machen einfach einen Teil der Legende aus, inklusive all der dusseligen Kommentare von Feinden. Dass die Übersetzung mal auf zu vielen Kinositzungen von "The Warriors" fußte, schimmert immer noch durch.

Viele Shops, viel zu Essen. Zusätzlich gibt es jetzt noch ein sehr liberales Inventar mit bis zu drei Plätzen. Ob ihr jedoch drei verschiedene Dinge tragt oder drei Hosen ist dem Spiel egal.

Der gewählte Grafikstil ist perfekt. Die neuen Hintergründe sind zwar nicht wirklich das, was ich zeitgemäß nennen würde, aber sie sehen modern genug aus, ohne den alten Charme zu opfern. Die Sprites dagegen sind alles die 8-Bit Figuren von anno dazumal und das funktioniert, weil diese zu den besten Sprites zählen, die je mit so wenigen Pixeln animiert wurden.

Ihre Gesten und Bewegungen sind ausdrucksstark und genuin komisch. Sie haben einen unverwechselbaren Charakter, Klasse und eine fantastische Pomade-Frisur. Zuzusehen, wie Kunio einen Gegner aufhebt und ihn voller Verve auf einen anderen draufdrischt, ist die beste Art von Comic-Gewalt, die in Spielen zu finden ist und lässt GTAs Trevor wie einen Chorknaben wirken. Vom simplen Schlagabtausch bin hin zu den letzten Spezialattacken sind diese Figuren die Stars und sie in 2D auf einer "echten" 3D-Ebene zu sehen ist eine großartige Mischung aus dem Besten dieser Vergangenheit und der Notwendigkeit etwas mehr zu liefern, als nur einen weiteren Virtual-Console-Titel.

Ebenfalls deutlich verbessert wurde die Spielbarkeit. Sicher, für damalige Verhältnisse prügelte es sich ziemlich flüssig, aber das ist 30 Jahre her. Tokyo Rumble macht nicht so viel, es zieht einfach nur die Reaktionen der Figuren auf eure Eingaben glatt, erhöht das Reaktionstempo und lässt die Animationen sauberer fließen. Es fühlt sich einfach gut an, mit Kunio ein paar Typen zu vermöbeln. Hier noch mehr als damals.

Was eher das Problem ist und auch damals war, ist dass ihr sehr lange nichts anderes tut als durch entweder schon wirklich euch bekannte Gebiete zu wandern und alles wegzudreschen oder ihr macht das in Gebieten, die für euch zwar neu sind, aber eigentlich aussehen wie die davor. Abwechslung war noch nie die Stärke dieses Spiels und das zeigt sich 30 Jahre später mit aller Macht. Während Tokyo Rumble deutlich mehr an Moves zu bieten hat und auch mit den RPG-Elementen und zig versteckten Goodies und Geheimnissen in Sachen Abwechslung Turtles in Time, Streets of Rage 2 und andere Klassiker dieses toten Genres abhängt, hat es einen ganz entscheidenden Nachteil. Jeder dürfte sich einig sein, dass ein Beat 'em up mit Freunden sofort besser wird. Viel besser. Leider ist Tokyo Rumble ein Solo-Spiel. Es ist ein Single-Player Beat 'em up. Was soll das? Sind wir wieder bei Final Fight auf dem Super Nintendo angekommen?

Dodgeball ist leider nur eine Hommage, ein echtes Kunio-Dodgeball-Remake wäre netter gewesen.

Warum das so ist, wird auch nicht klar. Ihr habt KI-Begleiter, die ihr im Laufe der Story freischaltet, könnt zwischen verschiedenen wechseln, ihnen ein paar grundlegende Kommandos geben und sie sind auch recht hilfreich. Dann gibt es mit Rumble und Dodgeball - eine Art Völkerball und eine Hommage an eine ganze Reihe von Kunio-Spin-offs -, die ohne Probleme ad hoc funktionieren. Man sollte also meinen das alles da wäre, um den wichtigsten Modus des Spiels mit einem Freund bestreiten zu können, so wie es auch im Original vor 30 Jahren der Fall war. Ist es aber nicht. Und das ist ein großes Problem für jedes Beat 'em up.

Für fast 30 Euro ist River City: Tokyo Rumble kein Schnäppchen, aber als gelungene Hommage für alle Fans und Kenner des Originals... Ja, doch ihr braucht das, auch wenn euch der Spaß fehlen wird, sich mit einem Freund durch einige der lustigsten Animationen der 8-Bit-Ära zu prügeln. Es ist eine so herrlich dumme Welt, die Kunio und Co. bewohnen, dass allein die derangierten Story-Schnipsel den Preis wert sind. Außerdem wurde das Prügeln selbst glattgeschliffen, ohne den Charme einzubüßen. Es gibt Tonnen an kleinen Geheimnissen, großen Bossen und liebevollen Anlehnungen an einfachere Videospielzeiten. Ich hätte jetzt auch gerne jedem anderen gesagt, dass es zwar alles sehr retro aussieht und sich ziemlich stumpf spielt, aber schnappt euch einen Freund und alles wird klasse. Nur leider ist das halt nicht der Fall. Wenn mir das jemand heute vorsetzt und ich hätte nicht eine ganze Ära dieses Genres in meinem Leben mitgenommen, würde ich nach einer Stunde nicht ohne Grund fragen, ob es das jetzt war und warum ich das nicht wenigstens im Koop spielen kann. Vielleicht würde ich dann weitermachen, vielleicht nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Es bleibt am Ende eines für die Fans, um zwischendurch und allein ein wenig den alten Zeiten nachzuhängen, bevor man sich wieder der Moderne widmet.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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