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Rückwärts gedacht

Rechtlich garantiert einwandfrei

Die Kinder! Denkt denn niemand an die Kinder?!

Der „Video Recordings Act 1984“ ist ein Gesetz, das seit nunmehr 25 Jahren in Großbritannien reguliert, dass im Handel erhältliches Bildmaterial (zunächst nur Videos, mittlerweile auch Videospiele) mit einer Alterseinstufung versehen werden muss. An diese haben sich die Verkäufer zu halten. Eine gute, sinnvolle Sache, nicht ganz unähnlich unserer FSK / USK. Das Problem ist allerdings, dass der VRA 84 überhaupt niemals Gesetzeskraft erlangt hat. Schuld daran ist ein Verfahrensfehler bei der Verabschiedung des Gesetzes.

Die Insulaner hatten offenbar einfach vergessen, die Europäische Kommission über die neue Gesetzesschrift zu informieren. Leider enden in EU-Direktiven verankerte Vorschriften meistens nicht auf „bitte, bitte!“, „wenn ihr Lust habt“ oder „nur wenn es keine Umstände macht“. Die bindende Natur der Direktive 83/189 sorgt jetzt also dafür, dass der Jugendschutz zwar seit einem Vierteljahrhundert Anwendung findet, seit dem Bekanntwerden dieses kleinen Fauxpas aber der Kulanz des Einzelhandels ausgeliefert ist.

Eine Sprecherin des Innenministeriums führt diesen gesetzgeberischen Totalschaden darauf zurück, dass die EU-Direktive zum Zeitpunkt der Verabschiedung des VRA noch neu war. Die Gründe dürften aber auch im Selbstverständnis der Briten zu finden sein, das man naturgemäß als… sagen wir mal „insulanisch“ bezeichnen könnte. Bis das Gesetz per Eilantrag erneuert wurde, halte ich es dennoch mit Platon:

„Gute Menschen brauchen keine Gesetze, um gezeigt zu bekommen, was sie nicht dürfen, während böse Menschen einen Weg finden werden, die Gesetze zu umgehen.“

Abgesehen von der köstlichen Ironie, dass das Seelenheil der britischen Jugendlichen in den nächsten Monaten in den Händen von Videospielverkäufern liegt, dürfte unser geliebtes Abendland die Lücke im Jugendschutz aber relativ unbeschadet überstehen. Ob Platon recht hatte, sehen wir dann ab dem 10. November an der Quote der Special Air Service Marines, die uns online in Modern Warfare 2 teabaggen.

Die Franzosen! Denkt denn niemand an die Franzosen?!

Ein ganz anderes Scheitern, allerdings auf ähnlich hohem Niveau, hatte gestern Microsoft zu vermelden. Halo 3: ODST, TEH BEST GAEM EVAR, ist in Frankreich anscheinend schon zu haben. Wenn, ja wenn, nicht alles erstunken und gelogen ist. MS spricht von einem „sehr kleinen Leck in der Vertriebskette“. Viel mehr Chuzpe beweisen sie aber gleich im nächsten Satz, als sie ankündigen, „Maßnahmen“ gegen die zu ergreifen, die sich das Spiel illegal angeeignet hätten.

Es sind offensichtlich nicht geleakte, kopierte oder gebrannte Gamecodes gemeint. Die „Maßnahmen“ sollen sich augenscheinlich wirklich gegen die Käufer (bzw. Spieler) der durch den Saturn zu früh verkauften Exemplare - so sie denn tatsächlich existieren - richten. Eine Rücksprache mit zwei Händlern unseres Vertrauens hat ergeben, dass sich im Normalfall nicht einmal der frühe Verkauf eines Spieles als Rechtswidrigkeit qualifiziert, sofern man kein anderslautendes Übereinkommen mit dem Hersteller getroffen hat (was laut unserer Kontakte tatsächlich sehr selten passiert). Mit welcher Handhabe will MS also arglosen Frühspielern, die sich nicht jeden Streetday Xbox-Grün im Kalender anstreichen, noch gleich kommen?

Soll heißen: Die Drohungen des Softwareriesen sind reine Abschreckungstaktik. Ein Stoppschild für spontan Frankreich-Reisende und Master-Chief-Cosplayer, ganz sicher aber keine rechtlich wasserdichte Angelegenheit.

Nachgereicht: Fünf Dinge, die ich auf der gamescom gelernt habe

Etwas spät, aber besser als gar nicht, will ich euch auch meine fünf Messeweisheiten nicht vorenthalten. „Man lernt nie aus“. So geht ein weises Sprichwort. Und ohne großartig philosophisch klingen zu wollen: Wie „nie“ nie sein kann, ist auch etwas, das man jedes Jahr aufs Neue lernt. Neue Messe, neue Lektionen. Here we go:

5. Lasse bei gemeinsamen Interviews niemals dem Kamerateam den Vortritt

4. Es ist durchaus möglich, 5,50 Euro für eine Apfelschorle und eine Handvoll Tuc-Cracker zu bezahlen

3. Das Ziel eines Trips durch Köln befindet sich IMMER auf „der anderen Rheinseite“

2. Manche Hotelzimmer sollten eine eigene Umgehungsstraße haben

1. Lasse bei gemeinsamen Interviews NIEMALS dem Kamerateam den Vortritt

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