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Short Peace: Ranko Tsukigimes's Longest Day - Test

Vom 'längsten' Tag kann hier nicht wirklich die Rede sein.

Sehr japanisch: Vier hochwertige Anime-Kurzfilme sind lose in ein weniger hochwertiges, sehr kurzes Spiel eingebettet.

Eigentlich wollte ich nach dem Abendessen nur einen kurzen Blick auf Short Peace: Ranko Tsukigime's Longest Day werfen. Schnell einen groben Überblick erhalten, bevor man sich am nächsten Tag richtig damit beschäftigt. Tja, keine Stunde verging und schon liefen die Credits über den Bildschirm.

Ernsthaft? Das war's schon?

Ich konnte, oder besser gesagt, wollte es nicht glauben. Gerade einmal aus zehn Leveln, für die ihr jeweils keine drei Minuten benötigt, besteht das Spiel. Dazu gesellen sich ein paar nette Zwischensequenzen. Mehr nicht. Keine versteckte Kampagne. Keine zusätzlichen Extras. Nicht einmal ein höherer Schwierigkeitsgrad. Als hätte mir jemand die Demo anstatt des vollwertigen Spiels gegeben.

Style over substance

Dabei ist das Gebotene noch nicht einmal besonders gut oder aufregend. Ich gebe zu, für die wilden Zwischensequenzen und bekloppte 'Handlung' konnte ich mich ein wenig begeistern. Immerhin spielt ihr Schülerin Ranko, die nebenher als eine Art Auftragskillerin arbeitet und gegen einen Wrestler sowie ihre diabolische Schwester antritt. Zumindest habe ich diese Elemente als einzige behalten. Die meisten Szenen wirken nämlich vollkommen zusammenhangslos und dienen bloß dem Irrsinn, ohne jeglichen Kontext zu vermitteln. Dafür sind die Filmchen allesamt wunderbar animiert und begeistern anhand abwechselnder Stile. Da Suda51 für die Geschichte zuständig war, können sich Kenner seiner Werke sicherlich vorstellen, wie abstrus manche Stellen wirken. Genauso solltet ihr einschätzen können, wie sehr sie euch gefallen. Japanischer Humor gemischt mit surrealen Bildern und wahnwitzigen Situationen, für deren artgerechte Aufnahme man eine gewisse Zuneigung zum Blödsinn besitzen muss.

Die einzige interessante Stage.

Das eigentliche Spiel zwischen diesen Sequenzen stammt aus den mindestens genauso wirren Köpfen der Entwickler bei Crispy's, die ihr Verständnis für seltsames Gameplay schon mit Tokyo Jungle unter Beweis stellten. Nur schafften sie es dieses Mal nicht, abgefahrene Situationen in gutes Spieldesign umzuwandeln.

Fast alle Missionen schicken euch in einen Tunnel, dessen Ende es zu erreichen gilt. Auf dem Weg springt ihr über Hindernisse und zerschlagt Feinde mit kurzen Schwertschwüngen. Jeder Gegner stirbt nach einem Treffer und explodiert in bunte Formen, die wiederum andere Monster treffen und somit Kettenreaktion auslösen. Schaden nehmt ihr bei direktem Kontakt keinen. Stattdessen holen euch grüne Dämonenarme oder ein riesiger Hund ein. Bleibt ihr an Kanten oder Gegnern hängen, müsst ihr die Verfolger kurzzeitig mit einem Schuss außer Gefecht setzen, sobald sie euch zu nahe treten. Eure Kanonen ladet ihr jedoch nur mit dem Töten mehrerer Monster auf, wodurch die einzige Motivation zum Nahkampf entsteht. Leider besaß ich stets genügend Energie für einen weiteren Schuss und scheiterte nur an der grausigen Steuerung.

"Die meisten Szenen wirken vollkommen zusammenhangslos und dienen bloß dem Irrsinn, ohne jeglichen Kontext zu vermitteln."

Findet versteckte Kisten, um Konzeptzeichnungen freizuschalten.

Denn obwohl ihr mit Schallgeschwindigkeit durch die Areale flitzt, reagiert eure Figur nur äußerst träge auf flinke Eingaben. Da ihr Hindernisse fast nie rechtzeitig erkennt, fallt ihr öfters in Löcher oder knallt gegen Wände. Letztendlich gipfelt dieser Konflikt in einem dämlichen Bosskampf, der stark unter der Ungenauigkeit der Sprünge leidet. Während ihr einen Hindernisparcours hinaufklettert, verfolgt euch von unten eine gewaltige Turbine. Zwischendurch erscheint an fixen Punkten einer von zwei Bossgegnern, die euch zusätzlich beschießen. Viel zu oft landete ich in den tödlichen Rotorblättern oder rannte ohne Eigenverschulden in feindlichen Kugelhagel, nur weil Ranko nicht korrekt abspringen wollte. Richtig nervig wird es dann bei Wandsprüngen, deren Kollisionsabfrage nur sporadisch funktioniert.

Neben den beschriebenen Situationen erwarten euch zwei zusätzliche Endgegner, deren Spielmechaniken schon von frühen NES-Titeln besser gelöst wurden. Zwar lenkt das Spiel gerne mit seinen visuellen Effekten ab, aber sogar ich ziehe irgendwo die Grenze. Denn nach der ersten Mission wiederholt sich der Ablauf ohne jegliche Variation. Da helfen auch keine unterentwickelten Endgegnerkämpfe.

Lieber zuschauen als spielen

Ranko Tsukigime's Longest Day ist jedoch nur ein kleiner Appetithappen, den man der Kurzfilmsammlung Short Peace beifügte. Wohl nur, um einen Verkauf auf der PS3 in Verbindung mit einem Vollpreis zu rechtfertigen. Vier Filme verstecken sich auf der Disk, wobei die Betonung eindeutig auf 'verstecken' liegt. Denn das Hauptspiel möchte euch in keinster Weise auf die Existenz der Episoden hinweisen. Erst ein Blick auf das Videomenü meiner PS3 offenbarte schließlich das Sammelwerk. Warum man es unbedingt so aufteilen musste, verstehe, wer will.

"Ranko Tsukigime's Longest Day ist nur ein kleiner Appetithappen, den man der Kurzfilmsammlung Short Peace beifügte."

Die Kurzfilme lohnen sich allemal. Aber nicht zum geforderten Vollpreis.

Die vier Kurzfilme reichen in ihrer Qualität von ziemlich gut bis umwerfend und überzeugen neben gänzlich unterschiedlichen Zeichenstilen durch ihre schiere Vorstellungskraft. Besonders das für einen Oscar nominierte 'Possession' geizt nicht mit kreativen Bildern und einer schönen, in sich geschlossenen Geschichte. Generell wirken alle vier Handlungen wie kurze Momentaufnahmen größerer Begebenheiten, in die euch die Schöpfer Einblick gewähren. So dreht sich 'A Farewell to Weapons' um den Einsatz einer Militärgruppe, die in einem zerstörten Japan der Nachkriegszeit die letzten feindlichen Kampfroboter vernichten wollen. Wie es genau zu dieser Situation kam, darf man sich als Zuschauer anhand von visuellen Hinweisen selbst ausmalen.

Leider reichen sie nicht aus, um den Kauf von Short Peace: Tsukigime's Longest Day zu rechtfertigen. Selbst in Verbindung mit den wunderbaren Kurzfilmen, erschöpft ihr innerhalb von zwei Stunden sämtliche Inhalte. Danach verschwindet die Disk wieder im Schrank. Nur wer unbedingt die schönen Animationen sehen will, sollte mit dem Kauf liebäugeln. Denn das angehängte Spiel könnt ihr komplett vergessen. Es ist unheimlich schnell vorbei und fühlt sich trotzdem die meiste Zeit entweder langatmig oder frustrierend an. Wie eine in Vergessenheit geratene Demo, die irgendjemand aus purer Verzweiflung auf die Disk packte, um es als Spiel verkaufen zu können. Nein, so bitte nicht!

4 / 10

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Björn Balg

Freier Redakteur

Freier Autor und wahrscheinlich der letzte Mensch ohne einen Facebook-Account. Liebt Trash und verbringt zu viel Zeit mit dem Ansehen von Katzenvideos.
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