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Sid Meier's Civilization 7 im Test - Radikale Änderungen beeinflussen die Art und Weise, wie ihr es spielt, und ich bin mir sicher, dass es nicht jedem gefallen wird

Sid Meier's Civilization 7 adaptiert nicht einfach die gleiche Formel, sondern macht einiges anders. Ob das gut funktioniert, lest ihr in unserem Test.

Radikale Änderungen verändern den Spielablauf in Civilization 7 und es ist ein zweischneidiges Schwert. Es gibt mehr Abwechslung, doch andere Aspekte können für Frust sorgen.

Sid Meier's Civilization 7 wird mit ziemlicher Sicherheit für Diskussionen unter den Fans der Reihe sorgen. Die einen werden es lieben, die anderen werden es hassen. Vielleicht auch ein bisschen von beidem. Tatsache ist, dass es hier einige radikale Änderungen im Vergleich zu früher gibt, doch wie bei vielen Civ-Spielen zuvor gilt gleichermaßen: Das hier ist nur der Anfang dessen, wie Civilization 7 in einigen Jahren aussehen wird. Aber lohnt sich diese Grundlage in ihrer aktuellen Form?

Zeitalter und Krisen im Wandel

Die hervorstechendste Neuerung von Civilization 7 ist, dass es seinen Spielablauf nun in Zeitalter einteilt. Und eines ist gewiss: Ihr endet definitiv nicht so, wie ihr angefangen habt. Interessant ist einerseits, dass ihr zum Beispiel einen Anführer oder eine Anführerin mit einer beliebigen Zivilisation zum Start kombinieren könnt. Durch die Zeitalter hindurch gehen manche Kulturen unter, andere entstehen. Aber nicht unbedingt so, wie ihr denkt, indem ihr sie etwa mit eurer Armee überrollt.

Ich begann zum Beispiel eine Partie als Ägypten und in einem späteren Zeitalter hatte ich mich dann zu Frankreich entwickelt. Was zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig ist und nach all den Stunden, die ich bisher Civilization 7 spielte, bin ich mir immer noch nicht zu 100 Prozent sicher, ob ich diese Änderung nun gänzlich begrüße oder nicht. Sie wird sicherlich umstritten sein.

Unbestritten ist, dass es für Abwechslung im Spielverlauf sorgt. Auf der anderen Seite denke ich mir: ich habe mit Zivilisation X angefangen, warum kann ich mit ihnen also nicht bis zum Ende durchmachen? Sei es wie es sei, das Spielgefühl währenddessen ist gleichermaßen vertraut wie neu. Einerseits, weil über weite Teile hinweg alles so abläuft, wie ihr es kennt. Schickt Späher durch die Gegend und erkundet die Welt, gründet neue Städte, vergrößert euren Einflussbereich und verteidigt ihn, falls nötig, mit militärischen Mitteln. Diplomatische oder kulturelle Aspekte sind natürlich weiterhin vorhanden, wer sich lieber friedfertig verhält, kann genau so spielen.

Ab einem gewissen Punkt, wenn das jeweilige Zeitalter weit genug vorangeschritten ist und sich das nächste anbahnt, läuft es jedoch etwas anders. Zum Ende eines jeden Zeitalters beginnt eine Krise, mit der ihr zurechtkommen müsst, etwa eine Plage. Das kann den Spielverlauf je nach Situation gehörig umkrempeln und ihr müsst euch plötzlich mit neuen Gegebenheiten befassen. Was ärgerlich sein kann, wenn man sich etwa gerade eine Strategie zurechtgelegt hat, um einen Gegner zu attackieren – oder andere Vorgehensweisen - und das plötzlich obsolet wird.

Wie ein Neustart

Der Wechsel eines Zeitalters wirkt dann wie ein harter Cut, fast wie ein Neustart. Ihr wählt in diesem Moment eine neue Zivilisation für das nächste Zeitalter, könnt je nach Voraussetzung bestimmte Zivilisationen freischalten, andere wiederum nicht. Und ihr habt an diesem Punkt die Möglichkeit, euer Vorgehen zu ändern. Wenn ihr im ersten Zeitalter eher auf einen kulturellen Sieg gesetzt habt, könnt ihr im nächsten Zeitalter damit weitermachen oder auf das Militär oder die Wirtschaft als Fokus setzen. Ganz so, wie es euch beliebt.

Wie gesagt, es wirkt wie ein kleiner Neustart mitten im Spiel. Und das gilt nicht allein für eure und andere Zivilisationen, sondern gleichermaßen für die Welt um euch herum, zumindest in Teilen. Denn ihr müsst bedenken: Das Spiel sieht es so vor, dass zwischen diesen Wechseln des Zeitalters viele, viele Jahre vergehen. Es gibt technische Fortschritte und ihr verliert eure bisherigen Militäreinheiten, bekommt stattdessen ein paar aktuelle Basiseinheiten in euren Städten als neue Startarmee. Stadtstaaten, mit denen ihr zuvor noch angebandelt habt, sind plötzlich verschwunden (sofern sie bisher nicht in euer Reich eingegliedert wurden), dafür tauchen an anderer Stelle neue auf. Zudem werden alle eure vorherigen Städte (außer der Hauptstadt) um eine Stufe nach unten gesetzt, wodurch sie für den Moment nicht mehr sind als (zumindest gute) Rohstofflieferanten. Gegen Gold könnt ihr sie dann wieder zu einer Stadt upgraden.

Sid Meier's Civilization 7 - Screenshots

Wie die Überschrift schon sagt, sind das radikale Änderungen mitten im Spiel. Und ich kann absolut nachvollziehen, wenn das einem nicht gefällt. Ich tue mich immer noch schwer damit, meine aufgebauten Armeen zu verlieren. Oder den Fortschritt, denn ich bis zum Wechsel eines Zeitalters in die Beziehungen mit unabhängigen Siedlungen investiert habe. Man muss sich an all das gewöhnen und am Ende ist die entscheidende Frage, ob man das wirklich kann. Es ist so ziemlich unmöglich für mich, diese Frage für euch zu beantworten. Man muss es selbst erleben. Was ich von meiner Seite aus sagen kann, ist, dass ich das System grundsätzlich interessant finde, wenngleich mir der Cut zwischendurch etwas zu hart erscheint.

Sagen wir es so: Beim Wechsel eines Zeitalters gewinnen manche, während andere verlieren. Es ist gewissermaßen eine Mechanik, um alle Zivilisationen im Hinblick auf den Fortschritt wieder etwas näher zusammenrücken zu lassen. So wird verhindert, dass sich eine Seite früh absetzt und das weltliche Geschehen für den Rest des Spiels dominiert und andere abgehängt werden. Mit jedem neuen Zeitalter beginnt das Rennen nach neuen Technologien und neuen Landflächen, die womöglich frei geworden sind, von vorne. Das ganze Spiel kann so über den Haufen geworfen werden. Womöglich ist ein Spieler, der bisher dominierte, im neuen Zeitalter nicht mehr so stark, während ein anderer durchstartet. Es wird dadurch unberechenbarer, weniger monoton, doch wer keine großen Veränderungen mag, wird sich damit wohl weniger anfreunden können.

Ein gewaltiger Wechsel, aber Civilization bleibt auch Civilization

Abseits eures Territoriums nehmt ihr auch noch andere Dinge mit, die ihr vorher erreicht habt. Eure Wunder bleiben erhalten, die wissenschaftlichen Fortschritte wirken sich auch über die Jahrhunderte hinweg aus. Hinzu kommt, dass eure Kommandanten, die mehrere Einheiten gruppieren und gemeinsam vorrücken können, erhalten bleiben. Durch das Erreichen bestimmter Ziele verdient ihr Punkte, die ihr wiederum investieren könnt, um Boni in Bereichen wie der Wirtschaft oder beim Militär freizuschalten. So spezialisiert ihr euch auf bestimmmte Bereiche oder ihr versucht, einen gesunden Mittelweg zu finden und Kultur, Miltiär, Wirtschaft und dergleichen gleichermaßen unter einen Hut zu bringen.

Letztlich ist es wirklich so, dass man erst einmal ein Match braucht, um sich in Civilization 7 zurechtzufinden und zu verstehen, was hier nun alles anders ist, was man wie machen kann, was mittendrin verloren geht und was erhalten bleibt. Spannend sind in jedem Fall die schon erwähnten Kommandanten. Mit ihnen rücken mehrere Einheiten gleichzeitig vor und wenn ihr euer Ziel erreicht habt, verschaffen sie den Einheiten um euch herum Vorteile im Kampf. Dementsprechend gehen erhaltene Erfahrungspunkte nicht an individuelle Truppen, sondern an den Kommandanten, der dadurch wiederum Punkte investieren und weitere Boni freischalten kann.

Abseits der Zeitalter, die den Spielablauf gehörig auf den Kopf stellen, hat Civilization 7 noch immer vieles von dem, was die Reihe ausmacht. Und auch dem neuen Teil gelingt es, dieses "Nur noch eine Runde"-Gefühl hervorzurufen, bei dem ihr euch gegebenenfalls dazu zwingen müsst, jetzt doch Schluss zu machen, weil ihr ja noch andere Dinge tun wolltet. Wie Essen. Oder Schlafen. Neben dem großen Ganzen gibt es kleinere Geschichten, bei denen ihr immer wieder Entscheidungen trefft, die unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene Aspekte haben können. Die Diplomatie ist ein wichtiger Faktor, ihr bildet Allianzen, treibt Handel und so weiter. Es kann Fluten geben, Vulkanausbrüche, Hurrikans und so weiter.

Anders gesagt: Es ist immer viel los in der Welt von Civilization 7 und die Hintergrundmusik leistet einen tollen Beitrag dazu, euch währenddessen in die zu eurer Zivilisation passende Stimmung zu versetzen. Grafisch sieht das hier alles recht schick aus, wenngleich mir das Spiel vom Aufbau der Menüs und Benutzeroberfläche her mitunter etwas zu trist und leblos wirkt. Es geht mir hier zu sehr in Richtung Excel-Darstellung, da hätten alleine schon ein paar Einheiten- und Gebäudesymbole Wunder gewirkt. Vielleicht eine kleine Animation hier und da, einfach mehr von dem, was mir ein Gefühl für eine lebendige Welt verschafft, mehr Liebe für verspielte Details, und mich weniger wie einen Anführer wirken lässt, der nur auf die harten Zahlen guckt.

Sid Meier's Civilization 7 - Fazit

Schlussendlich bleibt Civilization 7 im Kern ein Civilization. ABER: Der neue Spielablauf mit den Zeitaltern ist ein zweischneidiges Schwert. Ich könnte mir vorstellen, dass er die Community spaltet. Einerseits beweist Firaxis hier Mut zum Risiko, indem man die etablierte Formel revolutioniert, andererseits wissen wir, dass manche Leute keine Veränderungen möchten – zumindest keine radikalen. Ich selbst bin mir nach all der Zeit mit der Testversion ehrlich gesagt immer noch nicht sicher, was ich davon halten soll. Ich habe wirklich keine klar positive oder klar negative Tendenz.

Ich mag, dass die Zeitalter, zusammen mit anderen Dingen, für Abwechslung im Spielverlauf sorgen. Manche Sachen, die ich bis zum Wechsel eines Zeitalters erreicht habe, bleiben erhalten, anderen trauere ich wirklich nach. Meine Stück für Stück aufgebaute Armee ist plötzlich nicht mehr da, wurde auf ein paar Basiseinheiten reduziert. Meine laufenden Beziehungen zu unabhängigen Kulturen verpuffen, weil diese im Wechsel der Zeitalter verschwinden, zuvor noch etablierte Städte werden degradiert und ich muss sie erst wieder zur Stadt machen. Ich habe kein Problem mit diesem Cut und damit, eine neue Zivilisation zu wählen, doch in mancher Hinsicht ist mir dieser Übergang schon etwas zu hart.

Auf der anderen Seite stehen positive Aspekte, zum Beispiel dass Firaxis so die Spielbalance wahren möchte und sich nicht ein Spieler frühzeitig dominant durchsetzt. Wobei es wiederum frustrierend wirken kann, wenn man eine Dominanz aufbaut und dann vom Spiel, nicht einmal aus eigenem Unvermögen oder eigenen Fehlentscheidungen heraus, zurückgepfiffen wird. Es ist die entscheidende Frage, wie gut man damit umgehen kann. Insofern wage ich gar keine Prognose dazu, wie gut Civilization 7 bei der Community ankommt. Ich kann es nicht einschätzen. Was ich für mich sagen kann, ist, dass ich mit dem Spiel meinen Spaß hatte. Es gibt euch viel zu tun, viele Entscheidungen und der Zeitalterwechsel sorgt für Abwechslung. Manche Aspekte gefallen mir daran aber gar nicht und so bin ich letztlich weder gänzlich zufrieden noch enttäuscht.

Ich sehe Civiliztion 7 als eine solide Grundlage für das, was da in Zukunft noch kommt. Updates, DLCs, Erweiterungen. In einem Jahr kann dieses Spiel schon wieder ganz anders aussehen, erst recht in drei oder vier. Ob ihr jedoch jetzt schon bereit seid, euch auf dieses Abenteuer einzulassen, müsst ihr selbst entscheiden. Ihr könntet es lieben. Ihr könntet es hassen. Oder ihr sitzt wie ich zwischen zwei Stühlen.

Sid Meier's Civilization 7
PROCONTRA
  • Viele vertraute Mechaniken lassen das "Nur noch eine Runde"-Gefühl wieder aufkommen
  • Wechsel der Zeitalter bringt mehr Abwechslung und Flexibilität in den Spielverlauf
  • Technisch gut umgesetzt mit sehr guter Performance
  • Tolle Hintergrundmusik
  • Wechsel der Zeitalter kann auch für Frust sorgen, weil manche erzielten Fortschritte plötzlich verpuffen
  • Übergang zu neuem Zeitalter kann sich je nach bisherigem Spielverlauf negativ auf euch auswirken
  • Wirkt stellenweise zu trist und leblos

Ihr könnt Sid Meier's Civilization 7 auf Steam, im Epic Games Store, im Nintendo Switch eShop, im PlayStation Store und im Microsoft Store kaufen.

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