Skydance’s Behemoth im Test: Gefangen im Schatten von Shadow of the Colossus
Kein echter Lichtblick für VR.
Es ist einfach etwas Anderes, ob man sich auf PlayStation 2 oder meinetwegen auch im Remake der PlayStation 4 an einem turmhohen Koloss festkrallt und hofft, bloß nicht herunterzufallen, oder ob man sich vom Gefühl her tatsächlich in dieser luftigen Höhe befindet und darum bangt, dass die eigenen Kräfte nicht nachlassen, bevor man einen sicheren Punkt erreicht hat. Denn so erlebt man es in Skydance Behemoth, einem exklusiv für PlayStation VR2, Metas Quest- sowie VR-Systeme am PC entwickelten Action-Adventure.
Der Kampf gegen riesige Kreaturen ist in VR natürlich auf eine Weise intensiv, wie er es vor dem Fernseher nie sein wird. Man klammert sich ja auch hier an den großen Biestern fest, um zu ihren verwundbaren Punkten zu gelangen. Dort rammt man ihnen dann ein Schwert in den Leib und wiederholt das so lange, bis sie zu Boden gehen, wo eine geheimnisvolle Energie aus ihren Leichen ins Alter Ego fährt. So weit, so abgeschaut.
Allerdings gibt es in Behemoth viel mehr als die Riesen. Zum einen begegnet man nicht einmal einer Hand voll von ihnen und zum anderen besteht der Großteil des Abenteuers aus dem Kampf gegen menschenähnliche Angreifer, darunter ein paar Bosse mit größeren Lebensbalken und Attacken, die man anfangs nicht blocken kann.
Immerhin handelt es sich beim Großteil der Duelle um recht normale Kämpfe mit Dolchen, Schwertern, Äxten und was man sonst noch aufliest. Auch einen Schild kann man nutzen, der hält dem Beschlag einer gegnerischen Axt allerdings nicht lange stand – was auch für Schilde und Rüstungsteile der Feinde gilt, weshalb ich ganz gerne mit einer Axt in der linken Hand unterwegs war, während ich rechts mit dem Schwert hantiert habe.
Schwingt man ein Schwert im richtigen Augenblick, pariert man nämlich ankommende Hiebe und Streiche, was Gegner ins Taumeln bringt und daher die Möglichkeit zu einem Konter eröffnet. Natürlich kann man eine Waffe auch einfach in den „Weg“ des ankommenden Angriffs halten, um den zumindest abzuwehren.
Zusätzlich nutzt man einen Greifhaken, um entsprechend markierte Pfeiler an sich heran beziehungsweise in einen Gegner zu ziehen, um den Weg blockierende Holzbarrikaden zu entfernen oder um sich an entsprechend markierte Balken heranzuziehen. Letzteres ist eine wichtige Form der Fortbewegung und man braucht all diese Techniken natürlich auch im Kampf mit den Behemoths, etwa zum Freizulegen ihrer Schwachstellen.
Leider hatte ich nur nie das Gefühl, mit den vorhandenen Möglichkeiten kreativ zu sein. Zu eingeschränkt sind die Möglichkeiten des Manipulierens der Umgebung und zu strikt vorgegeben auch das, was man im Duell mit den Kolossen tun muss. Tatsächlich habe ich schon beim ersten davon lange nicht verstanden, was ich tun muss, um ihn endgültig zu Fall zu bringen. Das ergibt sich nämlich nicht zwingend aus dem vorherigen Verlauf des Kampfs und ist eine dermaßen spezifische Sequenz, dass sich mich mehr an einen interaktiven Film erinnert als an das relativ freie Hantieren in einem Spiel, das sich um einfallsreiche Mechaniken drehen will.
Auch die regulären Kämpfe empfand ich ja meist als schwach. Denn wenn ich auf einen Boss zu gehen kann, um nur gelegentlich mal einen Angriff zu parieren und ihm ansonsten einfach ein paar Mal in die Seite zu piksen, dann hat das mit einem coolen Zweikampf nicht viel zu tun. Hinzu kommt ein Gegnerverhalten, das stellenweise nicht nur schwach, sondern geradezu fehlerhaft ist. Wo Untote in verschlossene Türen hinein laufen oder aus Ecken Verstärkung erhalten, die eigentlich als komplett versperrte Wege erkennbar sind, dann habe ich daran jedenfalls wenig Spaß.
Apropos verschlossene Türen: Die Geschichte empfinde ich leider als ähnlich schwach beziehungsweise schwach erzählt. Da ist ein Fluch, wegen dem man die Behemoths töten muss, und eine geisterhafte Erscheinung erklärt mir einfach die ganze Zeit, wie was warum funktioniert. Symptomatisch dafür ist eine Szene, in der man eine Tür vor der Nase zugeschlagen bekommt. Daraufhin sagt die Begleitung doch tatsächlich, dass jetzt der Weg versperrt ist. Na, schau an! Es gibt später eine durchaus interessante Wendung. So richtig packend ist die allerdings auch nicht.
Überhaupt ist so wenig wirklich interessant. Der Kampf mit den Waffen geht in Ordnung, doch auf Dauer empfand ich das Zuschlagen, Blocken und Kontern als nicht vielseitig genug, um mich bei der Stange zu halten. Skydance’s Behemoth eifert viel zu sehr vertrauten AAA-Abenteuern nach, anstatt eigene, VR-typische Wege zu gehen und ohne auch nur im Ansatz die Tiefe großer „2D“-Produktionen in Sachen Erzählung oder Mechanik zu erreichen.
Wäre die VR-Einbindung besonders stark oder einfallsreich… Stattdessen vermisse ich sogar einen richtig überzeugenden Eindruck des „physischen“ Hantierens im virtuellen Raum. Klar: Schwert, Schild sowie ein furchtbar unhandlicher Bogen sind vorhanden. Abgesehen davon nutzt Skydance die für mich interessanten Möglichkeiten der virtuellen Realität aber kaum aus.
Auch das Benutzen des Greifhakens hat seinen Reiz, doch alles in allem besteht der Großteil des Spiels aus einem recht gewöhnlichen Fuchteln und Wischen, wie ich es schon lange als eher ermüdend empfinde, und dem auch für sich genommen eine physikalische Intensität fehlt, durch die sich andere VR-Titel auszeichnen. Das Schmieden von Upgrades für das eigene Schwert hat da noch den größten Reiz, weil man die Waffe dafür auf einen Amboss legt und anschließend mit einem Hammer bearbeitet, um ihm eine neue passive Fähigkeit zu verleihen.
Das Entwickeln der aktiven und passiven Fähigkeiten empfinde ich ohnehin als gelungen, weil es auf überzeugende Art das Gefühl steten Fortschritts vermittelt. Zwei Entwicklungsbäume bei Schwert und Alter Ego erinnern zwar bestenfalls an ein Rollenspiel Light – aber das reicht hier ja auch vollkommen aus.
Überhaupt mag Behemoth alles in allem eine Idee unterhaltsamer sein, als es die Beschreibungen in den letzten Abschnitten vermuten lassen. Mein Problem ist nur: Sobald mich in VR etwas langweilt, weil die virtuelle Welt nicht so plastisch ist, wie sie es gerade in VR für mein Empfinden sein sollte, dann fühle ich mich dort schnell unwohl – und zwar sowohl emotional als auch körperlich.
Skydance’s Behemoth ist in den Stores der jeweiligen Plattform-Betreiber verfügbar, sprich sowohl im PlayStation Store als auch auf Steam und bei Meta. Während die Version für Quest 2 beziehungsweise Quest 3 dabei mit knapp 37 Euro zu Buche schlägt, kostet der Titel auf Steam knapp 39 und im PlayStation Store knapp 40 Euro. Für Sonys Headset soll im kommenden Februar zudem eine physische Version veröffentlicht werden.
- Meta Store
- PlayStation 5
- Steam
- Teils überzeugender Nahkampf mit verschiedenen Waffen
- Sehr wenige, aber aufregende Höhepunkte im Kampf mit den Behemoths
- Teils interessantes Erkunden mit Greifhaken
- Sehr geradliniger Verlauf mit wenig Abwechslung, auch im Kampf mit den Kolossen
- Mitunter fehlerhaftes Gegnerverhalten sowie seltsam leicht zu besiegende Feinde
- Ungenaues Hantieren am virtuellen Gürtel und teilweise auch im Kampf
- Kein wirklich schrittweises Umsehenun
- Schwache Erzählung mit weitgehend uninteressanter Geschichte
Wobei daran auch das seltsame Umsehen schuld ist. Denn während die Entwickler zwar das schrittweise Ändern der Sicht ermöglichen und man den Winkel sogar frei wählen darf, klappt die Perspektive nicht von einem Moment auf den nächsten um, sondern dreht sich lediglich sehr schnell in die gewünschte Richtung. Genau diese Drehung will man aus Gründen des VR-Wohlseins doch aber vermeiden! Umso seltsamer, dass die Drehgeschwindigkeit laut Menü zwar einstellbar, diese Option allerdings ausgegraut ist.
Abgesehen davon habe ich es häufig nicht geschafft, meine Waffe zu greifen, obwohl sich die Hand an der richtigen Stelle des virtuellen Gürtels befand. Stattdessen gab mir das Spiel dann mehr als einmal einen Heiltrank in die Hand, weil der sich quasi vor der Gürtelschnalle und damit in unmittelbarer Nähe der Waffen befindet. Gerade, wenn man mit der rechten Hand die Waffe an der linken Seite greifen möchte und umgekehrt (also, wie man es in Wirklichkeit oft tun sollte), funktioniert das System für mich zumindest auffallend schlecht.
Skydance’s Behemoth im Test – Fazit
Falls es euch reicht, auch in VR sehr geradlinige und vertraute Action zu erleben, dann ist Behemoth ein anständiges Action-Adventure mit coolen Höhepunkten, bei denen man sich an den titelgebenden Giganten festklammert. Nur sind das sehr seltene Höhepunkte in einem sonst eher spröden Abenteuer. Spaß macht vor allem der Einsatz des Greifhakens – gekontert wird das leider von Unstimmigkeiten in Sachen KI, während der Kampf stets dasselbe und mitunter sogar fehleranfällig ist. Der titelgebenden Prämisse wird Skydance’s Behemoth damit in keiner Hinsicht so richtig gerecht.
Skydance’s Behemoth | |
---|---|
PRO | CONTRA |
| |