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Sonic Colours

Die bunte Renaissance des Igels

Während die Schweine am Fenster gemütlich vorbeiziehen und in der Hölle Eiskunstlauf angeboten wird, sitze ich vor meiner Wii und kann kaum glauben, dass ich zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit mit einem aktuellen Sonic-Spiel richtig viel Spaß habe. Natürlich meine ich Sonic 4, den Schluckauf von gestern, genannt Sonic Free Riders, vergessen wir lieber schnell wieder.

Nach einem Weilchen wird auch klar, wie Sonic Colours dieses Wunder hinbekam. Es konzentrierte sich auf das Wesentliche. Hüpfen und Rennen. Keine seltsamen Randfiguren. Keine nicht abbrechbaren Endlos-Filme. Keine Werigel. Nachdem scheinbar diese Designentscheidung gefallen war, schaute man sich ein paar Geschichten an, die das seit 30 Jahren bewährte und bodenständige Konzept auflockern könnten.

Offensichtlich durfte es nichts sein, was zu tief in das eigentliche Spieldesign eines Sonic-Titels eingreift, aber doch weit genug geht, um Colours den Vorwurf zu ersparen, lediglich ein Sonic 4 anderen Namens zu sein. Das Ergebnis sind Zusatzfertigkeiten. Um diese rankt sich eine kleine, im Endeffekt relativ irrelevante Geschichte mit Aliens, die Sonic diese Kräfte geben. Im praktischen Einsatz verwandeln sie die Welt von Sonic Colours mit jedem Spieldurchgang.

Selbst wenn der spielerische Anteil der 3D-Einlagen immer noch nicht ganz überzeugt, schön anzuschauen sind sie allemal.

Im ersten Durchlauf der ersten Stages habt ihr noch keine dieser Fertigkeiten. Hüpfen, Rennen und der Homing-Angriff. Das war es. Was ihr allerdings schon sehen könnt, sind verteilte leere Container an bestimmten Stellen. Im Laufe des Spiels befreit ihr immer wieder eine neue, farbcodierte Aliensorte, die dann diese Behälter füllt und benutzbar macht. Ein weiterer Besuch in schon bekannten Stages lohnt sich nicht nur punktetechnisch, er macht in der Regel sogar mehr Spaß als der erste Durchgang, der mitunter schon mal in 30 Sekunden absolviert war.

Habt ihr jedoch erst einmal die erste Fertigkeit, Sonic für ein paar Sekunden in einen Lichtstrahl zu verwandeln und ihn so durch in paar Prismen zu jagen, erreicht er ganz neue Orte und Hüpfmöglichkeiten. Oder er verwandelt sich in einen Bohrer und jagt durch den porösen Untergrund, wo sich neue Kammern auftun. Wie wäre es mit einem Sonic, der für kurze Zeit alles und jeden in seinem Weg fressen kann, dabei aber nicht langsamer, sondern nur größer wird? Oder als Rakete durchstartet und so neue Höhen erreicht, aus denen er per Gleitflug frische Plattformen erobert.

Jede der acht verschiedenen Fertigkeiten funktioniert schlicht und ergreifend, weil sie nur Sekunden dauern und in erster Linie dazu gedacht sind, neue Bereiche in einer Stage zu entdecken. Nichts davon zieht sich als fehlgeleitetes Gimmick durch das ganze Spiel, wie es zum Beispiel beim Schwert in Sonic & The Black Knight der Fall war. Hier wird einmal kurz an der Mote gewackelt und schon geht es los. So schnell wie es kam, ist es wieder vorbei - und die erstaunliche hohe Spielbarkeit des normalen Sonic-Designs übernimmt wieder das Ruder.

Das betrifft allerdings immer noch weit mehr die 2D – oder, um genau zu sein, „2,5D" – als die 3D-Abschnitte. Grob geschätzt zwei Drittel bis drei Viertel des Spiels finden aus der Seitenperspektive statt, der Rest wird im Sinne der Sonic-Adventures durchpflügt. Glücklicherweise spielt es sich besser als dessen Orka-Sequenz im Blindflug, nur so ganz klappt die in 2D garantierte Kontrolle dann doch noch nicht. Immer noch etwas zu hektisch in der Steuerung, mehr Show als konstruktives Spiel. Man machte Fortschritte bei der Gestaltung, aber die spielerischen Highlights liegen definitiv eher im ausgetüftelten Design der „normalen" Abschnitte verborgen.

Dafür sind die 3D-Passagen technisch phänomenal. So wie das ganze Spiel die Wii-Hardware ordentlich tritt und etwas Hinreißendes in 480p auf den Screen zaubert, das sieht man wirklich nicht jeden Tag. Das ist ein Spiel, das eine talentierte Umsetzung auf die höher aufgelöste Konkurrenz verdient hätte. Und kein Wiiler muss sagen, dass es ja nicht ginge. Die Mote-Steuerung bleibt komplett optional und die meiste Zeit habe ich Sonic mit dem Classic-Controller gespielt. Hier SEGA, ein Extra-Sternchen für dessen Unterstützung. Hat mich gefreut, habt ihr euch verdient.

So oder so, eine der frühen Szenen in 3D blieb am längsten Hängen: Sonic springt zwischen einer Raumschiffflotte hin und her und eine der Plattformen, auf die er zusteuert, ein weiteres Riesenraumschiff, schält sich gerade aus dem Hyperraum. Diese Szene illustriert schön die Probleme der 3D-Sequenzen. Sie sehen hinreißend aus und funktionieren als Farbrausch, SEGA-Style, perfekt. Aber vielmehr als nach vorne Drücken ist da nicht dabei. Also durch, genießen und gespielt wird dann ein paar Sekunden später wieder.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Sonic Colours

Nintendo Wii, Nintendo DS

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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