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Spec Ops: The Line - Hinter den Kulissen - Grafik und Art Design

Von der Idee zum Spiel: Die Entwicklungsgeschichte im Detail - Teil 3: Wüstensand und Nolan North: Sound & Synchronisation

- Spec Ops: The Line - Hinter den Kulissen - Gameplay
- Spec Ops: The Line - Hinter den Kulissen - Grafik & Art Design
- Spec Ops: The Line - Hinter den Kulissen - Sound & Synchronisation

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Mathias Wiese trifft sich mit uns, um über die optische Seite von Spec Ops: The Line zu sprechen. Der Yager-Mitgründer ist Lead Art Director und Concept Artist des Titels und erinnert mich gleich mit seinem ersten Satz an eine interessante Tatsache. "Wir haben sehr lange an unserer eigenen Engine gearbeitet, für unser erstes Game". Aber natürlich. Yager war damals, 2003 und eigentlich schon davor, auf der ersten Xbox ein Titel, der vor allem durch seine opulente Grafik für Aufsehen sorgte und Yager als technisch beschlagene Entwickler etablierte. Da wundert es ein bisschen, dass man von der eigenen Engine nie wieder etwas hörte.

"Die gesamte Konsolen-Transition war für uns eine harte Zeit und Übergangsphase, wo wir auch gemerkt haben, wir brauchen eine Engine, für die wir leichter Talente finden. Leute, die uns damit helfen können, ausgebildet sind. Es gibt viel mehr Leute, die die Unreal Engine beherrschen als unsere eigene", erinnert sich Wiese. Die Vorteile liegen auf der Hand, ist die seither mehr oder weniger zum Standard gewordene Epic-Technologie doch für Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit bekannt. "Das war ein wichtiger Schritt für das Projekt. Und das ging dann auch sehr schnell. Man kann sehr schnell darauf entwickeln, Prototypen machen, auch Multiplayer".

Die eigentliche Umstellung der eigenen internen Abläufe machte einen beachtlichen Anteil der Arbeit in der Findungsphase vor "dem Spiel nach Yager" aus. "Vieles war Pipeline-Arbeit, Pipelines umstellen, sich neue Workflows aneignen". Und dann kommt noch eine weitere Eigenheit der Unreal Engine 3 hinzu. "Level, die man in der sogenannten Greybox von UE3 baut, existieren halt sehr, sehr lange nur als Greybox-Level und sind nicht wirklich präsentabel". Bis die grauen Raummodelle anfingen, sich visuell den opulenten Konzept-Zeichnungen anzunähern, die überall im Büro die Wände zieren, verging eine "superlange" Zeit, so Wiese.

Um so zu arbeiten, brauche man nicht nur viel Fantasie, sondern auch schlicht und ergreifend "viel Konzept-Zeit um drüberzupainten über die Sachen und die Asset-Planung zu machen. Der Hauptgrund war aber wirklich, man findet mit Unreal leicht internationale Leute, die auch schon damit gearbeitet haben." Während der über vier Jahre seit dem Start der Produktion ist die Konkurrenz natürlich nicht auf der Stelle getreten. Und so fragt man sich natürlich, wie es die Grafikabteilung hinbekommt, das Spiel über die komplette Entwicklungsdauer hinweg auf einem optisch aktuellen Stand zu halten. Die grafischen Standards zu der Zeit, als Spec Ops: The Line von der Vorproduktion in die Entwicklung ging, liegen Welten von denen entfernt, die wir heute noch als ansehnlich empfinden.

Auch hier half die potente Middleware von Epic - zumindest was die reine technische Seite angeht. "Die Engine bekommt ihre Updates und wir 'mergen' damit immer, um an die neuen Technologien zu kommen. Wir haben zwischendurch das Beleuchtungsmodell geändert und verschiedene Post-Process-Lösungen ausprobiert." Doch die implementieren sich auch nach einer Übernahme der neuen Features aus Epics Technikpool nicht von alleine. Zudem kam Yager auch nicht umhin, eigenen Code zu schreiben, um gewisse Resultate zu erzielen, was in einigen Bereichen wieder ein eigenes Problem mit sich brachte: "Irgendwann kann man nicht mehr 'mergen' und muss dann seine eigenen Sachen weiterpflegen."

Mathias Wiese, Yager-Mitbegründer und Art Director von Spec Ops: The Line

Glücklicherweise hatte die Grafikabteilung alle Zeit der Welt: "Wir haben einfach die Zeit gehabt, denn sehr viel Entwicklungsarbeit steckt auch in der Story und den Änderungen daran. Die Geschichte war so sehr im Fokus, ihr wurde immer Vorrang gegeben, was uns im Gegenzug die Zeit verschaffte, immer mehr zu polieren und immer öfter drüber zu gehen." Auch wenn es anders gewesen wäre: Wenn es um die Gestaltung geht, scheint Wiese aus gutem Grund kein Freund übertriebener Eile zu sein: "Man kann natürlich immer 'rushen', ein Spiel schnell produzieren. Es ist leicht, eine Lagerhalle zu bauen oder einen Hafenlevel oder ein Bürogebäude. Wir haben dagegen sehr viel Abwechslung im Spiel und ungewöhnliche Level, die natürlich nicht so Cover-Shooter-typisch sind."

"Das Art Polishing ist ein unverhältnismäßig großer Aufwand bei diesem Spiel, der jetzt eigentlich nicht sehr vernünftig ist", erklärt Wiese verschmitzt. "Also, wenn man es jetzt von vorneherein planen würde, würde man das wahrscheinlich nicht so machen. Aber wir waren natürlich dankbar, dass wir die Zeit bekommen haben." Auf Seiten der Gestaltung habe man das Spiel auf diese Weise noch viel länger polieren können. "Viele andere müssen mit dem Polishing bei 80 Prozent aufhören. Oft ist es so, die ersten Level werden gepolished, für eine Demo oder so etwas, und dann vielleicht noch einmal am Ende irgendwas. Wir haben hingegen diesen Standard das ganze Spiel hindurchziehen können."

Wiese betont, wie wichtig es sei, "effizient" mit den Leveln "umzugehen". "Es gibt immer Szenen, wo man mehr Art reinbuttern kann und andere, wo Gameplay im Vordergrund steht. Da stecken wir dann natürlich trotzdem alles rein, was geht, um es schön aussehen zu lassen. Da wird's dann aber weniger Set-Pieces geben und weniger einzigartige Assets, die wieder sehr viel an Performance und Speicher wegfressen."

Schlägt gutes Art Design nicht immer gute Technik? "Nee, überhaupt nicht"

Mathias Wiese

Wer die Demo gespielt hat, wird bemerkt haben, dass Spec Ops: The Line über einen - zumindest in diesem Genre - recht farbenfrohen Look verfügt. Auch dieser hat sich im Verlauf der Entstehung ganz bewusst in diese Richtung gewandelt. "Das Spiel hat schon anders angefangen", beginnt Wiese. "Es war wesentlich apokalyptischer, wenn man sagen es so sagen kann. Wenn du dir das Bild anguckst [Wiese deutet auf eine Konzept-Zeichnung einer an Fallout erinnernden Ruine], das untere von den Dreien, das war so die Richtung, die wir verfolgt hatten. Das war halt düsterer. Und wir haben immer noch düstere Szenen drinnen". Im Sinne der Abwechslung habe man sich aber von diesem Ansatz abgewandt und dem Spiel mehr Farbe verliehen. "Es ist immer leichter, ein so desaturiertes Spiel zu machen, also wirklich die Regler runterzudrehen. Alles wird schön zusammengemischt, alles sieht gefällig fürs Auge aus, aber man kriegt halt auch dadurch so einen monotonen Look. Und es ist viel schwieriger, Sachen so - wie ist gleich das deutsche Wort? -"vibrant" [strahlend, lebhaft - d. Red.] zu machen."

Viel Arbeit sei darin geflossen, bewusst derartige Kontrastpunkte ins Spiel einfließen zu lassen. "Mal ist man in einem sonnenverbrannten Außenareal, dann bricht man plötzlich irgendwo ein und innen drin strahlen einen smaragdgrüne Kristallpfauen an und Leute mit bunten Kleidern laufen durch die Gegend und schießen auf einen". Es ist tatsächlich nicht der übliche grimmige Realismus, der einen hier mit runtergezogenen Augenbrauen anbrummt. Der Mut zur Farbe fällt auf, wirkt beinahe ein bisschen "videospielig".

Spec Ops: The Line - Gameplay-Video

"Ja, es geht in die Richtung. Es gibt immer mehr Spiele, die versuchen, was Farbe angeht, ein bisschen mutiger zu sein. Aber es hat beides seine Daseinsberechtigung. Die alten Flashpoint-Spiele, die habe ich schon gemocht. Alles in Grün und Grau gehalten, neblig". Eine angenehm aufgefächerte Bandbreite an Stimmungen geht aber anders. "Wir spielen halt auch sehr viel mit den Gefühlen der Leute. Der Spieler wird durch ziemlich drastische Sachen gejagt und oft versuchen wir, das zu komplementieren". Hier müssen dann Handlung, Level-Design und die Gestaltung Hand in Hand gehen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Wiese erläutert, "erst sieht man was völlig Schreckliches und ist darin gefangen und im nächsten Moment kriegt man ein Paradies vorgesetzt. Und dann gibt es die nächste Watsche. Erst beeindruckt dich eine gigantische Vista und man ist total beeindruckt und dann wird man in ein dunkles Loch gesteckt und muss da wieder rauskommen."

Gute Grafik ist schön und gut, aber auch in Bewegung müssen die Bilder und Figuren Lebendigkeit transportieren. Zu diesem Zweck engagierte man das Motion-Capture-Studio Audio-Motion in Oxford, um von Schauspielern und Stuntmen einstudierte Bewegungsläufe aufzuzeichnen und diese dann ins Spiel zu übertragen. Yagers hauseigener militärischer Berater, von dem die Entwickler vielsagenderweise nur den Vornamen - "Will" - verraten, war eigens nach England gereist, um die Authentizität der Bewegungen zu überwachen. Yagers Lead Animator Marco Röth bemerkte passend dazu mit leicht nervösem Gesichtsausdruck, dass Will "schon wusste, was er tat", als er ihm zu Anschauungszwecken demonstrierte, wie man einen unaufmerksamen Feind in einem echten Einsatz von hinten erledigen würde.

Und dann noch die Frage, bei der ein Art Designer eigentlich nur verlieren kann - und bei der Wiese trotzdem alles richtig macht: Schlägt gutes Art Design nicht immer gute Technik? "Nee, überhaupt nicht", winkt der Chef-Gestalter ab. "Das Wichtigste ist, dass Art und Technik sehr gut zusammenarbeiten. Man kann versuchen, eine noch so schöne Szene hinzubekommen: Wenn dann der erste Schuss fällt und die Framerate einbricht, dann ist das für die Katz".

In diesem artikel

Spec Ops: The Line

PS3, Xbox 360, PC, Mac

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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