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Steelrising könnte ein richtig nettes Soulslike werden

... solange einem klar ist, dass es kein Elden Ring ist.

Das hat aber auch niemand erwartet, oder? Also, dass Steelrising als unverhohlener Souls-Klon an den Meister des Fachs heranreicht. Zumal beide Spiele praktisch parallel entstanden, sodass sich Entwickler Spiders schlecht bei Miyazaki hätte bedienen können. So ist es zunächst schon mal keine offene Welt, durch die man sich hier schlägt, in einem alternativen Paris des Jahres 1789, kurz vor dem Sturm auf die Bastille.

Anders als es unsere Geschichtsbücher erzählen, hat Ludwig XVI. dort die Revolution niedergeschlagen, indem er eine Armee aus Maschinen (im Englischen Automatons genannt) auf die Köpfe der Aufständischen gehetzt hat. Feuer brennen in der Stadt der Liebe und ihre Einwohner verstecken sich aus Angst vor ihrem wütenden Herrscher.

Warum ihr trotzdem dort unterwegs sein werdet? Weil Königin Marie Antoinette ihre Kinder sucht, die in den Unruhen verlorengegangen sind, und sie deshalb ein Automaton aktiviert: Aegis. Euer Alter Ego. Ein zur Unterhaltung geschaffener, sehr gelenkiger Roboter, der später mit Waffen ausgestattet wurde, um ihn zur Killermaschine aufzurüsten. Als solcher gehorcht ihr also nicht nur der Königin, sondern werdet Stück für Stück auch vom Befehlsempfänger zum selbst denkenden Wesen, das auf seiner Reise vor knifflige Entscheidungen gestellt wird. Auch Geheimnisse und mindestens eine interessante Wendung verspricht Spiders bereits im Voraus.

Als Automaton Aegis kämpft man sich durch ein von Aufständen gezeichnetes Paris.

Ob das nicht schon zu viel vorwegnimmt? So interessant das Szenario immerhin ist, so vorhersehbar scheint mir bislang doch die Rolle der klar weiblich gezeichneten und wie eine ganz normale junge Frau sprechenden Maschine. Etwas mehr Mut zu aufrichtiger Science-Fiction hätte der Charakterzeichnung für mein Empfinden jedenfalls gutgetan. Aber gut: Allzu viel habe ich in der wenige Stunden langen Vorschau-Version letztlich nicht gesehen und gespannt bin ich allemal, wie es am 8. September weitergeht.

Wichtiger ist ohnehin, was der kommende Souls-Verschnitt auf dem spielerischen Kasten hat, und da ist vieles natürlich vertraut. Das fängt bei den festen Speicherpunkten an, die hier als All-in-One-Werkstatt sowohl zum Verbessern von Charakterwerten als auch dem Einsetzen passiver Fähigkeiten sowie zum Kauf von Ausrüstungs- und Verbrauchsgegenständen dienen. Es geht weiter beim Öffnen zunächst verschlossener Türen, die nach dem Ablaufen des halben Levels eine Abkürzung in spätere Bereiche öffnen. Und es hört weder bei der Steuerung noch den akustischen Signalen auf, die ebenfalls das Vorbild zitieren.

Die Welt ist in den ersten Stunden allerdings eine deutlich einfachere. Sie lädt mit versteckten Kisten zwar zum Erkunden ein, ist als meist rechtwinkliger Levelschlauch aber nie überraschend oder erzählerisch interessant. Ich mag das Szenario und es soll sich im weiteren Verlauf auch lohnen, mit neuen Fähigkeiten in bereits besuchte Gebiete zurückzukehren, um neue Wege zu gehen. Immerhin reist Aegis zwischen insgesamt acht Umgebungen umher, zu denen neben der anfangs ländlichen Umgebung und einem heruntergekommenen Hafenviertel auch Versailles gehört, und die überwiegend offener sein werden als die ersten Areale. Man soll dort schließlich auch Nebenmissionen erfüllen. Alles in allem scheint der Kern aber ein inhaltlich überschaubares Vorankämpfen zu sein – und ein deutlich leichteres als die Inspirationsquellen. Ich kam jedenfalls zu keinem Zeitpunkt in die Versuchung, den Hilfemodus einzuschalten, der soulige Frustmomente verhindern soll. Dazu später mehr.

Über den Greifhaken erreicht man später Areale, an die Aegis zunächst nicht herankommt.

Wie gesagt: Das Kämpfen ist vertraut, da man auch hier auf Ausdauer und den bei Treffern schnell sinkenden Gesundheitsbalken achten muss, während man mit leichten und schweren Angriffen Schaden austeilt sowie ankommende Angriffe abwehrt oder mit gutem Timing sogar kontert. Ein nettes Detail ist es dabei, dass sich Feinde gegenseitig Schaden zufügen, falls man es hinbekommt, dass ein feuerspeiender Roboter etwa genau hinter seinen Kumpel steht, der daraufhin statt Aegis in Brand gesetzt wird.

Überhaupt spielen Elementarschäden eine große Rolle, da man über Brandgranaten nicht nur den heißen Gefallen erwidert, sondern mit zum Beispiel einem Gewehr auch Kälteschaden anrichtet, der getroffene Automatons nach einigen Treffern sogar einfriert. Aegis trägt nämlich zwei Waffen, zwischen denen man jederzeit wechseln kann, was sie zu einer angenehm flexiblen Kämpferin macht.

Damit Schusswaffen nicht zu mächtig sind, ist deren Munition zum Glück begrenzt. Dennoch ist das gelegentliche Aufhalten starker Gegner ausgesprochen mächtig. Ich wünschte nur, einer der Bosskämpfe wäre dadurch nicht zur überraschend profanen Ballerbude verkommen, nachdem ich irgendwann anfing, mir immer ein paar Dutzend Schüsse aufzuheben. Vielleicht sollte Spiders die Größe des Magazins stark begrenzen, um derartige Situationen zu verhindern.

Verschiedene Elemenatarkräfte wirken sich sowohl auf Freund als auch Feind aus.

Man muss übrigens aufpassen, dass Aegis nicht selbst „erfriert“, denn um das Warten auf das Wiederaufladen ihrer Ausdauer zu verkürzen, kann man im richtigen Augenblick eine bestimmte Taste drücken. Weil man ihr auf diese Art Kälteschaden zufügt (man kühlt damit das Belüftungssystem ihrer Mechanik), sollte man das nicht zu häufig tun, da sie sonst selbst irgendwann ein paar Sekunden lang stillsteht.

Verschiedene Waffen bestimmen außerdem, wie man den robotischen Revoluzzer spielt, sprich als langsamen Bulldozer, der einen schweren Hammer schwingt, als Hellebardenträger, der seine Gegner auf Abstand hält, oder als flinken Angreifer, der mit Doppelklinge und martialischem Fächer hantiert. Diesen Charakter darf man frei entwickeln. Man sollte nur bedenken, dass jede Waffe mit bestimmten Charaktereigenschaften besonders effektiv harmoniert, und sich deshalb möglichst sinnvoll spezialisieren – schon allein deshalb, da man einmal verteilte Charakterpunkte nicht zurücksetzen kann.

Interessant ist nicht zuletzt, dass Aegis ihre Feinde kurzzeitig kampfunfähig machen kann, wenn sie ihnen binnen kurzer Zeit mehrfach Schaden zufügt. Auch verschiedene Ausrüstungsgegenstände unterstützen diese „Immobilisierung“. Sind die Maschinen so jedenfalls außer Gefecht, richtet der nächste Schlag besonders großen Schaden an, was eine gelungene Belohnung für effektives Angreifen darstellt.

Auch Fächer kann man für den Angriff nutzen, wobei jede Waffen eine Spezialfähigkeit besitzt. Das kann unter anderem das Aufladen der folgenen Attacken mit Feuer sowie der Einsatz als Schild sein.

Und schließlich noch ein Wort zu dem erwähnten Hilfemodus, denn es wird in Steelrising nur einen einzigen Schwierigkeitsgrad geben. Der ist wie gesagt nicht besonders hoch, aber wer es sich trotzdem einfacher machen will, aktiviert damit je nach Vorliebe eine in fünf Stufen regelbare Schadensbegrenzung, ein vereinfachtes Ausdauersystem, sowie vielleicht noch die Option, dass man beim Sterben verlorene Währung (hier „Anima-Essenz“ genannt) nicht erst wieder aufsammeln muss. Weil Aegis in keinem Fall mehr Schaden austeilt, muss man dann aber immer noch verstehen, wie sie ihre Feinde bekämpfen muss; die Entwickler wollen mit der Hilfe lediglich die Anzahl der Frustmomente reduzieren.

So hat Steelrising doch ein paar interessante Ideen, die mich neugierig auf das Steampunk-artige Paris machen. Die gedämpfte Souls-Herausforderung, das halbwegs unverbrauchte Artdesign und das taktisch erfreulich vielseitige Kämpfen machen Spaß, weshalb ich gespannt darauf bin, was Aegis schließlich erlebt, wenn sie im Herbst ihren eigenen Willen entdeckt und sich in einem größeren Paris dann auch freier bewegen darf. Wie gesagt: Erwartet bloß kein Elden Ring! Wie Wasser neben einem guten Whiskey könnte es den Genuss dieser Art Abenteuer aber durchaus sinnvoll ergänzen.

In diesem artikel

Elden Ring

PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PC

Steelrising

PS5, Xbox Series X/S, PC

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Über den Autor
Benjamin Schmädig Avatar

Benjamin Schmädig

Redakteur

Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.

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