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B-Boy

Immer schön im Takt bleiben

Als man mir den Test von B-Boy anbot, konnte ich mit dem Namen wenig anfangen. Ein Wikipedia-Eintrag verschaffte Klarheit: "Der Begriff Breakdance wurde in den 80er Jahren von den Medien erfunden und bezeichnet eine Tanzform, die der afro- und puertoamerikanischen Jugend der 1970er Jahre entstammt und sich für den Laien hauptsächlich durch akrobatische Merkmale auszeichnet. Die ursprüngliche und unter vielen Tänzern noch heute bevorzugte Bezeichnung lautet B-Boying. Beim Breakbeat wird der Intrumentalteil eines Musikstücks mittels zweier Plattenspieler und zweier gleicher Tracks künstlich verlängert, indem er wiederholt gespielt wird und dem Breaker dadurch eine optimale Rhythmusvorlage bietet. Hieraus entstammt das B in B-Boying, denn es steht für Break." Ah, so ist das also. Leser, die aus der B-Boy-Szene stammen, sehen mir meine anfängliche Unwissenheit hoffentlich nach. Mittlerweile hat mich die Testversion erreicht, kommen wir daher vom theoretischen Hintergrund zur Praxis und lassen einen gewissen Cool Rock, seines Zeichens B-Boy-Lehrmeister, sprechen.

Die harte Schule

Was glotzt Ihr so? Ich habe es drauf. Ehrlich.

"Yo! Du möchtest Dir den Respekt der Szene verschaffen und Dich als B-Boy etablieren. Darf ich mal lachen? Wie willst Du das bitte schaffen? Du hast zwar ein gutes Gefühl für den Rhythmus, aber noch nicht einmal die Basismoves drauf. Wenn Du Dich so auf die Straße begibst, verschaffst Du Dir keinen Respekt, Du erntest höchstens Spott. Hey, keine Panik, ich will Dich nicht abschrecken, ich will Dir helfen. Also, nimm Dir dieses Teil, diese PSP. Jetzt beweg Dich mal mit dem Steuerkreuz und drücke die Dreieckstaste. Bingo. Du führst nun den Top Rock aus. Das ist einer der Basismoves, die Du unbedingt drauf haben musst, wenn Du nicht zur Lachnummer verkommen willst. Wie? Natürlich zeige ich Dir die anderen. Hämmer jetzt mal auf "X". Hey, klappt doch gut. Nun kannst Du den Six Step. Der gehört ebenfalls zu den Grundbewegungen. Der Windmill, den Du mit "O" ausführst, auch, aber er zählt zu den Powermoves. Mach mal bitte. Respekt, Du lernst schnell. Vielleicht habe ich Dich unterschätzt. Was? Du willst noch mehr lernen. Gut, dann widmen wir uns nun dem Baby Freeze. Ja, genau, dafür musst Du auf die Rechteckstaste drücken. Blitzmerker. Hehe, da hast Du Dich jetzt gut auf den Bart gelegt. Da gehört nämlich noch ein wenig mehr zu. Versuche es nochmal. Siehst Du den Balken dort? Ok, dann halte die Anzeige darin (und somit Dich) nun im Gleichgewicht, indem Du abwechselnd die Schultertasten drückst. Für heute soll es mit dem Unterricht reichen, obwohl Du noch einiges zu lernen hast. Du kannst nämlich auch Moves aneinander reihen, um damit besonders coole Performances abzuliefern. Allerdings sind hierbei einige Feinheiten zu beachten. Bis zum nächsten Mal also."

Eine steile Karriere?

Ist beim mittleren Balken alles im grünen Bereich, hält Euer B-Boy beim Baby Freeze länger die richtige Position.

Mr. Cool Rock ist im Spiel übrigens wirklich Euer Lehrmeister. Und Ihr solltet seinen Ausführungen im Tutorial brav folgen und Sie beherzigen, denn ohne die entsprechende Basis werdet Ihr im umfangreichen, stimmigen Karriere-Modus kein Land sehen. Ein wirkliches Vergnügen sind die Anweisungen nicht, denn die deutsche Synchro des Coolios sollte wohl betont lässig rüberkommen, wirkt jedoch eher krampfhaft bemüht. Vor seinem ersten Auftritt müsst Ihr Euch zunächst einmal für einen B-Boy oder ein B-Girl entscheiden. Es stehen jeweils 5 Grundtypen zur Auswahl, die Ihr per Editor noch individuell nachbearbeiten könnt. Unter anderem könnt Ihr an Statur, Größe, Augenfarbe und den Haaren Veränderungen vornehmen. Es mag komplexere Editoren geben, aber der Umfang reicht im Prinzip völlig aus. Euer wichtigster Karrierebegleiter ist ein Computer. Auf dem meldet sich gelegentlich Cool Rock zu Wort, um Euch mit neuen Tipps zu versorgen. Einladungen zu Turnieren oder zu Einzelkämpfen gegen andere B-Boys findet Ihr ebenfalls in diesem Rechenknecht. Diese sind das Herzstück der Karriere. Im Duell gegen einen oder mehrere B-Boy(-s) gilt es, die Leistung der Kontrahenten (darunter 12 echte Stars wie Crazy Legs) zu überbieten. Die Performances finden dabei hintereinander statt und fallen extrem differenziert aus. Mal gibt’s einen Wettbewerb, der sich auf das Element Top Rock konzentriert. Mal stehen Freezes auf der Agenda. Andere Competitions wiederum erwarten von Euch, möglichst viele Elemente geschmeidig miteinander zu kombinieren. Macht Ihr Eure Sache besonders gut, verfeinert Ihr damit bestehende Moves oder erhaltet nach einem Battle neue Techniken (Headstand, Turtle etc.), die Ihr dann in Euer Move Book übernehmen könnt. Die Optimierung der Fähigkeiten und die Jagd nach Turniermedaillen erstreckt sich über 21 abwechslungsreiche Schauplätze. Unter anderem werden Häfen, Kanalrinnen, Stadtparks, Türme und U-Bahnschächte in Tanzflächen verwandelt. Auf die Ohren gibt es dabei reichlich - der abwechslungsreiche Hip-Hop/Funk-Soundtrack beinhaltet 40 lizensierte Stücke. Unter anderem von den Black Eyed Peas, den Alkaholics oder Cymande. Zusätzlich zur Karriere hat Entwickler FreeStyleGames Netzwerk-Modi für bis zu vier Spieler sowie diverse Einzelspieler-Battles integriert.

Ich bin überrascht. Und zwar positiv. Wie Ihr ja eingangs lesen konntet, war die B-Boy-Szene mir vor diesem Test völlig fremd. Trotzdem hatte ich mit dem Sony-Titel verdammt viel Spaß. Wie soll es dann erst Leuten gehen, die aus der Szene kommen und ihrer Lieblingsbeschäftigung nun sogar auf der PSP nachgehen können? Zumal die Langzeitmotivation gewährleistet ist - es wird einige Zeit dauern, bis Ihr die verschiedenen Moves perfektioniert habt und somit die härtesten Gegner locker vom Parket bzw. härteren Untergründen tanzt. Die Umgebungen sind zwar nicht gerade spektakulär ausgeschmückt, aber immerhin abwechslungsreich und durch Anteil nehmende Zuschauer lebendig. Ein weiterer Pluspunkt also, der durch die die guten Animationen der Tanzteufel an zusätzlicher Kraft gewinnt. Wo viel Licht ist, da ist bekanntlich auch Schatten. Die langen Ladezeiten, die schon bei der Navigation in den Menüs auftreten, machen die Dancing Show teilweise zu einer Geduldsprobe. Zumal man sich die Performances der Gegenspieler ansehen MUSS und nicht abbrechen kann. Die Steuerung geht zudem etwas indirekt von der Hand, was gewöhnungsbedürfig ist. Alles in allem ist B-Boy auf jeden Fall eine frische Brise und verdient daher durchaus Beachtung.

Der ungewöhnliche B-Boy erscheint im September für PS2 und PSP.

7 / 10

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