Skip to main content
Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

The Golf Club 2 - Test

Abschlag, Sandbunker, Bogey

Mehr Realismus, weniger Spaß. Letzten Endes mehr Simulation als echtes Spiel. Für Golf-Freunde okay, aber mit technischen Schwächen.

Golf. Golf never changes. Die dazugehörigen Videospiele aber doch. So hat EA Sports beispielsweise nach einigen wirklich hervorragenden Tiger-Woods-Spielen eine Rory-McIlroy-Reihe ins Leben gerufen, die nicht im Geringsten an die zwar komplexe, aber doch einfach zugängliche Spielbarkeit der Vorgängerspiele anknüpfen konnte. Und allein das schafft sozusagen eine Art Macht-Vakuum, in das andere Entwickler mit eigenen Produkten vorstoßen könnten. Das hat der Entwickler HB Studios bereits 2014 getan. Mit The Golf Club. Womit sie nicht ganz den Erfolg hatten, der Tiger Woods vergönnt war. Aber macht nicht. Man muss mal anfangen und daraus lernen. Oder auch nicht. Denn jetzt gibt es eine Fortsetzung, die ein wenig dickköpfig wirkt. Sie bewegt sich nämlich ganz und gar auf den Schienen des Vorgängers und bewahrt dabei dessen Stärken - aber eben auch Schwächen.

Abschlag. Der folgende Ballflug verspricht, relativ gerade zu verlaufen.

Bevor das irgendwer in den Kommentaren fragt: Ich bin kein wirklicher Golfspieler, ich habe einmal im Leben ein paar Stunden in einer Art Probetraining auf dem Golfplatz verbracht und mich dabei als relativ untalentiert erwiesen. Kurzum: Ich habe mehr Erde als Bälle durch die Luft geschlagen. Allerdings habe ich in einem örtlichen Minigolfplatz mal einen relativ guten Rekord (24!) aufgestellt, aber dieser Kleinbürger-Sport interessiert natürlich wieder keinen. Wie dem auch sei, Golf fasziniert mich so oder so. Kommt ein neues Golf-Spiel, freue ich mich darauf und so gings mir auch bei The Golf Club 2, gerade weil ich das entspannte Flair des ersten Teils sehr mochte, obwohl ich mir deutlich mehr Features gewünscht hätte. Diese Features sind jetzt fast alle da. Und trotzdem: Das Spiel will bei mir einfach nicht so klicken wie damals das Tiger-Woods-Golf auf der ersten Xbox in meiner Studenten-WG geklickt hat. Ich begebe mich auf Spurensuche.

The Golf Club 2 beginnt nicht wie andere Golf-Spiele, es legt keinen sonderlichen Wert auf seine Präsentation, es wirft euch einfach direkt in ein Tutorial. Das solltet ihr auch spielen, denn sonst erschließt sich die Tastenbelegung nicht unbedingt. Ihr schlagt, indem ihr einen Analogstick eurer Wahl nach hinten und nach vorne drückt, idealerweise in einem bestimmten, perfekten Tempo, dass euch ebendieses Tutorial beibringt. Weicht ihr ein bisschen von der Ideallinie ab, verzieht das euren Schlag und der Ball landet mit Pech irgendwo im Nichts. Darüber hinaus wählt ihr natürlich zwischen verschiedenen Schlägern und auch Schlag-Arten. Mein Vorschlag: Falls ihr über mehrere Bildschirme verfügt, macht euch irgendeinen Film, eine Serie oder sonst was an, während ihr das spielt, denn die Einführung und eigentlich jeder Ballflug im Anschluss sind weder spannend noch kurz, aber doch notwendig. Der Kommentator erklärt zwar relativ glaubwürdig und freundlich, was ihr tun müsst, aber während ihr zuseht wie die Kamera über den Golfkurs fliegt, könntet ihr eben auch schon euer gesamtes Geschirr per Hand abspülen.

Little Brook Manor ist nur einer von vielen Golfkursen zwischen denen ihr euch entscheiden könnt.

Gegenüber dem ersten Teil ist aber beispielsweise das Society Feature hinzugekommen. Ähnlich wie bei einer Gilde in einem Online-Rollenspiel könnt ihr nun einen eigenen Golfclub erstellen oder einem beitreten, der bereits existiert. Und ihr könnt an Online-Turnieren teilnehmen, sofern ihr zumindest einem dieser Clubs angehört. Das Ganze funktioniert dann so ein bisschen wie ein Wirtschaftsunternehmen, denn ihr könnt tatsächlich eine Aufnahmegebühr verlangen. Wie bei einem echten Club also - wer keinen fetten BMW mit dem nötigen Kleingeld im Kofferraum auf dem Parkplatz stehen hat, kommt nicht rein. Bezahlt wird hier allerdings nicht in fetten BMWs, sondern in erspielbaren Ingame-Credits. Die gibt's beispielsweise für gewonnene Turniere. Auf dem Konto eines Clubs sammeln die sich an und können dann verwendet werden, um neue Outfits zu kaufen. Ihr wisst schon: Seit die Typen vom Golfclub nebenan ebenfalls Lacoste-Hemden tragen, sind eure nicht mehr gut genug. Dieses Feature wäre wohl nur dann ein bisschen reizvoller, wenn die im Spiel erstellten Avatare nicht so schrecklich gruslig aussehen würden. Zum berühmten Uncanny Valley kommt es erst gar nicht - diese Golf-Spieler sehen von vorneherein aus wie die missratene Design-Variante von Commander Data. Glücklicherweise seht ihr sie aber im aktiven Spiel meistens eh nur von hinten.

Trotz solcher technischer Unzulänglichkeiten - hinzu kommen übrigens teilweise bizarr lange Ladezeiten - muss man dem Spiel aber eine gewisse Praxisnähe attestieren. Ihr könnt verliebt genau einstellen, wohin ihr schlagen wollt und darüber hinaus reagiert auch die Steuerung sehr genau auf eure Eingaben. Oft habe ich einen Ball abgeschlagen und mich gewundert, warum er verzogen ist. Nur um dann durch einen Blick auf den Controller festzustellen, dass ich den Stick tatsächlich unmerklich in eine Richtung verzogen hatte - nicht spürbar, aber eben sichtbar. Die Entwickler haben an absolut alles gedacht, was es beim Golf zu simulieren gibt: Wind, Lage des Balls, Untergrund, Schläger, Drall... ich kann nicht aus dem Stegreif nicht genug golfrelevante Wörter aufzählen, um dem Anspruch dieses Spiels gerecht zu werden.

Mit euren Golfclubs dürft ihr auch Turniere spielen - und vorher die Regeln festlegen.

Eben deswegen fühlt sich The Golf Club 2 aber auch ein bisschen an wie der Fernbus-Simulator unter den Golfspielen. Der Titel imitiert genau das, was ein Golfspieler macht, er gibt sich Mühe, es möglichst genau zu simulieren. Zumindest für alle Nicht-Golf-Fanatiker geht dabei aber der Spielspaß ein bisschen verloren. Die hakelige technische Umsetzung tut ihr übriges. Die Landschaften sehen okay aus, aber gefühlt hätten sie auf der letzten Konsolengeneration eben schon genauso aussehen können. Hübsche Landschaftsansichten und effektvoll in Szene gesetzte Sonnenuntergänge, wie sie auf Golfplätzen genauso wie im Rest der Welt durchaus vorkommen - die suche ich hier vergebens.

Abwechslung gibt's dagegen durchaus. Wie schon beim ersten Teil bringt auch der zweiten einen Kurseditor mit, mit dem ihr und alle anderen Besitzer des Spiels eigene Kurse fabrizieren können. Diese Vielfalt sorgt für nahezu unendlich lange Spielbarkeit. Wenn ihr das grundlegende Spielprinzip von The Golf Club also mögt, könnt ihr euch auf einer einsamen Insel mit dem Spiel einrichten, zumindest, falls die Insel WLAN hat. Der Editor selbst ist nach wie vor nicht gerade leicht zugänglich, aber mächtig. Wer mag, baut hier seinen Traumkurs.

Dieser Put dürfte sein Ziel ohne Probleme erreichen.

The Golf Club 2 ist eine zwar generell eine legitime Fortsetzung des ersten Teils, aber es scheint, als hätten die Entwickler sich bewusst dafür entschieden, die Kritik an ihrem Erstlingswerk nicht zu akzeptieren, sondern zu sagen: „Wir wollen das so!". The Golf Club 2 verbessert alle Features des ersten Teils marginal und fügt ein paar neue hinzu, es macht vor allem weniger Golf-affinen Spielern deshalb aber nicht unbedingt mehr Spaß. Wer The Golf Club 2 spielen will, sollte daher den Sport an sich mögen bis fanatisch lieben, denn dieser Titel ist anspruchsvoll. Umso komischer kommt mir in diesem Zusammenhang übrigens die Schlag-Steuerung via Analogstick vor. Wäre der klassische Balken da nicht genauer? Egal: The Golf Club 2 ist kein schlechtes Spiel - aber eben eins für Liebhaber.

Entwickler/Publisher: HB Studios/Maximum Games - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: 39,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4 - Sprache: deutscher Text, englische Sprachausgabe - Mikrotransaktionen: Nein

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

Verwandte Themen
Über den Autor
Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
Kommentare