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Tom Clancy's Ghost Recon: Shadow Wars

Advance Wars Fighter

Es klang ja bereits letzte Woche an: Am vergangenen Freitag kamen wir nicht umhin, Ubisoft für den fehlgeleiteten Versuch, mit Splinter Cell 3D eines der hardwarehungrigsten Xbox-Spiele eins zu eins auf Nintendos neues Handheld zu portieren, mit gerade noch sechs Punkten nach Hause zu schicken. Mit seiner speziellen Ausgabe von Ghost Recon für den 3DS beweist der Hersteller jedoch, dass er sehr wohl Mittel und Wege kennt, einer Marke gerecht zu werden und gleichzeitig exakt die richtigen Kompromisse einzugehen.

Anstatt mit Shadow Wars einen prächtigen Third-Person-Taktik-Shooter unter Tom-Clancy-Flagge auf Hosentaschenformat zusammenzudampfen, holte man sich mit X-Com-Schöpfer Julian Gollop einen Strategie-Experten zu Hilfe und legte den Fokus komplett auf den Taktik-Part der Reihe. Der wird uns folgerichtig in rundenbasiertem Format aus der Vogelperspektive präsentiert, die sich mit der Analog-Scheibe seitlich und senkrecht kippen lässt.

Überschaubarkeit und Transparenz sind weitere Schlüsselattribute, die dafür sorgen, dass der Titel nicht zu einem überkomplexen und fummeligen Abtörner für Unterwegs-Spieler gerät. Dennoch ist die taktische Tiefe der Engine mehr als nur befriedigend. Euer Kommando beschränkt sich auf bis zu sechs Soldaten mit individuellen Fähigkeiten, die gelegentlich durch eine dritte Partei unterstützt werden.

Die Auswahl ist alles in allem nicht unbedingt sonderlich clever oder inspirierend – vor allem was die Charakterzeichnung in Dialogen und Zwischensequenzen angeht, wird hier tief in die Clancy-Klischeekiste gegriffen. Dafür greifen die Fähigkeiten der Schattenkrieger auf dem in quadratische Einheiten gegliederten Schlachtfeld ausgesprochen gut ineinander. Wir haben den kantigen Marine mit Sturmgewehr, die hübsche Sanitäterin und den kolossalen Maschinengewehrschützen. Ebenso mit dabei sind der smarte Scharfschütze, die beinahe unsichtbare Infiltrationsexpertin sowie ein Ingenieur, der Gefechtstürme produziert. Jede Einheit verfügt außerdem über eine Sekundärwaffe.

Es ist außerordentlich elegant gelöst, wie Shadow Wars euch alle notwendigen Informationen auf einen Blick präsentiert. Müsst ihr bei einem geplanten Sturm auf den Feind Unterstützungsfeuer seines Kollegen befürchten, kennzeichnet dies ein auf eure Einheit gerichteter Laserpointer. Die so wichtigen Sicht- und Schusslinien sind jederzeit nur einen Tastendruck entfernt und auch darüber, in welcher Entfernung ihr eure Waffen abfeuern müsst, um den maximalen möglichen Schaden zu erzielen, bekommt ihr in Gedankenschnelle Aufschluss. Der einzige Haken der ansonsten recht ausgereiften Engine ist, dass die Schusslinien der Feinde gelegentlich nicht zu 100 Prozent nachvollziehbar sind: Ich bin schon von einem höher postierten Scharfschützen getroffen worden, obwohl ich mich an der Rückseite eines Hauses verschanzt hatte.

Neulinge dürfte der Info-Overkill zu Beginn etwas verwirren, nach nur zwei bis drei Missionen der langen Kampagne allerdings sichert diese Art der Datenvermittlung aber einen willkommen fluffigen Missionsablauf bei maximalem Taktik-Ertrag. Durch die beschränkte Anzahl eigener Einheiten und die zerklufteten Terrains mag es vielleicht nicht unendlich viele Strategien geben, die in den gut gemachten, wenn auch nicht übermäßig abwechslungsreichen Einsätzen Erfolg garantieren. Da allerdings ausgemachte Hardcore-Elemente wie Höhenunterschiede, Deckungsboni und Konterfeuer eine große Rolle spielen, sehen sich selbst hartgesottene Fire-Emblem- oder Advance-Wars-Profis dazu motiviert, zumindest die eine optimale Taktik zu finden.

Tom Clancy's Ghost Recon: Shadow Wars - Walkthrough-Video

Anders als in Gollops Referenzwerk gibt es allerdings keine wirkliche Meta-Ebene, keine Basis oder keine Oberweltkarte, auf der man die Freiheit hätte, das eigene Vorgehen selbst zu bestimmen. Stattdessen kämpft ihr euch auf eurem Feldzug gegen die ach so bösen Russen von einem Auftrag zum nächsten. Immerhin: Ihr wählt vor einer Mission, auf welchen Schwierigkeitsgrad ihr sie angehen möchtet. Die so verdienten Sterne steckt ihr im Anschluss an den Einsatz in die recht lineare Verbesserung eurer Untergebenen. Ein simpler Vorgang, der durch den ständigen Zwiespalt zwischen Spezialisierung einer Figur oder der gerechten Verteilung der Punkte auf mehrere aber motivierend genug umgesetzt ist.

Rein optisch wird hier wenig Herausragendes geboten. Das 3D erfüllt seinen Zweck, die stilisierte Optik wie einen Schaukasten eines kriegsverrückten Modellbauers wirken zu lassen, allerdings ganz gut. Die Animationen sind leider etwas sparsam, die Figuren-Modelle ein wenig grob umrissen. Dennoch bieten einige Effekte wie Nebel und Feuer ansehnliches Niveau. Leider verzichtete Ubisoft auch darauf, Online-Mehrspielerkomponenten anzubieten. Nichtmal lokal darf eine drahtlose Verbindung mit anderen Taktikern aufgebaut werden. Stattdessen muss man auf einen lahmen Hot-Seat-Modus zurückgreifen, was für meinen Geschmack doch ein bisschen zu nineties ist.

Tom Clancy's Ghost Recon: Shadow Wars ist kein fehlerfreies Spiel und mit ein wenig mehr Konkurrenz in den kommenden Monaten und Jahren ist es nur eine Frage der Zeit, wann es seine Halbwertszeit erreicht hat. Aktuell ist es aber trotzdem einer meiner Lieblingstitel auf dem 3DS – und das nicht nur wegen des X-Com-Bonusses, der durch den Briten Gollop quasi ab Werk mit im Spiel verbaut ist. Die Taktik ist anspruchsvoll, einige Missionen – besonders die, in denen man Kommandopunkte halten muss, um Luftangriffe und dergleichen freizuschalten – sind richtig spannend und die Präsentation im genreüblichen Rahmen vollkommen in Ordnung. Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich mit einem rundenbasierten Taktikspiel so viel Spaß hatte.

Insofern hat Shadow Wars das durch seinen Titel selbst auferlegte Schattendasein absolut nicht verdient – es ist die logischste und konsequenteste Verlängerung einer bekannten Marke auf einen Handheld seit einer ganze Weile.

Tom Clancy's Ghost Recon: Shadow Wars ist bereits erhältlich.

8 / 10

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