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Trine 3: Elements of Power und der Sprung in die 3. Dimension

Bevor man Rennen und Springen lernt, strauchelt man.

Trine 3 wirkt auf den ersten Blick wie ein Fremdkörper in Steams Early-Access-Programm. Was hat der dritte Teil eines physikbasierten Plattformers da zu suchen? Sollten die Finnen von Frozenbyte das Konzept nicht mittlerweile gut genug im Griff haben? Und überhaupt hält sich der Wiederspielwert eines derart linearen Titels doch in engen Grenzen. Wieso sollte man einen Teil seiner User-schaft schon jetzt mehrfach durch die Rohbauten der sonst so perfekt durchgestalteten Bilderbuch-Level schicken und so riskieren, dass sich eine gute Portion der treuesten Fans noch vor Veröffentlichung des Spiels reiflich entzaubert?

Wie sich herausstellt, hatten die Entwickler allen Grund, denn Trine folgt zwar weiter der Formel der drei Helden, zwischen denen man nach belieben wechselt - Diebin, Ritter, Magier -, löst sich aber erstmals vom strengen Rechts-nach-links, das die Reihe bisher definierte. Richtig, Frozenbyte wagt den Schritt in die Tiefe des Raumes. Und wie jeder weiß ist die dritte Dimension eine Bühne, auf der schon ganz andere gescheitert sind. Mit der zusätzlichen Bewegungsachse stellen sich in Sachen Leveldesign und Steuerung ein paar Fragen, auf die sich die Entwickler sichtlich ein paar gute Antworten erhoffen. Wer soll die einem schon geben, wenn nicht eingeschworene Freunde der Reihe, die bereit sind, das Spiel schon früh ungeschminkt und mit allen Warzen zu erleben?

Mit welcher Regelmäßigkeit einem das Spiel die Sprache verschlägt, ist schon allerhand.

Neben ein paar Challenge-Leveln schlägt man sich in der aktuellen Version durch etwa zwei Stunden der Kampagne und muss feststellen, dass es noch so einige Baustellen gibt. Was damals wundervoll flüssig verlief, weil man zum Beispiel mit der Diebin stufenlos in 360 Grad um sich zielte, fühlt sich in 3D schon mal komisch an, wenn man den Zielcursor zwar eigentlich nur auf X- und Y-Achse des Monitors verschiebt, die Spielfigur sich aber dabei um ihre Längsachse dreht. Der Computer interpretiert dann, ob ihr etwa einen Gegner über der verschleierten Schönen treffen wollt oder einen, der einfach nur etwas weiter in der Tiefe des Raumes wartet.

Das zieht sich durch alle Charaktere, weil etwa der Ritter damals seinen Schild auch nach oben halten konnte, was nun augenscheinlich nicht mehr vorgesehen ist. Auch hier geht es wie bei einem Twin-Stick-Shooter in 360 Grad um die Längsachse des beliebten Haudraufs. Und der Zauberer verschiebt seine Kisten zum Beschweren von Plattformen und Wippen nun auch in die Tiefe (Q & E an der Tastatur), was zum Beispiel das Zerstampfen der Gegner mit den telekinetisch bewegten übergroßen Briefbeschwerern zu einer Geduldsübung macht. Der Wechsel zum Controller scheint naheliegend, vor allem, weil stufenlose Rundumbewegungen mit analogen Sticks einfach besser gelingen als mit WASD, aber dann muss man im Gegensatz zur Kombi aus Maus und Keyboard stehen bleiben, wenn man etwa als Spitzhut Amadeus Gegenstände in den Vorder- oder Hintergrund verschiebt. Und auch die situative Genauigkeit bei Telekinese-Manövern mit verschiedenen Objekten geht ein Stück weit verloren.

Physik- und Schalterrätsel werden zwar nicht jünger, wie alles immer schön auf euer Wirken reagiert, nutzt sich aber trotzdem noch längst nicht ab.

Ihr seht schon, Trines vielfältige, fast Sandbox-artigen Möglichkeiten - neuerdings verbindet die Diebin mit ihrem Greifhaken auch zwei Objekte, was für einige interessante Knobeleien und einige verblüffend realistisch wirkende Physikspielereien gut ist - lassen sich nicht ohne Weiteres in den 3D-Raum übersetzen. Dass Frozenbyte hier den Dialog mit denjenigen sucht, für die sie das Endprodukt letztlich machen, ist nur verständlich, so befremdlich es zunächst auch war, das Trine-Logo in Steams Early-Access-Sparte zu entdecken.

Bei allen deutlich spürbaren Herausforderungen, die diese Neuausrichtung mitbringt, muss man eingestehen: Was den Entwicklern bis hierhin gelingt, gelingt ihnen ausnehmend gut. Und zwar zu einem Grad, der belegt, dass ein drittes 2D-Trine eine schlechte Idee gewesen wäre. Wenn sich die Diebin mit ihrem Greifhaken entlang einer Serie weit auseinander liegender Ankerpunkte eine Schlucht hinunterstürzt, der Ritter eine Wand im Hintergrund im Schweinsgalopp durchbricht und die Puzzles nicht länger nur auf der lateralen Ebene fordern, schlägt Trine 3 größtmögliches Kapital aus der neuen Räumlichkeit. Wenn alles klappt, wie gedacht, fühlt sich das schon jetzt auf eine Art toll an, die einem signalisiert: Alles wird gut!

Der Bosskampf gefällt mit einer seichten, aber interessant und visuell hochkarätig gelösten Demontage des riesigen Biestes.

Es ist natürlich hilfreich, dass Frozenbyte sich in Sachen Optik noch einmal deutlich steigern konnte und die fantasievollen, wenngleich etwas klischeebelasteten Landschaften und Bauten malerischer nicht sein könnten. Wahllos hämmerte ich auf die "Screenshot"-Taste und eigentlich kam immer etwas dabei heraus, das sich problemlos als verträumter Desktophintergrund nutzen ließe. Darüber hinaus tut das 3D auch dem Erkundungsfaktor ausnehmend gut. Man hat nun noch mehr das Gefühl als zuvor, sich tatsächlich durch verlassene, gefährliche Orte zu knobeln. Die Suche nach versteckten Gegenständen, die vielleicht nur hinter der letzten Ecke versteckt sind, motiviert schon jetzt, seine Nase überall hineinzustecken.

So schwer es fällt, Trine 3 in dieser Form zu empfehlen, so nimmt man Frozenbyte also letzten Endes nicht übel, dass sie diesen Weg wählten. Dieses Spiel ist eine Alpha im Wortsinne, Lust und Frust liegen noch eng beieinander. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass jeder, der mitmacht, das fertige Spiel nicht mehr ganz so sehr genießen können wird, wie diejenigen, die es sich verkneifen, jetzt schon einzusteigen. Ich persönlich lege Trine 3 fürs Erste zur Seite und steige zur Veröffentlichung wieder ein. Das, was ich bisher sah, versprühte auch über seine kaum zu verschleiernden Macken hinweg noch schubkarrenweise Zauber, dem man sich nur schwer entziehen kann. Nur noch ein wenig Geduld noch.

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