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Valkyria Chronicles II

Krieg im Taschenformat

Eigentlich hätte SEGAs Valkyria Chronicles 2008 das ganze japanisch geprägte Strategie-Genre auf Konsole wachrütteln müssen. Immerhin hat sich da im Prinzip seit Tactics Ogre und Final Fantasy Tactics nichts Entscheidendes mehr getan. Praktisch jedes Konsolen-Taktik-Spiel folgte seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre mehr oder weniger präzise den Vorgaben von Yasumi Matsunos Taktik-Meisterwerken. Isometrische Szenarien, knuffige Helden, rundenbasierte Züge... egal ob sie nun Disgaea, Phantom Brave, Suikoden Tactics, Luminous Arc oder Agarest heißen, überall sieht der Kenner die spielerische DNA der SNES- und PSone-Klassiker.

Nicht so jedoch bei Valkyria Chronicles. SEGA packte hier die schweren Geschütze aus und zeigte sich in einer Form, wie man sie seit Dreamcast-Zeiten nicht mehr gesehen hat. Großartige Präsentation, frisches, innovatives Gameplay, ein neuartiger Grafikstil und vor allem jede Menge Feintuning – da mögen sich notorische Japan-Verächter noch so sehr über das Charakterdesign, die langen Zwischensequenzen und den warm-freundlichen Wasserfarben-Look aufregen, selbst der größte Nörgler kommt nicht umhin, die kreative Leistung anzuerkennen, die SEGA bei Valkyria Chronicles vollbracht hat.

Sogar die Verkaufszahlen passten irgendwann: In Japan lief das Spiel ohnehin gut und in den USA entwickelte es sich zu einem klassischen "slow burner", ein Spiel, dass zwar kaum in den vorderen Plätzen der Top 10 zu finden ist, dafür aber über einen längeren Zeitraum vor allem dank Mundpropaganda seine Käufer findet. Diesem Umstand haben wir dann wohl auch den West-Release von Valkyria Chronicles II zu verdanken. Gut, bereits die Wahl der PSP als neue Plattform macht deutlich, dass SEGA hier wohl weniger risiko- und investitionsfreudig war als beim beeindruckenden PS3-Erstling, trotzdem haben sich die Entwickler nicht lumpen lassen und entlocken dem kleinen Handheld Leistungen, die man ihm kaum zugetraut hätte.

Die beiden entscheidenden Elemente von Valkyria Chronicles – der Wasserfarben-Grafikeffekt und das innovative Kampfsystem – wurden fast ohne Abstriche auf die PSP übertragen. Das grundlegende Gameplay ist das gleiche wie auf der PS3. Ihr wählt auf einer schlichten Übersichtskarte eine Einheit und sofort seid ihr mitten im Geschehen. Jetzt steuert ihr eure Figur fast wie in einem Actionspiel. Ihr lauft über das Schlachtfeld, werdet von Gegnern ins Kreuzfeuer genommen und sobald ihr bereit zum Angriff seid, hält die Zeit wieder an, damit ihr in Ruhe zielen könnt. Pro Zug kann eine Figur allerdings nur eine begrenzte Entfernung zurücklegen und nur einmal agieren.

Je nach Klasse unterscheiden sich Reichweite, Panzerung, Angriff und Fähigkeiten. Ein Scout ist flink, aber nur leicht bewaffnet, ein Shock Trooper kann dagegen weniger weit laufen, ist aber im Angriff brandgefährlich. Aus fünf Anfangsklassen – Scout, Shock Trooper, Lancer, Mechaniker und der neue schwer gepanzerte Nahkämpfer – verzweigen sich im späteren Spielverlauf noch die fortgeschrittenen Jobs, auch der nützliche Sniper muss dieses Mal erst erspielt werden.

Valkyria Chronicles II - Trailer

Um die PSP nicht vollständig zu überfordern, gingen die Entwickler zwei Kompromisse ein. Zum einen sind die Kampffelder weit kleiner als die des Vorgängers, epische Massenschlachten sucht ihr hier vergebens. Dafür erstrecken sich die Kämpfe jetzt oft über mehrere voneinander getrennte Karten. Trotzdem hätte den Kampffeldern etwas mehr Abwechslung gut getan, viele der Standardmissionen finden immer wieder in den gleichen Arealen statt, dafür sind die Schlachtfelder in den Story-Missionen sehr hübsch gestaltet.

Ebenso wurde die Anzahl der Einheiten stark reduziert, auf der PSP könnt ihr nur mit sechs Soldaten antreten – das ändert euer taktisches Vorgehen im Gegensatz zum Vorgänger natürlich ein gutes Stück. Habt ich aber das System erst einmal durchschaut, dann sind die meisten Kämpfe sehr einfach, das liegt nicht zuletzt an der schwachen Gegner-KI. Die hält den simplen Sturmangriff immer noch für cleveres Vorgehen und verheizt schon mal gerne ein paar Einheiten in eurem Sperrfeuer.

Trotzdem macht Valkyria Chronicles II in den Kämpfen einfach nur Spaß. Hier verschiebt ihr nicht lediglich Einheiten, ihr seid mittendrin im Kampf. Taktik beschränkt sich hier nicht auf "von hinten angreifen macht mehr Schaden", sondern beinhaltet tatsächlich Entscheidungen wie "verlasse ich die Deckung?", "Kann ich hier durchs Fenster schießen?" oder "Riskiere ich einen Angriff, auch wenn die Trefferchancen eher gering sind?" Insbesondere der neue Mehrspielermodus, in dem ihr kooperativ oder gegeneinander antreten könnt, sorgt für langfristige Motivation.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Thomas Nickel

Autor

Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.
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