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Warhammer 40.000: Eternal Crusade - Test

WAAAAAAAAAGÄÄÄÄÄÄÄÄHHHN!

Unfertig und uninspiriert wirkender Shooter. Allein sein Szenario hebt ihn von der Konkurrenz ab - und selbst hier wäre mehr dringewesen.

So kann Early Access nach hinten losgehen: Einst als MMO-Shooter im Warhammer-40K-Universum angekündigt, das Vergleiche mit einem massiven Giganto-Kriegsspiel wie Planetside 2 bemühte, schrumpfte die Vision von Eternal Crusade immer weiter in sich zusammen, weil die Entwickler den Spaß in ihrem eigenen Fahrstuhl-Pitch nicht fanden. Heute ist das Spiel ein recht uninspirierter Arena-Shooter für aktuell bis zu 60 Spieler mit Kontrollpunkten über Kontrollpunkten und nichts, was nach einer zusammenhängenden, umkämpften Welt aussähe. Trotzdem steht es im Steam Store immer noch irreführenderweise in der MMO-Kategorie. Und während Planetside 2 schon immer free-to-play war, kostet die Möchtegern-Version mit 40K-Skin satte 50 Euro.

Nun gut, wie aus Träumen manchmal Schäume werden, gerade in der Spieleentwicklung, ist hinlänglich bekannt. Spätestens in der Beta ließ Behaviour Interactive die Hosen runter und spielte mit offenen Karten, man wusste, was das hier werden würde. Aber das Bild, das das Studio im Vorfeld von seinem Titel pinselte, und die blanken Tatsachen klaffen doch recht weit auseinander.

Während das Spiel technisch und in Animationen meist nur Durchschnitt ist, kann die grundlegende Gestaltung in Sachen Authentizität durchaus punkten. Die Schlachtfelder wirken tatsächlich wie in der Tabletop-Vorlage.

Wie das aussieht? Nun da helfen ein paar Vergleiche, die mehr mit der Realität zu tun haben als mit frommen Wünschen. Das hier ist eher Battlefield mit Orks, Eldar und Space Marines - und hier auch in erster Linie der Conquest Modus. Eine Burg oder viele kleinere Festungen, 30 Mann oder Frau mit verschiedenen Loadouts und passiven Perks auf jeder Seite, dazu ein paar Panzerfahrzeuge und Geschützstellungen. Man kennt das zur Genüge und rennt dann in das gegnerische Feuer und den Haltepunkten entgegen.

Die ach so umkämpfte Weltkarte ist keine wirkliche Meta-Ebene, auf der man einen Krieg verfolgt, oder es kommt einem nicht so vor. Schließlich wird man immer in eine beliebige Partie geschmissen, anstatt sich eine Schlacht auf der Karte auszusuchen. Insofern ist der komplette Map-Bildschirm eher Schmu, die in den Farben der vier Fraktionen eingefärbten Territorien Augenwischerei. Denn wenn man ehrlich ist, dann spielt man so oder so immer eine von neun Karten aus einer gefühlt beliebigen Rotation. Die eingezeichneten Gebiete symbolisieren zumindest nicht sichtbar ihr jeweils eigenes Schlachtfeld, auf dem ihr dann in den Kampf zieht. Fürs Weltgefühl tut das wenig. Und natürlich predigt Behaviour immer noch viel davon, was man alles nach dem Launch noch hinzufügen will, aber für einen Teil der Warhammer-Fans hat sich das Spiel bereits im Early Access totgelaufen.

Das Spiel versammelte auf Steam gestern in der Spitze 1200 User auf sich, durchschnittlich nur etwas mehr als 800, die sich auf die 60-Leute-Schlachten, kleinere "Skirmishes" und den Horde-artigen PVE-Modus gegen Tyraniden, über den man in Zeiten, in denen man zwei aktuelle Gears-of-War-Spiele (den vierten und die Ultimate-Neuauflage von Teil eins) kaufen kann, besser den Mantel des Schweigens ausbreitet. Verzeiht, wenn ich hier den Teufel an die Wand male, aber das ist keine "Basis, auf der man aufbauen kann", kein Fundament für einen Vollpreistitel, der sich mit vielen, vielen nicht mal ausschließlich kosmetischen Mikrotransaktionen zum dauerhaften Verdiener entwickeln soll.

Die Klassen innerhalb unterscheiden sich im erwartbaren Rahmen ordentlich, in jeder Fraktion gibt es dann aber im weitesten Sinne Entsprechungen der unterschiedlichen Kampfrollen.

Neben den allmählich eingedampften Ambitionen des Spiels sind es auch die inneren Werte, die einfach an Schmissigkeit vermissen lassen. THQs Space Marine von 2011 bot bessere Bewegungsabläufe, knackigere Kämpfe und höhere Produktionswerte. Ein Multiplayer-Platzhirsch wie Battlefield mischt mit dem Aiming, der hakeligen Fortbewegung und den aus der Zeit gefallenen Animationen mit links den Boden auf. Und dann kommen noch die Balance-Probleme hinzu. In vielen Matches muss man lange Laufwege zurücklegen, wenn man gerade nicht auf seinem Squad spawnen kann. Dann dauert es, bis man wirklich ins Gefecht kommt, nur um urplötzlich von einem Scharfschützen oder einem Geschützturm weggepustet zu werden.

In der Mitteldistanz ist das Trefferfeedback dann so schwach und das Aiming nicht griffig genug, um sich satt und befriedigend anzufühlen. Eher statisch und kraftlos, was gerade bei dem Setting sehr enttäuscht. Und dann kommt auch schon einer aus dem toten Winkel und rotzt einen mit zwei, drei Schlägen des Kettensägenschwerts in Stücke. Fühlt sich toll an, wenn einem das selbst mal wieder gelingt, weil Übersicht keine Währung ist, in der Eternal Crusade handelt. Hat aber mit gutem Gefechtsdesign nichts zu tun. Es ist hektisch, in Sachen "Look and Feel" deutlich klappriger als es 2016 zu 49,99 Euro sein sollte und in keiner Kampfdisziplin so richtig austariert. Spielbar, zweifellos, manchmal sogar passabel aber "wirklich gut" geht anders.

Dass die begrenzt verfügbaren Fahrzeuge, die die meisten Spieler sich einfach allein unter den Nagel reißen und abdüsen, anstatt auf Mitfahrer zu warten, ab und an Umgebungselementen hängen bleiben, weil diese sich nicht zerstören lassen, wundert nicht wirklich. Aber es passt ins Bild eines Spiels, dessen automatisiertes Deckungssystem in Handhabung und Nutzen mit "rudimentär" am besten beschrieben ist und manche Figuren für Sekundenbruchteile ihre Texturen einfach verlieren. Eternal Crusade hätte vermutlich besser noch nicht erscheinen sollen, musste es aber wohl.

Aktuell lassen Kooperation und Koordination der Spieler auf dem Schlachtfeld zu wünschen übrig.

Immerhin läuft die PC-Version immer flüssiger, gerade die Animationen der Eldar - wenngleich nicht ihr Balancing - sind bedeutend besser geworden ("gut" ist aber was Anderes) und allgemein hat man nicht das Gefühl, Behaviour würde das Spiel schon zu den Akten legen wollen. Aber dies sind auch Dinge, die dringend schon viel früher hätten passieren müssen, nicht erst eine geschlagene Woche, nachdem das Spiel als "fertig" in den Verkauf ging.

Man wird den Eindruck nicht los, dass hier schon im Early Access schnell die Luft raus war, als die Fans merkten, dieses Spiel ist nur auf dem Papier und in ganz, ganz grob gefassten Begriffen noch jenes, das ursprünglich mal versprochen wurde. Es war eine schöne Idee, die zugegebenermaßen schwer umzusetzen war. Aber jetzt unter demselben Namen eine deutlich weniger schöne Idee in einen noch annehmbaren Standard-Shooter zu verwandeln, ist irgendwie entmutigend. Eternal Crusade hat sie trotzdem hin und wieder, diese Momente, in denen es durchaus klickt und man merkt, Behaviour war mal an etwas dran. Fast instinktiv geht dann der Finger Richtung F12, um einen Screenshot von einem martialischen Nahkampf-Kill vor netter Pulp-Space-Skybox zu machen - nur, dass das häufig wieder der Moment ist, in dem man aus dem Nichts einen Kopf kürzer gemacht wird.

Ich halte es mittlerweile für ausgeschlossen, dass Behaviour den Titel noch um den Größenwahn aufbläst, der dieser Marke gerecht würde. Aber ich könnte schon gut damit leben, wenn die grundliegenden Mechanismen sich einfach besser anfühlten, die Bewegungen Gewicht, die Schusswaffen verheerende Gewalt und die Treffer schiere Pein vermittelten. Viel Zeit, das Ruder herumzureißen ist nicht mehr. Nicht in einem Genre mit Konkurrenz wie dieser.


Entwickler/Publisher: Behaviour Interactive/Bandai Namco- Erscheint für: PC, PlayStation 4, Xbox One - Preis: 49,99 Euro (PC) - Erscheint am: PC erhältlich, PS4, Xbox One später - Getestete Version: PC - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Ja, kosmetische und In-Game-Items

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Warhammer 40,000: Eternal Crusade

PS4, Xbox One, PC

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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