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Warum das Spielestudio für die Switch kein Dreams-Ersatz ist

Lässt trotz guter Ansätze einiges vermissen.

Spielebaukästen sind eine tolle Sache. Für mich aber eher aus der Perspektive des Konsumierenden, denn mir fehlt die Geduld, alle Feinheiten einer solchen Software zu erlernen, um wirklich spektakuläre Resultate zu erzielen. Es sei denn, es gibt da so eher einfachere Dinge wie den Streckeneditor in Trackmania, das passt für mich schon eher. Nintendos neues Spielestudio versucht nun die Kreativität in euch zu wecken, wenngleich mit einer Reihe von Einschränkungen, die es nicht leichter machen.

Zum einen bekommt ihr mit dem Spielestudio eine Reihe von interaktiven Tutorials an die Hand, die euch in die Feinheiten der Programmierung mithilfe dieser Software einführen. Im Zuge dessen programmiert ihr Schritt für Schritt mehrere verschiedene Arten von Spielen unter der Leitung von Bob, eurem virtuellen Assistenten, der euch durch die Tutorials führt. Und zwischen den einzelnen Lektionen stellt Assistentin Alice dann euer gelerntes Wissen auf die Probe, indem ihr bestimmte Funktionsweisen noch einmal in kleinen Kontrollaufgaben wiederholt.

Schritt für Schritt im Spielestudio lernen

Falsch machen könnt ihr bei den geführten Tutorials buchstäblich nichts, es ist einfach nicht möglich. Erforderliche Button-Eingaben werden hervorgehoben, andere Dinge lassen sich währenddessen nicht anklicken. So führt das Spielestudio ein junges und altes Publikum gleichermaßen zielgerichtet durch seine Einführung. Wobei ich das Gefühl habe, dass es durch seine Aufmachung insgesamt mehr an die Jüngeren gerichtet ist. Ein erster Knackpunkt ist, dass euch die Tutorials nicht alles erklären. Einige komplexere Dinge bleiben außen vor, im integrierten Nachschlagewerk gibt's zwar ein paar Infos zur Funktionsweise, aber leider ohne konkrete Lektionen beziehungsweise Beispiele.

Mario Kart nachgebaut.

Ihr müsst zudem zwingend die erste Lektion absolvieren, um den anderen großen Bereich des Spielestudios freizuschalten: das freie Programmieren. Hier lasst ihr eurer Kreativität freien Lauf und kombiniert verschiedene Knotixe miteinander, baut Stück für Stück Level und ganze Spiele - und spielt die Kreationen anderer. Besagte Knotixe sind entscheidend, wenn es darum geht, zum Beispiel Objekte zu platzieren und verschiedene Funktionen innerhalb der Level auszulösen oder festzulegen, zum Beispiel wie die Button-Steuerung eines Charakters aussieht und ähnliche Dinge. Und von den Knotixen gibt's eine ganze Menge, sogar eigene Texturen lassen sich im begrenzten Rahmen erstellen.

Kein Modell-Editor bedeutet eingeschränkte Flexibilität

Ein anderes Problem des Spielestudios ist, dass es keinen Editor für eigene Modelle gibt, was die Auswahl doch bedeutend einschränkt. Einzelne Objekte lassen sich hier und da kombinieren, aber die grundlegenden Elemente sind eine Box, ein Zylinder und eine Kugel. Ähnlich verhält es sich mit anderen Dingen wie der Beleuchtung und den Texturen. Kreativität ja, aber mit angezogener Handbremse. Und das ist schade! Nehmen wir zum Beispiel die Texturen, die nicht mehr als eine Fläche von 64x64 einnehmen. Das sieht dann doch sehr pixelig aus und ist einfach repetitiv, wenn ihr es einfach klont und wiederholt als Hintergrund einsetzt. All das hinterlässt vielmehr den Eindruck einer Software, die eher dazu gedacht ist, Prototypen für eigene Ideen zu erstellen, bevor ihr diese Ideen, sofern sie denn funktionieren, in eine richtige Umgebung für die Spieleprogrammierung übertragt.

Und so sieht das bei Mario Kart hinter den Kulissen aus.

Die mangelnde Flexibilität schränkt die Kreativität doch deutlich ein. Von den verschiedenen Kreationen, die ich ausprobierte, löste bei mir keine einen echten Wow-Moment aus. Egal, ob das nun versuchte Nachbildungen von The Legend of Zelda, Mario Kart, Doom Eternal oder Sonic the Hedgehog waren oder eigene Projekte. Die waren ganz nett angesichts der gegebenen Möglichkeiten, spielerisch aber langweilig - am Ende fehlte einfach das gewisse Etwas. Die Kreationen eines Dreams von Media Molecule flashen mich da zum Teil deutlich mehr.

Ein Spielestudio ohne Game Browser. Und das im Jahr 2021

Was im Jahr 2021 bei so einer Software dann gar nicht geht, ist ein fehlender Game Browser. Im Ernst: ich habe im Spielestudio keinerlei Möglichkeit, einfach direkt nach den Kreationen anderer Spieler und Spielerinnen zu suchen, Kategorien oder Bestenlisten zu sehen. Ich kann Kreationen empfangen, brauche dafür aber einen Code, den die jeweiligen Ersteller und Erstellerinnen auf Twitter oder sonst wo teilen müssen. Das erinnert im schlimmsten Sinne an die Freundescodes von Nintendo. Uff.

Ein anderes, nettes Feature gleicht das leider nicht ganz aus. Das Spielestudio erlaubt es euch, eine Art von Hub-Level zu erstellen. Mithilfe der Knotixe ist es dann möglich, nach dem Beenden eines Spiels zu einem von euch erstellten, einfachen Hub zurückzukehren, der wiederum auf eure oder andere Kreationen verweist oder euch direkt von einem Spiel ins andere schickt. So bleibt ihr wenigstens im Geschehen drin, ohne ständig ins Menü zurückkehren zu müssen, einen echten Game Browser ersetzt das nicht aber am Ende nicht.

Ein anderer Pluspunkt ist die Tatsache, dass ihr sowohl USB-Maus als auch -Tastatur verwenden könnt, um eure Kreationen zu gestalten. Das macht's ein klein wenig einfacher als mit dem Controller, wenngleich die Anpassung von Objekten in 3D fummelig ausfällt, egal mit welcher Steuerung ihr es macht. Mit Achsen und Dimensionen müsst ihr euch hier in Menüs herumschlagen, was mehr in wildem Herumprobieren resultiert als in simplen, klar ersichtlichen Vorgängen. Die anderen Menüs sind zum Glück übersichtlicher, aber die Quintessenz ist, dass im Spielestudio bei weitem nicht alles perfekt ist.

Hier versucht sich jemand an The Legend of Zelda.

Letzten Endes ist die Idee hinter dem Spielestudio keine schlechte, aber in der Form ist die Kreativität doch noch zu sehr eingeschränkt, um alle zu begeistern. Es ist kein Dreams, aber ich denke, dass es auf jeden Fall in der Lage ist, Jüngere für dieses Thema zu begeistern und ihnen ein paar Basics beizubringen, sie Spaß an der Erstellung eigener, simpler Spiele haben zu lassen. Dahingehend erfüllt es seinen Zweck gut. Aber bei allem, was darüber hinaus geht, rückt dann eher andere Software in den Fokus.

Was ich von Nintendo hinsichtlich dessen viel geiler fände, wären thematisierte Spielebaukästen. Denkt an den Super Mario Maker. Wie wär's mit einem Mario Kart Maker? Eigene Strecken im SNES-Retro-Look und im modernen 3D-Look erstellen zu können (Trackmania macht vor, wie Letzteres geht), wäre ein echter Gewinn für die Switch. Allein diese Idee löst in mir mehr Begeisterung aus als das Spielestudio. Und das sagt auch schon was aus.

In diesem artikel

Game Builder Garage

Nintendo Switch

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

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