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Windows 10: Starten oder warten?

Stärken und Schwächen im Ersteindruck.

Der Roll-out hat begonnen: Windows 10 macht sich bis Ende Juli 2016 kostenlos auf den Rechnern von Windows-7- und -8-Usern breit und dabei einen durchaus guten Eindruck. Viele zeitgemäße Funktionen machen den Kachel-Irrsinn von Windows 8 vergessen und mit DirectX 12 ist eine Grafikschnittstelle dabei, von der gegen Ende des Jahres die ersten Spiele maßgeblich profitieren dürften.

Doch was bedeutet das im Hier und Jetzt? Jedes neue Betriebssystem bringt schon traditionell kleine oder größere Kinderkrankheiten mit sich, die erst bei Auslieferung an die breite Masse zutage treten. Sollte man lieber noch warten oder direkt loslegen, sobald das kleine Fenstersymbol, das einen schon seit Wochen unten rechts aus der Taskleiste anlächelt, auf den bereitliegenden Download aufmerksam macht?

Der Selbstversuch. Installation hui, zwei Monitore? Pfui! ...

Das Ergebnis ist gemischt bis positiv. Windows-7-Fans finden sich direkt zurecht und freuen sich über einen gelungenen Look und eine der spürbar stabileren Laufleistungen eines neuen Betriebssystems, während User von Windows 8 und 8.1 sich wie bei einem wohligen Nachhausekommen fühlen dürften. Das Upgrade verlief zudem angenehm automatisiert und problemlos, sodass man keinen Fachmann mit einem Kasten Bier bestechen muss, sollte man selbst nicht so versiert sein. Datenverlust gab es ebenfalls keinen zu beanstanden und alle installierten Programme funktionierten - mit Ausnahme der Geforce Experience und der Grafikkartentreiber, die ich schnell neu installierte - tadellos. Eine runde Angelegenheit.

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Probleme könnten allerdings Spieler bekommen, die es gewohnt sind, zwei Monitore oder einen Monitor und einen TV an den PC anzuschließen. Hier liegt der Hund vermutlich auf Nvidias Seite begraben. Schon vor ein paar Tagen sorgte ein automatisches Geforce-Treiber-Update für Probleme bei vielen Benutzern mehrerer Bildschirme. Der prompt folgende Hotfix löste die Schwierigkeiten für viele, in der aktuellen Version 352.63 hatte unser Testrechner (i5 3570K @4,2GHz, Geforce GTX 980, 16GB RAM, Monitor per HDMI, TV per DVI auf HDMI-Kabel angeschlossen) aber weiterhin Probleme beim Spielen mit duplizierter Bildausgabe. Warum überhaupt dieses Setup? Zum Beispiel, weil man ab und an einen Titel lieber mit dem Controller auf dem Fernseher erlebt und so nur den Monitor abschalten muss, anstatt in den Anzeigeeinstellungen zwischen den Displays hin und her zu schalten. Oder weil man Sound oder Musik über den zwischen PC und TV geschalteten AV-Receiver ausgeben will.

Die Schwierigkeiten drücken sich folgendermaßen aus: Im Desktop-Betrieb ist noch alles in Ordnung, aber auch nach mehrmaliger Neuinstallation der Treiber wabert etwa DayZ noch immer in einer unentwegt beschleunigenden, dann wieder bremsenden Art vor sich her, sobald man versucht, zwei Anzeigen gleichzeitig anzusteuern. Wolfenstein: The Old Blood weigerte sich sogar, auf beiden Displays parallel angezeigt zu werden, und produzierte auf meinem Monitor lediglich ein grünes Standbild. Auch zu anderen Gelegenheiten wichen die Bilder auf beiden Displays voneinander ab. Die Alternative wäre natürlich, die Anzeige auf den TV zu erweitern. Mein System ignoriert jedoch, welches Display ich als "Hauptbildschirm" bestimme, und gibt das Bild immer auf dem Computermonitor aus.

Die Chancen, dass ihr haargenau dieses Setup fahrt, sind jedoch gering, und von einer weiten Verbreitung dieses Problems hört man bisher nichts. Logisch, die Mehrheit betreibt einfach nur einen Monitor, und wenn das auch für euch stimmt, tastet euch ruhig an Windows 10 heran. Auch wer zwei erweiterte Monitore auf dem Schreibtisch betreibt, kann sich schon durch Umstöpseln mit dieser Eigenheit arrangieren. Und wie alles, was ich in diesem Artikel schreibe, kann auch dieses Problem schon mit dem nächsten Windows-10-Update oder neuen Geforce-Treibern plötzlich der Vergangenheit angehören. Seid euch nur bewusst, dass die ersten ein bis zwei Wochen jedes neuen Betriebssystems ein wackliges Erlebnis sein können.

Zuckelt mehr als sonst, wenn man die Monitore dupliziert: DayZ. Auch andere Spiele machen mit mehreren Monitoren unter Umständen Probleme.

Abgesehen von dem Lapsus mit verschiedenen Monitoren fällt mir nach zwei Tagen Dauerbetrieb bislang nichts Schlechtes an Windows 10 auf. Es ist stabil, schnell und gut aussehend. Der neue Mail-Client und viele der anderen von Haus aus vorinstallierten Apps sind nüchtern, flexibel und übersichtlich. Ich bin noch nicht sicher, was ich davon nutzen will und werde, die Optionen sind aber zumindest interessant genug, darüber nachzudenken, meine komplette Organisation nicht länger nur über den Browser zu steuern. Wer allzu große Probleme mit Windows 10 hat, darf bis zu einem Monat lang übrigens die komfortable Roll-back-Option nutzen, um zu seiner vorherigen Windows-Version zurückzukehren (Einstellungen - Update und Sicherheit - Wiederherstellung). Das Risiko ist demnach sehr überschaubar.

Was bringt DirectX12?

So viel man aktuell auch über gefühlte Performance-Steigerungen diverser Spiele nach Upgrade auf Windows 10 liest, so wenig hat das aktuell mit der neuen API DirectX 12 zu tun. Vielmehr sind dafür vermutlich abweichende Treiber verantwortlich. Bisher unterstützen noch keine Spiele die neue Schnittstelle. Wenn es aber ab Herbst so weit ist, werden Games im Allgemeinen - und einfach gesprochen - die CPUs effektiver nutzen und in der Regel zu deutlich höheren Bildraten fähig sein, weil die Studios Multikern-CPUs sowie Grafikkarten effizienter zu nutzen in der Lage sind.

Was dort unter der Haube genau geschieht, entnehmt ihr unserem Artikel Warum DirectX 12 für PC-Spieler ein Game Changer ist. Im Groben und Ganzen dürften User von schwächeren CPUs und vor allem AMD-Grafikkarten mehr davon profitieren. Die Performance-Zuwächse, abseits der neuen Grafikfeatures, die DX12 sonst noch mitbringt, dürften aber durch die Bank deutlich spürbar sein. Auch die XBox One soll alsbald von DirectX 12 profitieren.

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Ein weiteres nettes neues Gimmick ist die zusätzliche Nutzung interner GPUs, die meist von Intel kommen und nach Einbau einer echten Gamer-Karte von AMD oder Nvidia ihr Dasein als ungenutztes Rudiment fristen. Diese sollen unter DX12 nun der Haupt-GPU zuarbeiten und so für das eine oder andere zusätzliche Bild pro Sekunde gut sein. Vor allem in der nächsten Prozessorgeneration Intel, wenn mit Iris eine anscheinend deutlich fähigere Ab-Werk-Grafikeinheit verbaut wird, dürfte das richtig interessant werden - sofern die Entwickler auch davon Gebrauch machen.

Cortana und Edge

Die beiden größten Neuerungen abseits von DirectX12 dürften die neue Sprachsteuerung Cortana und der neue Browser sein, dessen Logo mich zunächst ein erschrecktes "Iiiiiiiiiiihhhnternet Explorer" ausstoßen ließ, als ich es nach dem Upgrade in der Taskleiste erspähte. In der Praxis versteht vor allem Cortana mich außerordentlich gut, auch wenn ich noch nicht so recht weiß, ob ich sie jemals sinnig in meinen Arbeitsalltag am PC integrieren werde. Ich vergesse derartige digitale Assistenten ja schon am Telefon regelmäßig. Der frisch in Edge umgetaufte Haus-und-Hof-Browser von Microsoft ist unterdessen ein schlanker und schnelles Internet-Surfbrett, das sich die eine oder andere Sache, wie den nützliche Startbildschirm, von Chrome abgeschaut hat. Bis alle meine Erweiterungen auch dafür umgesetzt sind, bleibe ich vorerst aber noch beim Original. Ein guter Anfang ist's allemal.

Sparsam und sauber, wie alles an Windows 10 bisher.

Warten oder Starten - Das Windows 10 Fazit

Mutter ist immer die Vorsicht der Porzellankiste, man sollte sich folglich zweimal überlegen, ob man auf seinen Erstrechner ein frisch geschlüpftes Betriebssystem installiert. Es ist unmöglich, vorherzusagen, wie eure persönliche Computerkonfiguration auf Windows 10 reagiert. Aktuell lässt sich sagen zusammenfassend sagen, dass der größte anzunehmende Unfall ausblieb. Besonders Multi-Monitor-Anwender sollten jedoch noch Vorsicht walten lassen. Hier lohnt es sich, auf einen Patch zu warten, der die Probleme ausräumt, wenngleich unsere Leiden im Selbstversuch natürlich nicht zwangsläufig auch Aussagekraft für euer System besitzen.

Abseits dessen ist Windows 10 ein guter Start gelungen. Es ist ein logisch aufgebautes, schlankes und gastfreundliches OS, dessen Erkundung Spaß macht. Microsofts Serie, abwechselnd geliebte und gehasste Windows-Versionen zu veröffentlichen, setzt sich aller Voraussicht nach auch in Windows 10 fort. Kein Wunder, dass Nummer 10 die letzte bleiben soll.

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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