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Xbox Fitness - No pain, no gain!

Wie gut funktioniert das Fitnessprogramm im persönlichen Gebrauch und für welche Personen eignet es sich genau?

Lebt ihr in einer Sporthalle? Steht euch im Keller ein freier Raum zur Verfügung? Habt ihr zumindest in eurem Zimmer genügend Platz, um dort zwischen Couch und Fernseher einen Kleinwagen zu parken? Falls nicht, vergesst Xbox Fitness lieber und lasst euch weitere Ausreden einfallen, um trotz fester Vorsätze die neue Mitgliedskarte des Fitnessstudios nicht zu nutzen.

Hat aber ehrlich jemand etwas anderes erwartet? Bei einem Programm, das euch hochwertige Trainingsvideos verspricht, reicht eine freie Fläche von zwei Quadratmetern vor dem Fernseher nun einmal nicht aus. Das muss man so hinnehmen und wer es trotzdem versucht, darf anschließend vom Spinning-Kurs zur Krankengymnastik wechseln.

Gute Vorsätze allein bringen nichts

Steht aber eine größere Fläche zur Verfügung und ihr besitzt genug Platz, um beispielsweise eine Matte seitlich bis zu drei oder vier Metern vor den Fernseher zu legen, sieht es plötzlich ganz anders aus. Dann verwandelt sich Xbox Fitness nämlich in ein nützliches Zusatzprogramm, solange ihr die nötige Zeit investiert.

Neben Platz und Motivation benötigt ihr auf eurer Xbox One nur ein Gold-Konto. Die Applikation an sich ist kostenlos und enthält für Goldkunden automatisch knapp 30 Videos, die in ihren Anforderungen stark variieren. Zehn Minuten oder einen 60-minütigen Cardio-Marathon? Lieber etwas für die Ausdauer oder soll es doch eher die Muskeln beanspruchen? Die mitgelieferte Menge des Inhalts lässt sich sicherlich nicht bemängeln. Wer trotzdem neues Futter benötigt oder neue Dinge ausprobieren möchte, darf sich zusätzliche Videos kaufen. Einen kurzen Auszug gibt es kostenlos für den Schnelleindruck. Auch der Preis von ungefähr zehn Euro für drei längere Work-outs, die addiert mehr als zwei Stunden ergeben, erscheint nicht zu hoch. Vergleichbar mit einer Blu-ray, nur das ihr euch den Inhalt hier wesentlich öfter anseht.

Logisch aufgebaut, nicht zu viele Fenster und schön anzusehen. So muss ein Menü sein.

Sämtliche Trainingseinheiten verpackt das Programm wunderbar offensichtlich in seinen Menüs, bestehend aus größeren Blöcken ähnlich zur Metro-Oberfläche. Von der Startseite aus seht ihr euch die ausführlich aufgelisteten Statistiken an, vergleicht Highscores mit Freunden oder greift direkt auf die Bibliothek zu. Auch erscheint die Sortierung sinnig und jeder findet für seine Ansprüche ziemlich schnell das richtige Video. Neben der Dauer und einer generellen Inhaltsangabe steht sogar die benötigte Ausrüstung dabei. Versehen mit einem Stern, falls sie nur optional ist. Selbst meine Mutter findet hier, was sie sucht. Das sage ich nicht einfach so, das habe ich getestet. Die ultimative Herausforderung wäre mein Vater gewesen, für den ich wegen seiner Technikphobie sogar ab und zu längere Texte in Word schreiben muss. Nur lässt er sich selbst für die Recherche seines Sohnes vor kein Spiel drängen, bei dem keine eckigen Klötze von der Decke fallen. Aber ich gehe einmal davon aus, dass selbst er keine Probleme mit den sauber gekennzeichneten Bereichen hätte. Wirklich idiotensicher.

Wenn Kinect denkt, ich wäre der Teppich

Um das harte Training zumindest ein wenig in ein Spiel zu verwandeln, zeichnet Kinect eure Bewegungen auf - keine Angst, ihr seht nur eine graue Silhouette - und bewertet sie in Form einer Punkteskala. Ähnlich wie in einem Guitar Hero erhaltet ihr für andauernde Leistung einen Multiplikator und somit mehr Punkte. Leider ist das System komplett für den Eimer und die größte Schwäche des Programms.

Rechts an der Seite des Videos erscheint neben der ständigen Bewertung eure Aufnahme. Eigentlich bietet sich hier die perfekte Möglichkeit an, euch wie bei Dance Central Problemzonen aufzuzeigen, die ihr selbst oft nicht bemerkt. Stattdessen fliegen nur ein paar farbige Partikel herum, die keinerlei nützlichen Mehrwert bieten. Zwar könnt ihr eure Ausführungen mit denen des Trainers vergleichen, trotzdem sollte euch gerade hier das Spiel helfen.

Wer das Programm trotz fehlenden Platzes benutzt, darf anschließend vom Spinning-Kurs zur Krankengymnastik wechseln.

Die Videos verstaut man übrigens nicht auf eurer Festplatte. Ihr schaut euch lediglich einen Stream an. Leute mit schlechter Internetverbindung scheiden daher ebenso aus dem Nutzerpool aus.

Das ungenaue Bewertungssystem macht es nicht gerade besser, weil die Genauigkeit von einem Work-out zum anderen zu sehr schwankt. Braucht ihr während mancher Videos nur irgendwie euren Körper für die beste Wertung bewegen, steht ihr bei anderen Übungen ratlos herum, weil ihr nicht kapiert, wieso das Spiel euch den höchsten Multiplikator verweigert. Ganz schlimm wird es, wenn die Vorgaben für die Bewertung nicht mit den Geschwindigkeiten der eigentlichen Vorgaben übereinstimmen. So verändert der Trainer öfters das Tempo einer Wiederholung. Folgt ihr dem verlangsamten Ablauf, kassiert ihr plötzlich eine Strafe. Schneller dürft ihr dagegen sein. Richtig lustig wird es aber erst, sobald ihr euch für Mattenübungen auf den Boden legt. Dann hielt mich Kinect öfters für den Teppich und ich verschwand komplett von der Aufzeichnung. Das liegt hingegen definitiv an der Applikation, da die Kamera mich sonst aus dieser Position komplett sieht.

Dennoch bietet es Highscore-Jägern wie mir zusätzliche Motivation in Form von optionalen Aufgaben. Mitten im Work-out ploppen kleine Herausforderungen auf. Überbietet eure Bestpunktzahl für den gezeigten Abschnitt, schlagt euren Freund oder seht, ob ihr besser als der Durchschnitt in eurem Alter seid. Jedes Video bietet zudem zwölf verschiedene Challenges, mit denen ihr euren Level steigert. Psychologische Stimulation, die zu mehr Bewegung führt. In diesem Fall also nicht verkehrt.

Auf dem besten Weg zum Muskelkater

Beim Training selbst setzt sich das Problem des fehlenden Feedbacks fort. In jedem Video gibt euch der manchmal fast schon zu gut motivierte Trainer ständige Anweisungen. Nur leider benötigt ihr dafür zuerst einmal gute Englischkenntnisse und auch so steht ihr vor dem Problem, kurze Bewegungsbeschreibungen innerhalb weniger Sekunden in das gewünschte Resultat umsetzen zu müssen. Das Ergebnis: Ihr hampelt unsicher vor dem Bildschirm, versucht verzweifelt, den Vorgaben zu folgen und schafft es meist nur nach einer ungewissen Zahl von Wiederholungen. Bei höherstufigen Programmen wie den 60-Minuten-Videos kann ich es verstehen. Daran sollten sich generell nur Personen wagen, die ihren Körper darauf vorbereitet haben. Bei kürzeren Übungen von zehn Minuten, die sich offensichtlich ebenfalls an unerfahrene Leute richten, fehlt mir jedoch die Erklärung.

Xbox Fitness ersetzt nicht das Fitnessstudio, stellt dafür aber einen hervorragenden Zusatz dar, den ihr nach eigenen Vorstellungen beliebig nutzen könnt.

Warum sehen Trainer eigentlich immer so nett und trotzdem vorwurfsvoll aus?

Vor allem, da gewisse Beispiele es perfekt vormachen. Eines der Cardio-Work-outs mit Kickbox-Bewegungen nimmt sich für kompliziertere Manöver eine kurze Auszeit, um die kommenden Ausführungen zu erklären. So erhaltet ihr eine größere Chance, die Übungen sofort zu verstehen und seid zudem motivierter. Meine Freundin musste neben meiner Mutter nämlich auch das Versuchskaninchen spielen und verlor innerhalb weniger Momente die Lust an der ersten Übung. Sie kam nicht mit, fühlte sich vom Spiel vorgeführt und warf das Handtuch. Als ich ihr hingegen das zuvor erwähnte Kickbox-Training zeigte, war sie nicht nur hellauf begeistert, sondern schrie zehn Minuten später schwitzend nach der Wasserflasche. Neben der Erschöpfung stand ihr aber auch die Freude und ein kleiner Erfolg ins Gesicht geschrieben. Hätte sie bei sich zu Hause den Platz, würde sie es gerne weiter nutzen.

In meinem Fall sieht es da noch besser aus. Räume ich die Möbel ein wenig um, erschaffe ich gerade so die benötigte Fläche für die meisten Work-outs und benutze es auch seit einem Monat regelmäßig. Solange es meine Freizeit zulässt, gehe ich normal drei bis fünf Mal in der Woche trainieren. Das Krafttraining ersetzt Xbox Fitness auf keinen Fall. Doch anstatt extra zum Studio zu fahren, nur um an Cardio-Tagen 40 Minuten auf das Laufband zu gehen, kann ich die gleiche Zeit auch zu Hause verbringen oder nebenher eine 20-Minuten-Routine einstreuen. Da ich zudem ein paar Kurse mit Trainern besucht habe, kenne ich einige Übungen und habe weniger Probleme, mich schneller auf die Vorgaben einzustellen. Das soll kein Boost für mein Ego sein. Nur möchte ich verdeutlichen, für welche Personen sich das Programm in meinen Augen am besten eignet. Zumindest, wenn ihr es ernsthaft in euren wöchentlichen Ablauf einbauen wollt. Xbox Fitness ersetzt nicht das Fitness-Studio, stellt dafür aber einen hervorragenden Zusatz dar, den ihr nach eigenen Vorstellungen beliebig nutzen könnt.

Für die Xbox One garantiert keine Killer-App, aber für Gold-Mitglieder eine günstige Erweiterung des Angebots, die bei richtigem Gebrauch praktische Ergebnisse nach sich zieht. Aber genauso muss die Applikation noch an sich selbst arbeiten. Bei der fehlenden Hilfe mancher Trainer ändert sich wohl nichts, doch ein richtiges Feedback über Kinect und Fehlerbehebung bei der Punktevergabe dürfen in zukünftigen Updates auf keinen Fall fehlen. Genügend Potenzial ist bereits vorhanden und ich werde das Programm auch über die nächsten Monate weiterhin anschalten. Ob ihr ebenfalls Gefallen daran findet, liegt ganz bei euren persönlichen Wünschen und der Selbsteinschätzung der eigenen Erfahrung. Fortgeschrittene finden eher ihre Freude als pure Anfänger, die eine hohe Lernkurve in vielen Videos sicherlich abschreckt. Denn glaubt mir: Hier erwartet euch kein müdes Gefuchtel mit den Armen. Sondern zehn Minuten bis zur Neuentdeckung der eigenen Sterblichkeit und den darauf folgenden selbstkritischen Hinterfragungen des persönlichen Lifestyles.

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Björn Balg Avatar
Björn Balg: Freier Autor und wahrscheinlich der letzte Mensch ohne einen Facebook-Account. Liebt Trash und verbringt zu viel Zeit mit dem Ansehen von Katzenvideos.
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