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Yooka-Laylee: Das ist ja sooo Neunziger...

… mit anderen Worten: wunderbar, wunderbar.

Das Schlimmste, was sich nach zwei Stunden über Yooka-Laylee sagen ließe, ist, dass es manchmal etwas zu bemüht an die Lockerheit appelliert. Vielleicht entsteht der Eindruck zum guten Teil aus der deutschen Übersetzung, in der ein Querverweis wie "Kartos, God of Ore" (ein Minenwagen, hier "Gott des Erzes") nicht zündet. Auch sonst vergeht kaum eine Minute, in der nicht irgendwer die vierte Wand durchbricht, ein Skelett Zwiegespräch mit dem Kessel hält, in dem es hockt, oder etwas anderes Albernes geschieht.

Das wiederum muss mit am Zeitabschnitt liegen, den Yooka-Laylee einzufangen versucht: den der Maskottchenspiele aus den Spät-90ern und Früh-2000ern, als Tiere noch reuelos schwatzen und Plattformen im Dienste des Leveldesigns wild in der Luft schweben durften. Freigiebiger auf unverwässerte Herausforderung ausgelegt, Eierschusswettbewerbe und Rutschrennen auf dem blanken Hosenboden, und es machte Spaß, selbst wenn das Spiel nicht von Rare kam. Das hier kommt von ihnen, also den Leuten, die damals bei Rare für geschickt ins Ohr gehende Jingles, sabbelnde Honigwaben und glubschäugige Segelschiffkanonen verantwortlich waren - und heute unter dem Namen Playtonic firmieren.

Wer will da nicht sofort losziehen und gucken, was hinter der nächsten Ecke ist?

Weil Banjo-Kazooie eines von Rares Besten und Beliebtesten ist - erschienen 1999 fürs N64, heute erhältlich auf der Xbox One -, gibt es in Yooka-Laylee... andere sabbelnde Dinge, andere ins Ohr gehende Jingles, andere Aussparungen in der Schwarzblende beim Gebietswechsel (Yookas Kopf statt eines Puzzleteils). Trotzdem versteht man es sofort, als wäre das eine universelle Sprache. Yooka-Laylee steht so sehr im Geist der Sorglosigkeit, die man in heutigen Produktionen oft vermisst.

Und es braucht keinen Anlass für eine Handlung. Eine Papierseite, die in die Firmenzentrale des Comic-Bösewichts Capital B flattert - die Hivory Towers -, reicht für das Gespann aus Echse und rucksackartig verstauter Fledermaus vollauf. Die erste Erkenntnis: Hub-Welten wie diese sind fantastisch. Waren sie schon immer. Auch die Isla Delfino aus Super Mario Sunshine. Vor allem die Isla Delfino. Wie das Schloss in Super Mario 64 oder Gruntildas Reich in Banjo-Kazooie folgt Yooka-Laylee einer Art Meta-Ansatz mit übergeordneter "Oberwelt" zur Verknüpfung einzelner Abschnitte.

Diese sind zugänglich über Bücher innerhalb der Firmenzentrale, ähnlich wie die Puzzles früher. Die Demo war auf die ersten Gebiete beschränkt und trotzdem ließen sich schon potenzielle Durchgänge entdecken, die freizulegen an den Fertigkeiten Yooka-Laylees liegt. Das gesprungene Glas einer Transportröhre war so verlockend hergerichtet wie offensichtlich als Anreiz vorgesehen, aber ich fand an diesem Tag keinen Weg, es zu zerschlagen. Mit keiner Fertigkeit, die man im Austausch gegen gesammelte Federn freischaltet. Bei einer albern behosten Schlange übrigens, die mein kindliches Gemüt noch jetzt beim Drandenken erfreut. "Towzer", ich liebe diesen Kerl einfach. Und wie gesagt, die Namensspiele funktionieren meist nur im Englischen.

Oh Mann, dieser Kerl.

Yooka-Laylee ist voll von diesem sympathischen Unsinn aus den Weiten des Tierreichs. Jeder Charakter ist irgendwo seiner Typisierung unterworfen und die Entwickler haben sichtlich Spaß, damit zu spielen. Sei es das Zuckerstangen futternde Schwein in der Wildnis oder die fiese Schnatterente Dr. Quack. Enten sind an sich schon unheimlich, alles abwärts vom gezackten Schnabel zu den Schwimmfüßchen, vom angsteinflößenden Gefieder bis zum Wuuuaah. Nein, ich bin kein Vogel-Fan.

Die Ente ist übrigens der kleinlaute Assistent von Capital B und um an ihr vorbei in die nächste Welt zu gelangen, muss man ein Quiz lösen. Inmitten eines Säuresees soll man allen Ernstes Fragen zu Vorkommnissen aus der Startwelt beantworten (wie ist der Name von Typ XY, wie teuer der Kauf der ersten Fertigkeit?). Das erinnert nicht nur an Banana Prince (cooles NES-Spiel, kennt das noch einer?) oder ans Ende von Banjo-Kazooie, sondern mich auch an meine Enten anscheinend zu Recht entgegengebrachte Verachtung.

Aus der witzigen Idee wird gewissermaßen ein Gradmesser darüber, wie viel von der ersten Welt ihr gesehen habt und jetzt im Multiple-Choice-Verfahren wiedergeben könnt. Sicher ist Trial-and-Error möglich, um sich in mehreren Anläufen durch die Fragen zu schlawinern. Man kann es aber auch als wenig subtilen Winker begreifen, gefälligst noch mal in kleinen Wäldchen und Verliesen nach bisher ausgelassenen Aufgaben zu suchen.

Für jede Seite ist ein mehr oder weniger schwerer Abschnitt zu lösen.

Die erste Welt ist ein strahlendes Paradies zwischen Inka-Tempelanlagen und sattgrünen Plateaus mit Plattformen für alles Mögliche. Wo etwas entlangführt, ist auch etwas zu entdecken, Buchseiten als Freischaltmittel für neue Welten, Federn als Universalwährung, Jinjos, wenn ihr wollt - nur dass sie hier nicht so heißen. Statt einer linearen Abfolge an Hindernissen stellt Playtonic in die Breite gehende Areale hin, in denen ihr herumtobt, wie ihr lustig seid. All die Gebäude, die Felsvorsprünge, Rampen und das "Cloud-basierte" Rennen gegen Wolken sind nicht umsonst da.

Graduell öffnet sich, was ihr erkunden könnt, mit jeder freigeschalteten Fertigkeit von "Schlürfschuss" bis zum Hinaufrollen steiler Abhänge. Ohne die von der Fledermaus abgesonderten Schallwellen bleiben die Statuen so nutzlos wie die Plattformen neben ihnen statisch. Mit derlei Techniken im Rücken erweitert das Duo seinen Parcours angenehm in die Vertikale. Hier eine Abzweigung auf dem Weg von A nach B, dort eine verdächtige Röhre, überall leuchtet etwas in schön knalligen Farben, und ruckzuck vergisst man, wohin man eigentlich wollte.

Klar sind die Level auch deswegen größer, weil darin jeweils 200 Federn zu finden sind, und im Sinne der Sammelei kann man das so stehen lassen. Es ist jedenfalls schön, sich frei bewegen zu können, zumal an jeder Buchseite eine Herausforderung hängt. Die Stampfattacke macht Betonklötze zerstör- und der Doppelsprung bestimmte Areale begehbar. Wenn Laylee erst mal die Flügel zum Schweben ausbreiten kann, ist man in der Luft herrlich mobil unterwegs. Das zu komplettierende Repertoire spielt dem Leveldesign in die Karten und ich freue mich jetzt schon auf den vollen Zugriff im fertigen Spiel.

Die freigeschalteten Minispiele funktionieren auch im lokalen Mehrspielermodus.

Und was es alles an Aufgaben gibt! Ich habe Rennen über penibel zueinander ausgerichtete Sprungschanzen ausgetragen und Top-Down-Minispiele. Man entdeckt Lorenabschnitte wie in Donkey Kong Country und Zielschusswettbewerbe, nachdem Yooka die Fertigkeit erlernt hat, Dinge mit der Zunge zu greifen und zu spucken. Man kann sogar "falsch" abbiegen in eine dunkle Höhle, noch bevor man weiß, wie drinnen das Licht anzuschalten ist. Und trotzdem ist sie zu bewältigen.

Dieser Anflug von Freiheit ist einer, der über dem kompletten Spiel hängt. Statt Seite für Seite neue Welten freizuschalten, könnt ihr auch eine bekannte erweitern. In kleinem Rahmen ändert sich die Umweltbeschaffenheit, etwa wenn ein Flussbett voller Wasser läuft und neue Wege entstehen. Was im ersten Moment nach einer Entweder-Oder-Angelegenheit klingt, ist eine clevere Möglichkeit, mit weniger Aufwand mehr aus der ohnehin vorhandenen Topografie herauszuholen. Stecken bleiben kann man nicht. Es gibt immer genug Seiten für alles, nur der Spielrhythmus ändert sich leicht.

Genauso, wie es immer einen Platz für Spiele wie Yooka-Laylee gibt. Niedliche Hüpfspiele zum Umarmen und Liebhaben, denen daran gelegen ist, die Freude am Bewegen in all ihren Facetten abzubilden. Mit Mitteln, die man bei Echse und Fledermaus als gegeben hinnimmt, wie man es früher bei Bär und Vögel oder bei Frettchen und, äh, Jak tat. Es muss nicht kompliziert sein. Manchmal genügen bunte Themenwelten, abenteuerlich mit Plattformen eingedeckte Türme und die Aussicht auf 145 golden schimmernde Seiten. Playtonic ist auf dem besten Weg, uns auf die bestmögliche Weise daran zu erinnern.

Entwickler/Publisher: Playtonic/Team 17 - Erscheint für: PC, Xbox One, PS4, Switch - Gespielt auf: PS4 - Preis: ca. 40 Euro - Erscheint am: 11. April 2017 - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: Nein

In diesem artikel

Yooka-Laylee

PS4, Xbox One, PC, Mac, Nintendo Switch

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Sebastian Thor

Freier Redakteur - Eurogamer.de

Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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