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Young Souls – Test: Wenn sich Beat 'em up und RPG zu einem bunten Comic-Abenteuer zusammentun

Obwohl sich schon lange verschiedene Genres gegenseitig beeinflussen, fühlt sich die Mischung aus Seitwärts-Prügler und Rollenspiel erfreulich unverbraucht an.

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Forderndes Beat 'em up mit eingeschränkter, aber motivierender Charakterentwicklung und recht vielen Bosskämpfen, die sich oft gleichen.

Blöde Goblins! Erst entführen sie den Professor und dann planen sie auch noch einen Angriff auf die Kleinstadt, in der Jenn und Tristan leben. Wobei die zwei Teenager für ihren Wohnort nicht übermäßig viel übrighaben – ihren Ziehvater wollen sie aber unbedingt aus den Klauen des Höhlenvolks retten. Das ist nicht mal despektierlich gemeint; die hausen tatsächlich in Höhlen, genauer gesagt einer Reihe an Dungeons unter der Stadt. Also schnappen sich die jungen Helden Rüstung und Schwert, um den fiesen Angreifern die Hintern zu versohlen.

So richtig ins Herz geschlossen habe ich die Zwillinge dabei nicht, weil ihrer Geschichte der rechte Pep fehlt. Sie haben zwar stets ein unverschämtes "Fuck you!" auf den Lippen, hauptsächlich fühlen sich ihre Dialogfenster sowie die anderer Charaktere aber wie erklärende Fußnoten eines Sachtextes an, weshalb ich froh war, dass man die Unterhaltungen per Vorspultaste beschleunigen kann. Wenn die zwei Rotzlöffel im späteren Verlauf eine persönliche Entwicklung durchmachen, gewinnt ihre Erzählung durchaus an Tiefe, aber unterm Strich geht es hier ganz klar mehr um den Klopp als den Kopp.

Eine gegen viele: Diese Goblins haben es auf Jenn abgesehen, die dafür jederzeit mit ihrem Bruder abklatschen kann.

Und so steigt man entweder alleine oder zu zweit in Dungeons herab, durch die man sich meist in geradliniger Reihenfolge kämpft. Oft kann man zwar wählen, welchen von zwei Abschnitten man als Nächstes angeht. Es gibt aber immer den einen Weg zum Ziel, während hinter den anderen Türen zum Beispiel Bosskämpfe warten, in denen man eine neue Waffe erhält. Tatsächlich bekommen es Jenn und Tristan sogar mit einer ganzen Reihe kleine und großer Bosse zu tun, die sich allerdings auch stark ähneln, was auf Dauer etwas ermüdend ist.

Aber ob Boss oder nicht: Die Action ist ein klassisches Beat 'em up, weshalb Jenn und Tristan nur nach links oder rechts angreifen bzw. verteidigen, während die Tiefe des Raums zum Ausweichen und dem Unterbringen mitunter zahlreicher Gegner dient. Denen gibt man durch stoisches Bearbeiten der Angriffstaste Saures und muss gleichzeitig auf ankommende Angriffe achten, da größere Goblins beziehungsweise Gruppen von Feinden sonst sehr schnell das Leben aus den Helden dreschen. Die können sich zwar ein paar Mal gegenseitig wiederbeleben, trotzdem ist Young Souls ein angenehm forderndes Spiel. Als Beat-'em-up-Niete – da muss ich mir tatsächlich nichts vormachen – war ich jedenfalls ganz froh darüber, dass es nicht nur den empfohlenen Schwierigkeitsgrad und einen noch höheren gibt, sondern auch zwei darunter liegende.

Nach abgeschlossenen Abschnitten, erhalten die Zwillinge Geld und andere Beute.

Wer alleine spielt, steuert übrigens immer nur einen der Zwillinge, wechselt aber jederzeit, auch inmitten einer Kombo, zum jeweils anderen. Das ist schon deshalb von Vorteil, da beide ihre eigene Gesundheitsreserve haben. Drückt man während des Wechsels dabei die Angriffstaste, platzt der Hinzukommende mit einem mächtigen Hieb in den Raum, was manch nervige Gegnertraube wie einen Silvesterknaller auseinandergehen lässt.

Neben genretypischen Bewegungen, mit denen man Feinde etwa in die Luft wirft, Stühle nach ihnen schmeißt oder sich in Sicherheit rollt, spielt außerdem das Blocken eine wichtige Rolle. Denn damit wehrt man zwar nicht allen ankommenden Schaden aber, aber den größten Teil davon. Wobei man ohnehin versuchen sollte, den Block im richtigen Augenblick hochzuziehen, denn dadurch geraten Angreifer ins Taumeln und man kann eine kurze Zeitlupe lang heftige Konter setzen. Das richtet nicht nur großen Schaden an; ein gut getimter Block lädt auch den Spezialangriff der aktuellen Waffe aus. Mein Favorit: Jenns Doppelklinge ruft giftige Spinnen als Verstärkung herbei. Dass sie bei vergifteten Gegnern sogar kritischen Schaden anrichtet, ist dann das Tüpfelchen auf dem i.

Im Fitnessstudio verbessert man über ein Minispiel jeweils einen von drei Grundwerten.

Ganz generell habe ich die junge Dame zur flinken Angreiferin entwickelt. Jedes Ausrüstungsteil hat neben seinem Angriffs- oder Verteidigungswert ja ein Gewicht und mitunter noch zusätzliche Boni oder Mali auf Schnelligkeit, Aufladegeschwindigkeit des Spezialangriffs und mehr. Dieser Rollenspiel-Überbau ist nicht komplex und die Anzahl an Gegenständen überschaubar. Letztlich sind auch nur zwei wesentliche Spielweisen möglich: flott und schwach sowie kraftvoll und behäbig. Gleichzeitig ist aber genug von allem da, um innerhalb dieser dualen Ausrichtung verschiedene Spielweisen zu fördern.

Tristan habe ich damit zum mächtigen Haudrauf spezialisiert, den jedes Ausholen gefühlt drei Minuten kostet. Sein wichtigster Move ist deshalb der betäubende Konter, weshalb ich aber auch etwas unglücklich darüber bin, dass das notwendige Timing für diesen Block nicht ganz einfach zu erkennen ist, was mir bei jedem neuen Gegner ungewöhnlich viel Einarbeitungszeit abverlangt. Weil das Geschehen bei hohem Gegneraufkommen auch noch denkbar schlecht lesbar ist, kommt mitunter deshalb ein wenig Frust auf. Das ist verschmerzbar, aber in einen perfekten Flow gerate ich dadurch nicht.

Umso befriedigender ist dann natürlich jede gelungene Abwehr und gerade bei Bossen kommt noch ein weiteres Element hinzu: Die lassen sich nämlich nicht ohne weiteres kontern, sondern schlagen munter zurück. Erst wenn man mehrere ihrer Angriffe auf diese Art abgewehrt hat, sind sie für einen satten Gegenschlag offen. Ist es daher womöglich leichter ihnen mit einem schnellen Helden viel leichten Schaden zuzufügen? Das funktioniert genauso gut. Ich habe nach Lust und Laune beides ausprobiert und es ist eher eine Sache der eigenen Vorliebe als vom Spiel vorgeschrieben.

Ein Block im richtigen Moment wirft die meisten Angreifer zurück und ermöglicht selbst gegen zähe Bosse irgendwann einen Konter.

Ausrüstung ist aber nicht das Einzige, was die Geschwister zu dem macht, was sie sind, denn alle zwei Level trainieren Jenn und Tristan im Fitnessstudio ihrer Stadt einen von drei Grundwerten: Stärke, Ausdauer oder Schnelligkeit. Je nachdem, wie gut man in dem dazugehörigen Minispiel abschneidet, fällt dabei die Steigerung aus – eine nette Idee. Das alles übrigens immer in sehr schicken Animationen, die das stürmische Dasein der grantigen Teenager sehr treffend einfangen. In der Stadt shoppen die beiden außerdem neue Hemden und Hosen, falls man ihren Look ein wenig ändern will, und in Schuhen stecken sogar diverse Boni, darunter ein größerer Geldsegen, niedrigere Abklingzeiten, mehr Gesundheit sowie ein Extraleben.

Der wichtigste Einkaufstempel befindet sich allerdings in den Katakomben, wo eine Reihe freundlicher Goblins Waffen und Rüstungsteile verkaufen sowie das Verbessern der Ausrüstung anbieten. Weil sie dafür Ressourcen verlangen, die man in den Kisten und Vasen der Dungeons findet, lohnt sich das mehrmalige Durchstreifen auch längst erledigter Abschnitte – über ein komfortables Checkpunktsystem wählt man dafür im Handumdrehen die gewünschte Passage. Das sollte man schon deshalb nutzen, weil man die Schlüssel zu besonders wertvollen Kisten ohnehin erst in späteren Höhlen findet.

Young Souls - Test-Fazit

So gelangt man schnell in eine motivierende Schleife aus cooler Action und stetem Besserwerden, freut sich über nach etlichen Versuchen fallende Bosse und schraubt die Ausrüstung der zwei Helden immer genauer auf die eigenen Vorlieben zurecht. Dass man in den Menüs gelegentlich über Fehler stolpert, wegen derer man keine Gegenstände anwählen kann, ist zwar ähnlich ärgerlich wie der manchmal fehlende Feinschliff in Sachen Übersicht und Genauigkeit im Kampf. Alles in allem ist das Vermöbeln der Goblins aber ein großer Spaß, da besonders die vielen, wenn auch sehr ähnlichen Bosskämpfe eine spannende Herausforderung sind, während die clevere Schnellreise öde Laufwege vor dem nächsten Anlauf verhindert. Vor allem das mächtige Kontern und die schnellen Wechsel zwischen den zwei Helden beleben dabei das flotte Vermöbeln und so steckt unterm Strich ein sehr unterhaltsames Beat 'em up in diesem Dungeon-Crawler.


Young Souls ist auf PlayStation, Xbox, PC und Switch für 24,99 Euro zu haben. Auf den Microsoft-Plattformen ist es aktuell im Game Pass enthalten

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