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Call of Duty: Black Ops Declassified - Test

Ein Spiel, das man am liebsten in eine 'Top-Secret'-Akte packen und dort verstecken würde, wo es niemand mehr findet.

Ich weiß ja nicht, was das hier genau werden sollte, wie das Konzept des Spiels aussah oder ob es überhaupt eins gab, aber Call of Duty: Black Ops Declassified ist schlicht und ergreifend nichts Halbes, nichts Ganzes und eigentlich noch weniger. Und dabei habe ich beim besten Willen nichts dagegen, einmal im Jahr ein Call of Duty zu spielen und ein paar Stunden lang einfach nur den Krachbumm-Faktor der Kampagne im Stile eines Popcorn-Actionfilms zu genießen. Das ließe sich doch auch eigentlich ganz gut auf der Vita umsetzen. Zumindest dachte ich mir das und dementsprechend erwartete ich von einem Call of Duty für die Vita etwas in dieser Richtung, immerhin hat Entwickler Nihilistic zuletzt mit Resistance: Burning Skies auf der Vita schon durchaus solide Shooter-Ware abgeliefert.

Viel schlechter hätte man Call of Duty nicht auf die Vita bringen können.

Und erst recht bei Activisions Vorzeigeprodukt rechnet man damit, dass sich die Entwickler doch zumindest etwas mehr Mühe geben. Aber das hier wirkt qualitativ schon fast wie ein fester Schlag ins Gesicht für Sony, die sich für ihren Handheld dringend den einen oder anderen Systemseller wünschen. Call of Duty hätte das durchaus werden können, besonders in Anbetracht der Bekanntheit der Marke, ihrer Anziehungskraft, die sie Jahr für Jahr unter Beweis stellt - dafür sprechen schon die 500 Millionen Dollar Umsatz von Black Ops 2 am ersten Verkaufstag.

Die Kampagne ist unter einer Stunde angekommen

Warum bekommt man es dann nicht hin, einen halbwegs vernünftigen und ähnlichen Shooter für die Vita zu programmieren? Nahm man das Projekt nicht ernst? Gab man schon früh wieder die Hoffnung auf? Oder war das Budget so unglaublich niedrig, dass man es nicht besser konnte? Jedenfalls habe ich momentan nicht wirklich eine Erklärung dafür, was man hier abgeliefert hat - mir fehlen buchstäblich die Worte angesichts dieses Resultats. Das fängt alleine schon mit der Kampagne an, die einerseits aus den sogenannten „Operationen“ besteht. Oder anders gesagt: Eine Reihe von kurzen, mehr oder weniger zusammenhängenden Missionen mit Frank Woods und Alex Mason, um zumindest ein bisschen Kontext zu Black Ops herzustellen. Und das Wörtchen „kurz“ trifft es hier mehr als deutlich. Jede Mission dauert durchschnittlich ca. fünf Minuten. Bei zehn Missionen macht das knapp 50 Minuten Spielzeit. Unter einer Stunde. Neuer Negativ-Rekord.

Hinzu kommt der Modus „Zeitattacke“ mit ähnlich kurzen Levels (fünf an der Zahl), in denen ihr auf Terroristen-Pappschilder schießen und Zivilisten verschonen müsst, während ihr euch so schnell wie möglich zum Ende des Levels vorarbeitet, um die Bestmarken zu knacken. Und der Modus „Feinde“ ist im Grunde ein Horde-Modus, in dem ihr Welle um Welle von Gegnern abwehrt - auch hier in fünf Schauplätzen. Für Singleplayer-Fans ist das Ganze angesichts des Preises von 45 Euro und einer Spielzeit von maximal anderthalb bis zwei Stunden ehrlich gesagt ein Witz. Nicht nur aufgrund der Kürze, sondern auch hinsichtlich der weitestgehend unspektakulären Missionen, denen es an irgendeiner Form von Höhepunkten mangelt, während die anderen beiden Einzelspieler-Modi ebenso sehr von Einfallslosigkeit geprägt sind und nicht mal im Entferntesten einen echten Anreiz zum Kauf bieten.

Sie wissen schon, dass ihr kommt, bevor sie euch überhaupt sehen.

Klar, die Möglichkeit, sich pro Mission mehrere Sterne zu verdienen, seinen Durchgang zu perfektionieren und den Highscore zu knacken, klingt auf dem Papier reizvoll, in der Praxis sieht das allerdings ganz anders aus. Dort leidet das Spiel nämlich allen voran unter einer wirklich dämlichen KI, die den Spielmodi sozusagen als Sahnehäubchen obendrauf noch den Gnadenschuss verpasst. Wobei ich mich frage, inwiefern man hier noch von „Intelligenz“ sprechen kann, denn von wirklich klugen, taktisch auch nur ansatzweise durchdachten Manövern ist die KI so weit entfernt wie Nordkorea von einer Demokratie.

Selbst das Balancing der Feinde präsentiert sich reichlich unausgewogen. Oftmals hörte ich sie schon schießen, bevor ich überhaupt einen Raum betrat. Sie feuerten einfach gegen Wände und Türen, als ob sie eine Art Wallhack nutzen und mich bereits sehen könnten, noch bevor ich überhaupt in ihrer eigentlichen Sichtlinie bin - selten war das so offensichtlich wie in diesem Spiel.

Die Dummheit des Aimbot, hier in der Rolle der KI

Ebenso hat man manchmal das Gefühl, dass einige der Feinde einen Aimbot nutzen, so dermaßen treffsicher wie sie zum Teil selbst auf dem einfachen Schwierigkeitsgrad sind. Andere verfehlen ihr Ziel aber sogar, wenn sie direkt vor euch stehen oder halten sich gar direkt hinter einer Wand auf und feuern stur in das Betonhindernis einen Meter vor ihnen, weil sie glauben, euch zu sehen. Das ist einfach ... ich bin immer noch relativ sprachlos. Und besonders diese Kombination aus vermeintlichem Aimbot und Wallhack sorgt schon mal für etwas Frust, wenn man dadurch nach seinem virtuellen Tod eine Operation wieder ganz von vorne beginnen muss - Checkpoints hat man sich bei den kurzen Missionen nämlich kurzerhand gespart.

Call Of Duty: Black Ops Declassified - Trailer

Nicht wirklich besser sieht es an der Mehrspieler-Front aus. Free For All, Kill Confirmed, Team Deathmatch und Dropzone können im 4vs4 gespielt werden, aber auch dabei kommt aufgrund der relativ kleinen Karten und trotz der Care Packages, Killstreaks und Co. nicht wirklich Spaß auf. Davon abgesehen dauert es meist ziemlich lange, überhaupt mal in ein Match reinzukommen - und selbst dann gibt es keine Garantie dafür, dass man nicht gleich wieder rausfliegt. Argh. Die einzigen Lichtblicke in diesem Spiel sind wirklich die ansehnliche Grafik und die Steuerung, die ganz okay ist.

Oh. Mein. Gott. Was ist denn hier passiert? Bei der Ankündigung eines Call of Duty hatte sich wohl allen voran Sony einen echten Systemseller für die PlayStation Vita versprochen, aber das hier entspricht mehr einem Totalausfall und schreckt eher ab als irgendetwas anderes. Wenn einem ein Projekt so offensichtlich egal ist wie es hier den Anschein vermittelt, warum gibt man dann überhaupt erst grünes Licht? Ganz ehrlich, ich verstehe es nicht, zumal man die Serie mit einem guten Ableger doch auf der Vita hätte etablieren können. Portiert meinetwegen einfach nur das erste Call of Duty, selbst das wäre unendlich besser als das, was am Ende bei Black Ops Declassified herausgekommen ist: Ein Call of Duty ohne Bombast, Spektakel, Umfang, ohne irgendwas, das es rettet. Gute Spiele sollten es schaffen, einem in Erinnerung zu bleiben. Das hier möchte ich aber am liebsten so schnell wie möglich wieder vergessen. Egal, wie beinhart ihr als Call-of-Duty-Fan seid, hier kann man hier nur sagen: Lasst es einfach.

3 / 10

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In diesem artikel

Call of Duty: Black Ops: Declassified

PlayStation Vita

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

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