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Doom VFR - Test

Und ja, das "F" steht für das, was ihr denkt.

Ein kurzer Nachmittag Unterhaltung: Kurzer, passabler Schießbuden-Remix von Doom ohne große Substanz und mit suboptimaler Steuerung.

Bethesdas Unterstützung für VR ist eine willkommene Anomalie. Nicht viele der großen Spielehersteller setzen aktuell auf die Technik, und selbst kleinere Indie-Studios haben schon bekundet, ihre Investitionen in Spiele für die High-Tech-Brillen nicht ohne Weiteres wieder einzufahren zu können. Ubisoft lieferte drei Mal gut ab - Eagle Flight, Werewolves Within und Star Trek Bridge Crew -, perspektivisch hörte man mit Ausnahme des auf der E3 angekündigten, nebulösen Elijah-Woods-Projekts Transference aber erstmal nichts weiter von den Franzosen in dieser Richtung.

Mitten ins Gesicht. Oft will man reflexartig die Hände hochreißen, auch wenn es einfacher ist, einfach den Abzug zu ziehen.

Die Elder-Scrolls-Firma findet sich mit Doom VFR gerade in der Mitte ihrer dreigliedrigen Virtual-Reality-Offensive, bevor Fallout 4 nächste Woche folgt. Und während Skyrim zuletzt je nach eurer persönlichen Anfälligkeit für Motion Sickness ein gelungener Machbarkeitsnachweis war, fällt das Urteil zu Doom VFR ein wenig zwiegespalten aus. Das dürfte im Kern zwei Gründe haben: Viel liegt darin begründet, Doom 2016 einer der besten Shooter der letzten Jahre war, dem ein verspäteter, kurzer Quasi-Remix nur wenig hinzuzufügen hat. Und dann ist da ein gewisser Verlust an schierer Dynamik und Kontrolle im neuen Spielsystem, den der Immersionsgewinn in VR nicht mal eben von selbst wettmacht.

VFR spielt nach den Ereignissen des Hauptspiels, ihr übernehmt die Rolle eines Wissenschaftlers, der sein Bewusstsein nach einer ebenso unerwarteten wie unerquicklichen Pinky-Begegnung in einen Kampfandroiden transferiert bekommt. Fortan verbringt ihr etwas über drei Stunden in vertrauten, wenngleich größtenteils nicht komplett identischen Umgebungen der UAC-Marsstation damit, herauszufinden, was es mit dem neuerlichen Dämonenausbruch auf sich hat. Eure investigativen Werkzeuge? Schrotflinte, schweres Sturmgewehr, Plasma Rifle und BFG - was sonst?

Gerade die Größenverhältnisse kommen in VR gut rüber. Der Mancubus macht wirklich Eindruck.

Im Grunde kennt man diese Sorte Schießbude von VR schon zur Genüge. Allerdings bewegt ihr euch in VFR mithilfe einer Kombination aus Teleportation und schnellen Huschern in die vier Himmelsrichtungen deutlich freier als in viele vergleichbaren Titeln. Folglich ist die größte Herausforderung, in der Hitze des Gefechts den Überblick darüber zu behalten, was auch neben und hinter euch passiert. Das Spiel ist darauf ausgelegt, dass ihr euch um eure eigene Achse dreht, auf der Vive, wo ich Doom VFR testete, ist stufenloses Drehen aus Komfortgründen nicht vorgesehen, und natürlich gibt es keine analogen Sticks, mit denen das machbar wäre. Man versteht vollauf, weshalb sich Bethesda für diese Art Steuerung entschied.

Sie funktioniert auch soweit recht gut, wenn man erst einmal drin ist, in diesem mordsmäßigen Fluss aus Ballern, Feinde priorisieren und in verletzte Monster hineinteleportieren, um sie zu zerfetzen ("Telefrag" nennt id Software das), macht das für die Dauer des Erlebnisses durchaus Spaß. Trotzdem hat man hier ständig das Gefühl, hier nur eine Art Best-of mit runtergekochter Erkundung zu spielen. Mit Teleportation ist es einfach nicht dasselbe, als wenn man "wirklich" frei und analog durch diese Welten läuft. Und wie in Sachen Waffenprogression auf Einfachheit und Unmittelbarkeit statt Ausdruck gesetzt wird, wird der Vorlage ebenfalls nicht ganz gerecht. Nein, Doom VFR spielt man einmal durch, ist zufrieden und hatte man dann vermutlich genug davon.

Doom VFR macht in Sachen Tempo keine Kompromisse und ist alles andere als einfach, zumal die automatische Speicherfunktion euch ab und zu ein wenig zu weit zurücksitzt.

Auch in Sachen Handhabung bin ich nicht zu 100 Prozent begeistert. Nicht nur für kleine oder nicht wirklich quadratische Spielräume hätte ich mir eine Möglichkeit gewünscht, meinen Blick manuell zu zentrieren. Stattdessen beharrt Doom starr darauf, dass ihr euch physisch zu euren Gegnern umdreht, was mit all den Kabeln und in diesem Tempo (und in besagten nicht komplett optimal geschnittenen Räumen) nicht das Gelbe vom Ei ist. Das Spiel weiß eigentlich auch selbst, dass dies eine gute Idee wäre, wenn man sein persönliches "vorne" auf Tastendruck neu arretieren könnte. Den Vorwärts-Dash vollführt es ja auch stets und grundsätzlich in eure aktuelle Blickrichtung.

Mir wäre es deshalb lieber, meinen Blick mit dem Kopf entlang der 180 Grad vor mir zu schwenken, aber mittels der Grifftasten zum Beispiel meine neue Mitte festzulegen, anstatt, wie jetzt, häufig seltsam zur Seite ballernd den vier Kompassrichtungen ausgeliefert zu sein. Ich bin einfach zu gehemmt, mich so blind unter der Brille wild um meine eigene Achse zu drehen und helfe mir stattdessen mit vor, zurück und seitwärts, was sich nicht wie natürliche Bewegung anfühlt. Zudem unterliefen mir auch einige falsche Eingaben: Den Teleport-Cursor ruft man durch Klicken und Halten des linken Trackpads auf, während ein normaler Klick an den Rändern in die entsprechende Richtung das huschende Strafing regelt. Klicken und halten funktioniert aber nur in der Mitte des Trackpads - eine überflüssige Unterscheidung, die dazu führt, dass man mit verrutschtem Daumen schon mal trotz Halten der Eingabe nur den kurzen Satz zur Seite macht.

Ich wünschte, es würde einen Zacken mehr Wert auf Atmosphäre und Erkundung gelegt. Die PS4-Version lag uns zum Testen nicht vor.

Trotzdem spielt man sich rein und freut sich über die knackscharfe Optik, in der die Doom-Umgebungen noch einmal unheimlicher, die Monster deutlich beeindruckender und einschüchternder wirken. Sobald man die Abläufe verinnerlicht hat, ist's mit der Kampagne auch schon fast wieder vorbei. Niemand wird hierfür länger als vier Stunden brauchen. Ich musste übrigens recht häufige Pausen einlegen, damit mir nicht Übel wurde, was zum einen sicher daran lag, dass meine letzte VR-Session schon eine Weile her ist, zum anderen aber auch daran, dass das Spiel einfach so schnelle Bewegungen erfordert, dass man die kurzen Sprints in die Kompassrichtungen häufiger einsetzt. Und die empfand ich persönlich als nicht ganz so magenschonend wie das bewährte Teleportverfahren.

Optisch und technisch ist hieran nichts zu bemängeln, auch wenn einzelne Aussetzer im Tracking das Spiel kurz pausierten und ausblendeten. Ein kleiner Glitch, der sicher schnell zu beheben ist. Ein nettes Extra sind indes die zwei Karten aus dem ursprünglichen Doom, die man in Gänze auf den Kopf stellen darf. Diese Sorte Vermächtnispflege kennen wir von id ja bereits, langweilig mag sie mir trotzdem nicht werden.

Mit der linken Hand werft ihr Granaten.

Ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass ich nicht mehr von Doom VFR erwartet hätte. Wo Skyrim und offenbar auch Fallout 4 die volle Packung abliefern, ist das hier längst nicht auf Augenhöhe mit dem geschliffenen Hauptspiel. Doom VFR ist dennoch eine durchaus sehenswerte, ein bisschen nach Spielhallenattraktion schmeckende Variante, mal seinen Schädel in diese Welt zu stecken. Schnell rein, schnell wieder raus und mit 30 Euro auch nicht wirklich überteuert. Viel hängen bleibt nicht, als Experiment für die Entwickler, ein höllisch flinkes Actionspiel in die virtuelle Realität zu transportieren, hat es sich allemal gelohnt.


Entwickler/Publisher: id Software/Bethesda - Erscheint für: PC (HTC Vive), PSVR - Preis: ca. 30 Euro - Erscheint am: Erhältlich - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: Nein - Getestete Version: HTC Vive

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Doom VFR

PS4, PC

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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