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OSSC: Open Source Scan Converter - Test

Des Framemeisters härtester Konkurrent und bester Freund.

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Eine so elegante wie preiswerte Variante, um alte Spiele schöner als je zuvor zu zeigen. Ein wenig Mut und Ahnung sollte vorhanden sein.

Dass die Zielgruppe für Geräte, die alte Gaming-Formate auf neuen TVs zu einem Vergnügen machen, recht übersichtlich ist, lässt sich leicht an der Verfügbarkeit solcher Boxen ablesen: Es gibt praktisch keine. "Große" Scaler für alte Ausgabeformate aus dem Heimkinobereich kosteten ein Vermögen, als sie neu waren, bekamen selten Nachfolger und sind heute kaum noch aufzutreiben. Der Framemeister, zum Glück ein fantastisches Gerät, ist seit vier Jahren die einsame Speerspitze im Bereich der schönsten Dinge, die man seiner alten Konsole im Zeitalter von HDR und OLED antun kann. Vier Jahre, kein Nachfolger, nicht mal ein vergleichbares Gerät von einem Konkurrenten. Und kaufen kann man das Ding bis heute nur in Japan. Aktuell nicht mal da. Es gibt wohl Lieferengpässe. Ebay-Fantasie-Preise um 1000 Dollar. Zeit für was Neues.

Woher kommt der OSSC?

Selbst bauen...

Die Suche danach führte erstaunlicherweise nicht zu einem "echten" Hersteller, sondern zu einem Finnen namens Markus "Marqs" Hiienkari. Vielleicht war er von dem dezenten Lag eines Scalers wie dem Framemeister genervt, vielleicht hatte er einfach nur eine Menge Freizeit. Das Ergebnis seiner Mühen nennt sich jedenfalls OSSC - Open Source Scan Converter - und ist eine absolut faszinierend kleine Box, die er sich da ausgedacht hat.

Oder doch lieber im Stück kaufen? Der Preisunterschied ist deutlich, aber auspacken und anschalten hat schon was.

Wie der Name dezent andeutet, ist der OSSC kein Scaler im Sinne der Feature-lastigen Geräte, die meist so betitelt sind. Der OSSC basiert auf der FPGA-Technik - Field-Programmable Gate Array, lest euch selbst ein, im OSSC steckt ein Intel Altera Cyclone IV -, die bisher sehr leistungsfähig, aber auch sehr teuer als Board war. Das bedeutete, dass man entweder sehr viele Boards herstellen musste, um den Preis zumindest etwas zu senken, oder kleine Projekte - Retro-Gaming ist in den Dimensionen der Chipherstellung automatisch ein kleines Projekt - einfach viel zu teuer geworden wären, bevor man einen Prototyp auch nur nah kommen konnte. Das hat sich im letzten halben Dutzend Jahre aber langsam geändert und inzwischen sind FPGA-Boards in kleiner Stückzahl für kleines Geld zu haben. Juhu, das heißt nämlich, dass es auf der einen Seite sehr spezifische Umbauten mit FPGA-Boards gibt - HDMI für das N64? Kein Problem, ist eben nur sehr spezifisch. Das OSSC ist da eine viel attraktivere Lösung.

Do it yourself

Das helle Display ist gut lesbar und lässt sich per Fernbedienung abschalten. Die Firmware wird mit SD aktualisiert.

Erst einmal beim Auspacken nicht wundern: Das ist ein Selbstbau-Kit, ein sogenanntes DIY (Do It Yourself). Da mich das Zeit kosten würde, die ich nicht habe, und ich auch drei Kits bestellen müsste, um genug Versuche zu haben, eines davon lauffähig zusammenzubasteln, habe ich mich für den Test an Videogameperfection.com gehalten und mir ein bereits fertiges OSSC schicken lassen. Leute mit mehr Bastelroutine meinen, dass der Zusammenbau recht einfach sei. Ich will es ihnen mal glauben, nicke freundlich und schließe mein fertiges Gerät an. Die Bequemlichkeit hat natürlich ihren Preis. Die OSSC-Bauteile kosten umgerechnet mit allem, was man so braucht, um die 60-80 Euro - hier ist das "Starter-Kit", das Board und schließlich die Anleitungen -, fertig sind es dann um die 200. Der Versand ist natürlich etwas einfacher als beim Framemeister, denn zumindest aktuell gibt es keine Zollfragen, wenn ihr euch etwas aus England schicken lasst.

Drei Eingänge: RGB SCART, Komponente und VGA.

Das Gerät ist klein, nur wenige Zentimeter in alle Richtungen, keine 10 an der längsten Kante. Die Plexiglasplatten oben und unten sehen auch professionell genug aus - selbst wenn es ein Magnet für Staub und Fingerabdrücke zu sein scheint -, an den Seiten jedoch merkt man, dass man den OSSC nicht bei Media Markt gekauft hat. Es gibt keine Seiten. Nur Anschlüsse und ein Display. Nicht, dass es einen unsauber verarbeiteten oder wackeligen Eindruck machen würde. Das OSSC fühlt sich wertig und solide an und ehrlich gesagt mag ich den etwas improvisierten Charme des Designs wirklich sehr. Aber das ist Geschmackssache und am Ende des Tages auch egal. So klein, wie das Ding ist, versteckt ihr es notfalls einfach hinter einer Konsole.

Drei Anschlüsse, aber kein HDMI

Die Anschlüsse sind ungefähr, was man so erwarten und brauchen würde. Zumindest wenn man sein Retro-Gaming etwas ernster nimmt, denn dann ist ein RGB-Kabel oder Umbau - je nach Konsole - eh Pflicht. Für diese gibt es einen EURO-SCART-Eingang und er will auch wirklich ein RGB-Signal. Mein Laserdisc-Player mit FBAS-SCART bleibt zum Beispiel außen vor, alten VHS-Recordern dürfte es genauso gehen. Daneben findet ihr eine 3-RCA-Komponenteneingang, der analoges SD wie HD in YPbPr und RGsB mag. Dazu kommt ein VGA-Anschluss für alle Konsolen, die einen solchen Ausgang nativ bevorzugen. Also die Dreamcast. Als Ausgang gibt es einen DVI-Anschluss, und das ist es. Das heißt, dass RF, Composite und S-Video alle auf der Seite der Eingänge unter den Tisch fallen. Auf der Ausgangsseite heißt das zwar nicht, dass HDMI außen vor wäre - ein DVI-HDMI-Kabel kostet keine 20 Euro -, aber dass der Sound, der zwar zumindest über das EURO-SCART-Signal eingehen würde, nicht direkt wieder über den digitalen Ausgang raus kann.

Das Signal verlässt den OSSC per DVI, der Sound über die 3,5mm Buchse.

Das bringt uns gleich zu einem der - sehr wenigen - echten Nachteile des OSSC. Es liegt vielleicht an den möglichen HDMI-Lizenzierungsgebühren, dass Marqs auf einen audiofähigen HDMI-Ausgang verzichtete und sich stattdessen für DVI entschied. Die Workaround-Lösung ist ein Klinkeneingang neben dem DVI, aus dem ihr den Ton weiterführen könnt. Konsolen, die über VGA oder Komponente laufen, haben ohnehin getrennte Sound-Ausgaben, insoweit dürfte das kaum jemanden wirklich schmerzen. Wenn ihr unbedingt Sound über HDMI haben wollt, dann freut euch, denn das Open Source im Namen kommt nicht von ungefähr: Hier findet ihr ein kleines Add-on-Board-Design inklusive Bastelanleitung. Funktioniert wohl meistens, aber nicht immer und ist auch etwas, dass sich in einem künftigen Design des OSSC von Hause aus finden dürfte. Immerhin haben diese DIY-Sound-Add-ons den Weg ins neue OSSC-Bios schon geschafft und eine fertige Version mit dem integrierten Audio-Kit soll ab Februar verfügbar sein.

Dann bleibt eigentlich nur noch der Power-Kippschalter und direkt aus der Box heraus war es das. Okay, fast, es gibt noch eine Fernbedienung, die mangels irgendwelcher Tasten am Gerät selbst natürlich essenziell ist. Hier zeigt sich wieder der Eigenbaucharakter des Ganzen, denn natürlich ist dies keine speziell beschriftete oder gar gefertigte, sondern eine generische Universalfernbedienung. Ihr müsst also eine Beschriftung daneben liegen haben, aber dafür wurden ja Tablets und Smartphones erfunden.

Was ist es, was ist es nicht?

Jetzt ein paar Dinge zur Technik, die nötig sind, um zu verstehen, was das OSSC ist, was es nicht ist und was das bedeutet, bevor ihr es anschließt. Wie schon eingangs erwähnt ist es kein Scaler, was ein paar große Vor-, aber auch Nachteile mit sich bringt. Das bedeutet, dass das Eingangssignal - in aller Regel 240p-480p bei NTSC-Konsolen und 288p-576p bei PAL-Geräten - nicht auf eine beliebige Auflösung am Ausgang berechnet wird. Bekommt ihr bei einem Framemeister als Default ein sauberes 720p- oder 1080p-Signal mit 59,94 Hz, ist das hier nicht der Fall. Oder vielmehr, es hängt vom Eingangssignal ab. Der OSSC hat keinen Framebuffer, der für eine zusätzliche Bildaufbereitung nötig ist, und ist auch Software-seitig meines Wissens dafür ausgestattet - aber hey, es ist Open Source, mal gucken, was die Bastelwelt in der Richtung hergibt.

Das kann ein echtes Problem sein: Alte Konsolen halten sich an keine Normen, hier die japanische PC-Engine.

Der Vorteil, dass Framebuffer und Aufbereitung fehlen, ist, dass es praktisch keinen Lag gibt. Das Bild geht in Echtzeit durch, muss keine Umwege über Speicherbänke zurücklegen, muss nicht auf erzwungenes Scaling und Synchronisation warten. Das kann eine Herausforderung an die Toleranz eures TV sein. Für die Tests nutzte ich einen Samsung UHD UE55HU7200 und für 1080p einen Philips 42PFL6008K. Ein HD-Ready-Modell mit nativen 720p suche ich noch, mein letztes hatte ich um 2008 herum. Mit keiner der fünf richtig alten Konsolen hier hatte ich ein Problem - NTSC-NES RGB, PC-Engine in Interface mit RGB, PAL-SNES RGB, NTSC-PS1 RGB, Xbox (sie echte 1) und PS2 über Komponente -, aber das hat nicht so viel zu bedeuten, vor allem, wenn es in Richtung des Linetriple-Mode geht, den das OSSC anbietet.

Der Grund dafür, dass es problematisch werden kann - nicht muss! -, ist der, dass moderne TVs in den meisten Fällen felsenfeste 59,94 Hz bei 720p/1080p erwarten und nur einen geringen Toleranzbereich beim Sync akzeptieren. Warum auch nicht, selbst älteste DVD-Player halten sich daran. Die alten Konsolen taten das aber nicht immer, weil baubedingt die Toleranz der alten TVs deutlich höher war. Das hat auch nichts mit einer bestimmten Konsole zu tun, nicht mal einer Konsolenbaureihe. Es ist einfach ein klein wenig Glückssache. Was eigentlich immer funktioniert, ist der Anschluss an einen Computer-Monitor. Diese haben auch heute noch eine sehr viel höhere Toleranz, nicht nur was Auflösungen, sondern auch Frequenzen angeht.

Yay! So viel Scanlines, wie ihr nur essen könnt!

Wenn der OSSC also kein Scaler ist, was ist er dann? Ein Linedoubler - oder auch ein Linetripler in einem Modus. Das bedeutet einfach gesprochen, dass jede Bildzeile genommen und verdoppelt wird. Oder verdreifacht, was bei 240p dann zu 480p beziehungsweise 720p führt. Das bringt uns zum letzten Faktor in der Kette, nämlich eurem TV. Wenn ihr kein natives 480p-/720p-Display oder gar einen Röhrenfernseher habt, muss der TV noch mal skalieren. Moderne TVs sind in der Regel sehr gut und sehr schnell, wenn es um das Skalieren von 720p-Inhalten geht. Genug Leute haben schließlich noch DVD-Player, die das ausgeben. Sie sind sehr schlecht bei allem, was darunter liegt, nicht nur bei der Bildqualität. Hier kommt am Ende auch ein möglicher - fast garantierter - Input-Lag her, der aber deutlich unter dem liegt, was ein Scaler produziert. Ein guter Scaler wie der Framemeister kommt auf zwei Frames Verzögerung bei 60Hz, unter 50ms also, der OSSC liegt bei unter einem Frame und ist damit praktisch Lag-frei. Der Rest liegt bei eurem TV. Ein guter Gaming-TV wie Samsungs KS8000er-Reihe hat einen Input-Lag von um die 20ms - nicht kumulativ mit dem des Scalers/OSSC -, ein schlechter kann über 100 haben, was die Vorteile des OSSC dann weitestgehend irrelevant macht. Erneut, ein Monitor kommt locker unter 10ms, ist daher ideal. Zum Beispiel ein iiyama ProLite X4071UHSU-B1 mit 40 Zoll - 3-4ms - kostet unter 600 Euro. Und er ist vergebender, was Frequenzen angeht, keine schlechte Variante in der Theorie. In der Praxis werde ich das nächstes Jahr mal testen.

Wenige Optionen, aber die richtigen

All diese schönen Screenshots stammen von Blizz (http://blz.la), der deutlich mehr Erfolg hatte, wenn es um das Capturing geht. Meine Boxen gaben immer nur Fehlermeldungen und / oder Mist aus. Da seine Screens aber ziemlich genau dem entsprechen, was ich hoffte selbst zu grabben und dem, was bei mir auf dem TV passierte, spielen sie ihre Ersatzrolle mit Bravour. Was ihr hier seht ist der Linedouble-Modus auf 480p.

Der Anschluss der kleinen Box ist denkbar einfach. Drei Kabel ran: Eingang, Ausgang, Strom - Letzteres wird in Deutschland-kompatibler Form mitgeliefert - und fertig. Den Schalter umgelegt gibt es ein Testbild zu bewundern und das sehr hell leuchtende Display am OSSC. Dieses lässt sich mit einer Taste der Fernbedienung zum Glück abschalten, wenn auch zunächst nicht bei mir. Die mitgelieferte Fernbedienung ist ein generisches Standardmodell der preiswerten Art, aber zum Glück auch schnell ersetzbar. Haltet ihr die Taste 1 am OSSC gedrückt, während ihr es einschaltet, werden am Display alle Funktionen durchgegangen und von einer beliebigen Fernbedienung gelernt. Ihr braucht also keine lernfähige FB, das OSSC lernt von der Fernbedienung, was tadellos funktionierte.

Der 720p-Modus liefert ein fast perfektes Bild.

Vergleicht man die zarte Optionsauswahl des OSSC mit der Fülle am Framemeister, wird schnell klar, dass der eine ein optimierter Spezialist und der andere ein zumindest relativer Generalist ist. Ihr habt drei Eingänge, die jeweils mit diversen Betriebsmodi laufen können: RGBS, RGsB und YPbPr auf SCART, YPbPr und RGsB auf Komponente und zu den drei Modi des SCART kommt beim VGA noch RGBHV dazu. Ihr habt eine Reihe von Variablen für den Sync, die ihr über das kleine Display-Menü erreicht, diverse Low-Pass-Filter für die verschiedenen möglichen TVs am Ausgang und analoge Sync-Low-Pass-Filter, Sampling-Phasen-Variablen, Timing-Tweaker und ein paar ganz banale Dinge wie die Auswahl zwischen 16:9- und 4:3-Ausgabe, Framing-Einstellungen inklusive.

Das sind die Dinge, die ihr für ein Set-up in der Regel einmal einstellt, und gut ist. Die allermeisten dieser Sachen werdet ihr nie anfassen müssen, was die eh schon übersichtliche Zahl an Optionen zum Herumspielen noch weiter einschränkt. Die erste aus dieser Kategorie sind die Scanlines, die ihr nicht nur horizontal, sondern auch vertikal einstellen könnt. Wer es denn mag, ich bleibe bei der Horizontalen. Es gibt auch einen Wechselmodus, der gut bei Inhalten mit Interlace funktioniert und das Flimmern deutlich reduziert. Die Maske lässt sich fein einstellen, in Schritten von immer sechs Prozent gab es nie den Moment, in dem ich mir dachte, dass das eine etwas zu viel und das darunter etwas zu wenig sei. Mit wenigen Worten: Ihr bekommt sehr hübsche Scanlines, genauso wie Mami sie immer zu Hause gemacht hat. Die andere wichtige Option ist der lineX3-Modus für 240p- und lineX2 für 480p/576p-Inhalte. Dazu gleich noch mehr.

Auspacken, anschließen, läuft! (meistens...)

So gut sah es damals nicht aus. Nicht, dass das dem Spaß einen Abbruch getan hätte, aber trotzdem.

Erst mal der Ersteindruck in der Standardeinstellung: Wow, die kleine Kiste kann richtig was! Statt des Matsches, das der große 4K-Samsung mithilfe einer 20-Euro-Scart-zu-HDMI-Box produziert, hatte ich ein scharfes, ruhiges Bild mit klar erkennbaren Pixeln, die sich aus der Nähe einzeln klar erfassen ließen, kein ineinander schimmernder Brei. Voller Sieg auf ganzer Linie bei 240p mit NTSC-NES sowie PC-Engine, genauso und keinen Deut schlechter bei einem PAL-Super-Nintendo mit 288p - wie gesagt, echtes RGB ist immer Pflicht. Das ist ein echter Vorteil hierzulande, da sich viele Scaler gerne mal auf NTSC konzentrieren und in PAL dann auch funktionieren, aber nicht ganz so gut. Ein weiterer Vorteil eines simplen Linedoublers. Also ja, einfach aus der Kiste genommen, angeschlossen, läuft und tut alles, was man von ihm will.

Cover image for YouTube videoOSSC - Games Showcase
Showcase verschiedener Spiele: So sieht es dann auf eurem 4K-Monster aus. Wenn es denn mitspielt.

Wenn die TVs mitspielen. Bei meinen beiden gab es mit der Frequenz, die auch angezeigt wird, keine Probleme, und das ist gut so, denn keine der alten 8- und 16-Bit-Maschinen hat sich an die 59,95Hz gehalten. Die Engine war bei 60,30Hz, das NES bei 60,12 und das PAL-SNES wurde gar nicht angezeigt - warum, ist noch in der Klärung. Aber es lief, also will ich mich nicht beschweren. Gewisse PAL-Nachteile bleiben natürlich erhalten: Das Bild ist gestaucht - PAL hat 100 Bildzeilen mehr als NTSC - und es läuft immer noch mit 50Hz. Wie gesagt, Monitore werden euch dabei in der Regel keine Probleme bereiten, TVs können etwas zickiger sein, müssen es aber nicht. Es schwankt auch von Konsole zu Konsole und kann vorkommen, dass sich eine aus der gleichen Baureihe minimal anders verhält und dann der relativ neue TV damit nicht klarkommt. Scaler wie der Framemeister haben dieses Problem nicht, da sie ja das Ausgangsbild auf eine exakte Frequenz berechnen können. Der OSSC nimmt, was da ist.

Bildqualität: Wenn alte Maschinen Emulatoren vernichten

Zurück zum Bilderlebnis: Was beim OSSC auffällt, sind Helligkeit und Farben. Während der Framemeister und fast alle Scaler, die ich benutzte, etwas zu Dunkelheit neigen, bei der man mit dem TV dagegensteuert, nur um Details einzubüßen, ist das Bild des OSSC von sich aus kräftig und hell. Gut so, Optionen, das zu ändern, gibt es nicht. Die Farben erklären sich leicht, aber werden am Ende überschätzt: Im Gegensatz zum Framemeister liefert der OSSC eine 4:4:4-Farbverarbeitung, also den gesamten RGB-Farbraum auf jedem Kanal. Der Framemeister liefert dagegen nur 4:2:2, was insoweit okay ist, als dass praktisch kein TV 4:4:4 an seinen Eingängen unterstützt. Das menschliche Auge reagiert viel stärker auf Helligkeits- als auf Farbunterscheide. Ein Teil der Wahrnehmung des "bunteren" OSSC kommt sicher auch daher, zumal sich der Unterschied zwischen einem 4:2:2- und 4:4:4-Farbraum in sehr engen Grenzen hält. Mein Eizo-Monitor kann 4:4:4 und ja, vielleicht, könnte sein. Ich würde eher sagen, dass der OSSC generell die Farben ein wenig getreuer wiedergibt und das oft etwas zu leuchtende Grün wieder zu normaler Sättigung zurückfindet.

480i: Hier gewinnt der Framemeister bei der Bildqualität deutlich, der OSSC bietet ein solides Deinterlacing aber wenig mehr.

Was die Bildschärfe angeht, kann der OSSC Wunder bewirken, muss das aber nicht in jedem Set-up tun. Ein Problem ist der interne TV-Scaler. So bekam ich auf dem Philips-Modell mit dem line3x-Modus bei den 240p-Konsolen NES und PC-Engine ein absolut fantastisches Bild, das jeden Pixel gestochen scharf zeichnete. Der Samsung dagegen produzierte eine leicht falsche horizontale Zeile, die ein paar Millimeter nach rechts verschoben wirkte. Ohne den line3x-Modus, also als 480p und nicht 720p ausgegeben, war das Bild immer noch sehr gut, aber etwas weicher gezeichnet. Beides sah mit einem gesunden Sitzabstand immer noch hervorragend aus, aber es zeigt eben auch, dass nicht jeder Fernseher mit jedem Modus des OSSC gleich gut klarkommen muss. Insgesamt steht der OSSC dem Framemeister bei 240p-Inhalten, wenn überhaupt, nur wenig nach. Solange der TV den 720p-Modus korrekt akzeptiert, würde ich sogar sagen, der OSSC liefert das beste Bild, das ich bis jetzt gesehen habe. Selbst vor Framemeister, DVDO und Co hat er dann eine Nasenspitze Vorsprung, dank des nicht vorhandenen Lags sogar wortwörtlich.

Bei 480i glänzt der OSSC leider nicht. Hier musste Tekken 3 auf der PS1 herhalten, und auch wenn es wieder besser mit dem OSSC aussieht als ohne, zeigt er ein kaum poliertes Bild mit einen Flimmern, das der Framemeister nicht kennt. Die nervigen, sekundenlangen schwarzen Screens beim Wechsel von Auflösungen - wenn ein 480i-Menü zu einem 240p-Spiel springt, passiert bei vielen Spielen - gibt es auch beim OSSC.

480p: Das Trancoding des OSSC ist ein Traum und solche Spiele brauchen ab sofort keine HD-Remakes mehr.

Was dagegen wieder eine Stärke des OSSC ist: 480p. Die gleichen Farb- und vor allem Helligkeitsqualitäten und erst einmal ohne Zeilenverdopplung. Der OSSC kann bei 480p als ein reiner Analog-Digital-Transcoder genutzt werden und als verdammt guter dazu. Ihr bekommt ein fantastisches Bild auf der anderen Seite heraus. So gut wie hier in 480p sah Valkyrie Profile 2 noch nie aus, in 16:9 und gestochen scharf. Gleiches gilt für Tekken 5. Gerade Letzteres war ein echtes Aha-Erlebnis: Wow, so gut kann dieses Spiel aussehen?

Es gibt seit neuestem auch einen Linedouble-Modus für 480p, der 960p ausgibt. Das muss ja irre aussehen... sollte man meinen. Während das 480p-Bild fast perfekte Pixeltreue bietet, wirkt das 960p-Bild wie durch einen mittelmäßigen Emulator-Filter geschickt. In 3D fand ich es okay, wenn auch ohne großen Mehrwert - God of War 2 -, in 2D - Valkyrie Profile 2 - war ich nicht überzeugt. Nun, es ist da, versucht es selbst und wenn nicht, dann bleibt beim hinreißenden 480p-Bild.

Selbst frühe 3D-Titel können einiges bieten, wenn das Signal stimmt.

OSSC vs. Framemeister

Der Micomsoft-Mini-XRGB-Framemeister ist natürlich der größte Konkurrent im Rennen um die Gunst der Retro-Enthusiasten und leider gibt es am Ende kein "Der eine ist besser als der andere"-Szenario. Ich persönlich würde aktuell sagen, dass der Framemeister einfach das bessere Mainstream-Gerät ist. Sicher, er bringt einen kleinen Lag mit, 1-2 Frames auf 60; der OSSC ist mit deutlich unter einem Frame auf 60 praktisch Lag-frei. Wenn alles richtig läuft und der Fernseher mitspielt, liefert der OSSC für 240p-Quellen mit dem line3x-Modus ein absolut fantastisches Bild, das in Sachen Pixelschärfe, Leuchtkraft und Farbechtheit vor dem Framemeister liegt.

So richtig lässt der OSSC natürlich 2D aufleben, je detaillierter dieses ist, desto besser (im Rahmen der 240p-Möglichkeiten natürlich...)

Aber das ist der Punkt: wenn alles richtig läuft. Es dürfte zwar kaum einen Fall geben, in dem ihr mit dem OSSC nicht ein gutes Bild in verdoppelten oder einfach transcodierten 480p auf den Screen bekommt. Und dieses sieht dann um Welten besser aus als alles, was ihr mit einem 20-Euro-A/D-Konverter zustande bringt. Aber ob der 720p-Modus richtig funktioniert, das hängt vom TV ab. Manche Konsolen sind einfach zickig, manche TVs haben ein Problem mit der eben nicht auf 59,94Hz getrimmten Frequenz der alten Konsolen. Es gibt hier und da Haken und Ösen, wo es hängen kann. Dazu kommt, dass es eben keinen HDMI-Ausgang mit Audiofunktion gibt, und extra dafür Audiokabel zu ziehen, das ist zwar technisch nicht anspruchsvoll, aber nervig. Außerdem hat der Framemeister deutlich mehr Optionen, mit denen man herumspielen kann. Ich mag Optionen, selbst wenn sie nicht lebenswichtig sind. Was die lebenswichtigen angeht, hat der OSSC alle, die man braucht. Man sollte ihm seine mangelnde Vielfalt also nicht zu hoch ankreiden. Was der Framemeister jedoch hat, sind mehr Anschlüsse. Vom HDMI-Passthrough bis runter zum Composite-Eingang werden hier alle Quellen fündig, auch solche, die nicht RGB, VGA oder Komponente kennen.

Die satten Farben eines Mario passen perfekt zu den Stärken des OSSC.

Insoweit würde ich sagen, dass der Framemeister nach wie vor die ultimative Rundum-glücklich-Lösung für alle Lebenslagen ist. Ein perfektes Einsteigergerät für Retro-Enthusiasten mit vielen Funktionen und Optionen, das seinen Zauber auf jedem TV wirken lassen kann. Der OSSC ist so etwas wie die nächste Stufe. Wenn alles passt, seid ihr den Lag los und habt das bestmögliche Bild. Es stecken manchmal bloß etwas Arbeit und das richtige Setup dahinter.

Aber warum eigentlich vs.? Wie wäre es mit Framemeister plus OSSC? Oder DVDO plus OSSC? Das ist keine Ausnahme, sondern viele nutzen diese Variante, die Kombi aus XRGB-3 und DVDO 50+ gilt für manche heute noch als Nonplusultra. Ihr gebt dem großen Videoprozessor ein 720p Bild, wenn ihr line3x nutzt, das muss nicht groß umgerechnet werden und reduziert den Lag. Gleichzeitig behaltet ihr den Vorteil der Farbintensität und Leuchtkraft, des hochwertigen Linedoublings/triplings und der sauberen Scanlines und ihr bekommt aus dem Videoprozessor ein Bild, das praktisch jeder TV versteht. Inklusive all der schönen Features zur Bildeinstellung, die ein Videoprozessor bietet. Ein wenig das Beste beider Welten ohne zu viele Kompromisse eingehen zu müssen. Außer natürlich, dass es ein teures Vergnügen wird.

Bilder wie dieses sind der Grund für meine Begeisterung für das Thema. Es fasziniert mich, welch eine Bildqualität man aus Maschinen herausholen kann, die mich mehr als mein halbes Leben begleiten, aber noch nie so gut aussehen wie jetzt.

Retro hat einen neuen besten Freund (der sich nicht mit jedem anfreundet)

Kleiner als ein Controller. Okay, ein First-Gen-Xbox-Controller, aber trotzdem. Auch kleiner als ein Framemeister, sein bester Freund und härtester Konkurrent.

Der OSSC - Open Source Scan Converter, um ihn noch mal beim Namen zu nennen - ist eine faszinierende kleine Box, die auch ein wenig abenteuerlich sein kann, solltet ihr Bastel-Ambitionen hegen. Es ist im Prinzip ein Ein-Mann-Projekt mit einer 0.74er-Firmware, das als Bausatz zusammengekauft werden muss, wenn ihr Geld sparen wollt. Mainstream, selbst in dieser Retro-Nische, sieht anders aus. Der Ansatz, vom Prozessor-Scaler weg und hin zu einem simpleren FPGA-Board-Design für klassisches Linedoubling- und -tripling zu gehen, hat sich aber ausgezahlt. Die Bildqualität ist fantastisch und noch besser, wenn alles im Setup passt. Das können auch andere, unter gewissen Umständen - 480i Inhalte - sogar besser. Ohne Lag - oder so nah, wie man rankommen kann, wenn man es drauf anlegt - klappt das nur hier. In seinen besten Momenten hebt der OSSC 240p-Retro-Gaming auf einen neuen Level.

Dass ich den Framemeister allerdings jedem ans Herz lege, der Interesse daran hat, seine Altgeräte an den Modern-TV zu koppeln, den OSSC dagegen zwar bejuble, aber eben doch mit einer gewissen Vorsicht empfehle, liegt an drei Dingen: Bequemlichkeit, Flexibilität, Kompatibilität. Wenn es hier um die Verbesserungen im potenziellen Ergebnis geht, ist das OSSC-Angebot nicht zu verachten. Insbesondere der Wegfall des winzigen Framemeister-Lags ist sehr reizvoll für jeden Genießer und als Transcoder ist er für das Geld unerreicht, wenn nicht sogar einzigartig. Aber der Framemeister liefert nun mal ein Ausgabebild, das jeder TV mit einem HDMI-Eingang akzeptiert, gibt dies auf zig Arten aus, er hat mehr Eingänge inklusive eines HMDI-Passthrough, deutlich mehr Optionen zum Herumspielen, die sich auch in Profilen ablegen lassen. Und, seien wir ehrlich, er ist keine Schönheit, aber eben auch keine halboffene Platine im Plexiglas-Sandwich. Dazu kommt der Umstand, den Sound extra verkabeln zu müssen.

Nichtsdestotrotz ist der OSSC ein wahnsinnig spannendes Gerät. Er geht alte Wege auf neue Arten fürs perfekte Retro-Gaming-Bild und angesichts des günstigen Preises - ja, etwa 200 Euro sind im Bereich der Scaler, Doubler und Transcoder kleines Geld - ist der OSSC ein echter Gewinner. Also, Enthusiasten, Tüftler oder auch neugierige Retro-Junkies: Heute noch bestellen, support your almost local Bastler. Oder werdet selbst einer.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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