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FIFA 13 - Test

Kleine Änderungen mit großen Auswirkungen: FIFA 13 gibt buchstäblich Gas und bietet Spannung und Dynamik.

Hat jemand das Bundesligaspiel am vergangenen Freitag zwischen Augsburg und Wolfsburg gesehen? Falls ja, dann wisst ihr ja, wie unspanned, undynamisch und unspektakulär Fußball manchmal sein kann. Dementsprechend endete die Partie auch 0:0 und ich schlummerte auf meiner Couch fast dahin. Wesentlich interessanter sind da schon Spiele wie Freiburg gegen Hoffenheim. Ein 5:3 bekommt man nicht alle Tage zu sehen, auch wenn beide Hinterreihen hier offensichtlich versuchten, sich gegenseitig mit Fehlern zu überbieten. FIFA 13 bewegt sich eher in Richtung des Letzteren, was jetzt nicht heißen soll, dass überdurchschnittlich viele Tore fallen oder die Abwehr katastrophal wäre. Ganz im Gegenteil: FIFA 13 ist exakt so spannend, dynamisch und spektakulär, wie man sich guten Fußball vorstellt.

Das liegt allen voran an der Erhöhung des Spieltempos im Vergleich zu FIFA 12. Rückblickend fühlt sich die letztjährige Version da doch schon recht gemächlich an. Und tatsächlich mag das erhöhte Tempo für manche anfangs sogar so etwas wie ein kleiner Schock sein. Auch ich war überrascht, als ich zum ersten Mal vor einiger Zeit die Preview-Version ins Laufwerk schob. Aber nach ein paar Partien gewöhnt man sich daran und sieht die Vorteile, die daraus resultieren. Diese Dynamik, diese schnellen Richtungswechsel möchte ich jedenfalls nicht mehr missen.

Hinzu kommen diverse andere, eigentlich meist eher kleine Änderungen, die aber das Gesamtbild deutlich verbessern, zum Beispiel im KI-Bereich. Das wirkt sich unter anderem auf das Vorgehen eurer Mitspieler aus, die diesmal deutlich besser offensiv mitarbeiten, sich Räume erarbeiten, in eine Lücke sprinten und auf den entscheidenden Pass warten. Eure von der KI gesteuerten Kollegen machen es euch somit wesentlich einfacher, vernünftige Angriffe auszuführen, da sie euch mehr Anspielmöglichkeiten im Angriffsspiel offerieren, die euch auch wirklich nach vorne bringen. Gleichermaßen wurde allerdings auch das Verhalten der Gegenspieler angepasst. Die Verteidigung muss erst einmal geknackt werden, was sich mitunter als echte Herausforderung erweist, da die Jungs aggressiver agieren und vehementer in die Zweikämpfe gehen als in FIFA 12.

FIFA 13 - elf Minuten Gameplay.

Aber auch in der Offensive hat die gegnerische KI dazugelernt. Ihr müsst im wahrsten Sinne des Wortes höllisch aufpassen, denn der Computer hat einige Tricks auf Lager, und wenn ihr unbedacht agiert, nutzt er eure Fehler eiskalt aus. Das resultiert zwar nicht immer in einem Tor, aber meist in gefährlichen Situationen. Auch in puncto Stellungsspiel agiert die KI recht vorbildlich. Zieht ihr etwa einen Verteidiger aus der Mitte ab, um einen Gegenspieler auf der Flanke anzugreifen, solltet ihr sicher sein, dem Gegner damit nicht zu viele Freiräume zu geben, da gezielt in den 16er gespielt wird, um freistehende Spieler zu erreichen. Ebenfalls sehr erfreulich ist, dass der Computer das Spiel diesmal nicht gleich wieder verschleppt und in die Breite zieht, wenn man ihm per Tactical Defending zu sehr auf die Pelle rückt. Auch dann versucht er, stets nach vorne zu spielen und euch in Bedrängnis zu bringen.

Daran, dass das Ganze zugleich noch dynamischer wird, hat die First Touch Control entscheidenden Anteil. In FIFA 13 müsst ihr noch genauer darauf achten, wen ihr anspielt und wie. Der Ball kann wesentlich leichter abprallen oder ein Pass resultiert mit höherer Wahrscheinlichkeit in einem Fehler, wenn der Angespielte in einer schlechten Position ist oder die gewählte Stärke für die Entfernung falsch ist. Es kommt schon mal vor, dass einem Stürmer die Kugel von den Versen, von der Schulter, dem Rücken oder dem Hinterkopf abprallt, andere legen sich den Ball bei der Annahme schon mal etwas zu weit vor, wovon man dann profitieren kann, sofern man aufmerksam genug ist und stets in der Nähe des Spielgeräts bleibt.

Es ist jedenfalls eine wahre Freude, wenn man sieht, wie sich solche Partien entfalten. Das baut Spannung auf und erfordert zugleich höchste Konzentration, wenn man gegen spielstärkere Mannschaften antritt. Zugleich wird munter am Trikot gezupft, gedrängelt und gegrätscht - nicht immer mit fairen Mitteln. FIFA 13 fühlt sich dahin gehend echter an als seine Vorgänger, zumal auch die Ballphysik weiter verbessert wurde. Fernschüsse sind keine einfache Sache mehr, sofern euch diverse Gegenspieler im Weg stehen. Das Leder prallt realistischer ab und bei Flanken versuchen die KI-Mitspieler endlich, auch ein wenig den Bereich im Rücken der Stürmer abzudecken.

Zudem könnt ihr Gegenspielern nicht mehr so sehr enteilen und sie abgeschlagen hinter euch lassen wie noch in FIFA 12, etwa an der Seitenlinie. Die KI agiert hier ebenfalls aufmerksamer, cleverer, versucht euch vom Tor abzudrängen, in die Zange zu nehmen und immer wieder auf Tuchfühlung zu gehen. Und für einen selbst bedeutet das: Geschickt spielen, Lücken suchen, auf den richtigen Augenblick warten. Dann klappt es auch gegen vermeintlich übermächtige Mannschaften mit den Chancen und Toren. Gestern konnte ich mit Greuther Fürth dem FC-Bayern trotz eines frühen Rückstands noch ein 1:1 abringen, obwohl ich die beiden Freundschaftsspiele vor Saisonstart noch deutlich verlor. Aber im ersten Saisonspiel war ich dann vorsichtiger, schickte meine Leute nicht unüberlegt nach vorne. Soll heißen: Es bringt wirklich etwas, wenn man so vorgeht.

Ein großes Thema in der Community ist natürlich immer das "Momentum". Existiert es? Wenn ja, wie wirkt es sich aus? Nun, Tatsache ist, dass sich zumindest bei mir die Tore in FIFA 12 - ob nun für mich oder den Gegner - meist am Anfang und Ende einer jeweiligen Halbzeit häuften. Eigentlich zu sehr, als dass ich da noch von Zufall sprechen würde. Langfristig gesehen - und FIFA 12 ist wirklich der Teil, den ich bisher am längsten gespielt habe -, hinterließ das einen etwas negativen Beigeschmack. Auch hatte ich manchmal das Gefühl, dass zuweilen bei einer Mannschaft plötzlich gar nichts mehr klappt (einmal konnte ich Leverkusen mit 8:1 abschießen, die im wahrsten Sinne des Wortes auseinanderbrachen), während der anderen sprichwörtlich alles gelingt. In solchen Situationen war ich mir nicht mehr sicher, ob wirklich ich alleine über den Spielverlauf entscheide oder ob gewisse Dinge (zu sehr) beeinflusst werden. In FIFA 13 ist mir das zumindest bislang noch nicht in der Form untergekommen. Tore fielen zu allen möglichen Zeitpunkten, von einer Häufung kann bislang keine Rede sein. Sicher, es kommt mal vor, dass ein Team eine Partie auch in den Schlussminuten noch dreht, wenn die eigene Konzentration ein wenig nachlässt und der Gegner eigentlich auch deutlich besser ist, aber am laufenden Band passierte das nicht.

Bleiben wir noch ein wenig auf dem Spielfeld. Bei den Freistößen hat es einige Neuerungen gegeben, zum Beispiel können sich jetzt bis zu drei Spieler um den Ball versammeln und einen kleinen Kriegsrat halten. Jeder von ihnen kann anschließend schießen, aber ihr könnt einen von ihnen dann zum Beispiel auch erst mal über den Ball laufen lassen, während ein anderer Spieler direkt danach die Kugel auf den Weg in Richtung Tor schickt. Mit ein wenig Glück verwirrt ihr so euren Gegenspieler und er lässt die Mauer zu früh hochspringen. Gleiches gilt natürlich auch umgekehrt, wenn die KI Freistöße ausführt. Darüber hinaus könnt ihr die Mauer nach links/rechts bewegen, sie vergrößern/verkleinern, ein paar Schritte nach vorne machen (aber Vorsicht, hohe Gefahr für Gelbe Karten) oder ihr lasst einen Spieler nach vorne stürmen, wodurch er mitunter den Freistoß blockt. Das macht die Standardsituationen insgesamt etwas abwechslungsreicher und unberechenbarer, da man nie so recht weiß, was der Gegner jetzt wirklich plant.

FIFA 13 - Video zur Offensiv-KI.

Ein wenig mehr Leben herrscht am Spielfeldrand. Trainer - wenn auch nicht die echten - geben Anweisungen und stehen in ihrer Coaching-Zone, Spieler machen sich warm und Kameraleute sind zu sehen. Das ist nett und steigert ein wenig die Atmosphäre, die Zuschauer haben sich unterdessen jedoch wenig geändert. Zumindest optisch, denn akustisch sorgen sie wie gewohnt für ordentlich Stimmung, singen, pfeifen und jubeln. Ein ansehnlicheres Publikum wird es aber vermutlich erst mit dem Sprung in die nächste Konsolengeneration geben.

Dezent verbessert hat man unterdessen den Karrieremodus. Hier geht es nicht mehr nur auf Klubebene national und international zur Sache, auch die Nationalmannschaften spielen eine Rolle. Das bedeutet einerseits, dass - abhängig von Verein und Spielern - eure Kicker zu Länderspielen reisen oder euch selbst ein Job als Nationaltrainer angeboten wird, den ihr dann nebenbei noch erfüllt. Dazu braucht es aber erst Erfolge, um euch ins Gespräch zu bringen. Darüber hinaus wurde ein wenig an den Transfers geschraubt. Ihr müsst den ein oder anderen Faktor mehr berücksichtigen, wenn ihr Spieler verpflichten wollt, etwa Rivalitäten zwischen Vereinen (Schalke vs. Dortmund). Ebenso lassen sich Gegenangebote bei Verhandlungen abgeben und ihr könnt einem Transfer sogar noch einen eurer Spieler hinzufügen, der dann zusätzlich zu einer Geldsumme zum anderen Verein wechselt.

Ansonsten bleibt vieles beim Alten. Freundschaftsspiele sind dabei, Ultimate Team ebenso, die bekannten Online-Modi und dergleichen. Weitere Trainingsmöglichkeiten bieten euch die Skill Games. Die bekommt ihr einerseits vorgesetzt, während das Spiel lädt. Ihr könnt sie aber auch als eigenen Spielmodus auswählen. Darin müsst ihr Aufgaben verschiedener Schwierigkeitsstufen erfüllen, zum Beispiel einfach nur Pässe punktgenau zu Pappaufstellern spielen oder das Gleiche tun, während sich richtige Gegenspieler noch zwischen ihnen hin- und herbewegen. Nicht weltbewegend, aber nett.

Nur in Deutschland und auch nur auf Xbox 360 und PS3 gibt es zudem die virtuelle Bundesliga, eine an den Online-Seasons-Modus angelehnte Variante. Die besten Hobby-Kicker qualifizieren sich hierbei künftig für ein Finalturnier, das monatlich ausgetragen wird. Damit auch alles fair zugeht, setzt man in diesem Spielmodus die Stärke sämtlicher Erst- und Zweitligisten auf das gleiche Niveau. Und wer erfolgreich ist, gewinnt am Ende vielleicht sogar eine Nachbildung der echten Meisterschale.

Erfolgreich dürfte auch FIFA 13 mit größter Wahrscheinlichkeit wieder werden. Das schnellere Tempo tut dem Spiel dabei auf jeden Fall gut. Zugegeben: Wenn man lange FIFA 12 gespielt hat, braucht man erst mal ein paar Matches, um sich daran zu gewöhnen. Es lohnt sich aber, diese Zeit zu investieren. Dann entfaltet sich nämlich nach und nach die Faszination des diesjährigen FIFA. Mehr Dynamik, mehr Spannung, mehr Unberechenbarkeit. Die ganzen Änderungen, so klein sie für sich allein genommen auch sein mögen, ergeben ein absolut überzeugendes Gesamtbild. Dazu das wie üblich dicke Lizenzpaket und fertig ist eine Fußballsimulation vom Feinsten, die mich wieder monatelang vor den Bildschirm fesseln wird. Mehr könnte ich mir nicht wünschen. Außer vielleicht besser aussehende Zuschauer, aber das wird irgendwann schon noch.

9 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

FIFA 13

iOS, PS3, Xbox 360, PS2, PlayStation Vita, Nintendo Wii U, Nintendo Wii, PSP, PC, Nintendo 3DS

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

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