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Darksiders 2 (Wii U) - Test

Es ist nicht besser als zuvor. Aber das wäre auch ganz schön viel verlangt.

Und wie passen jetzt das Loot und die Level da hinein? Verdirbt es nicht die klaren Wasser dieses strategischen, flexiblen Systems, das in erster Linie auf eurer Fähigkeit beruht, geschickt mit einem Pad umgehen zu können? Erlaubt es nicht den Munchkin-Weg einfach zu leveln, eine bessere Waffe zu kaufen und dann wie ein Sucker den Punch zu landen, den die gut designten Bosse nicht verdient haben? Erstaunlicherweise und ich hätte es selbst nicht gedacht: Nö.

Das liegt daran, das die Unterschiede der Waffen mehr in den Feinheiten und im Detail kriegen, als in echter Macht, die euch zu früh in einem Level unschlagbar macht. Das Spiel bleibt zu jedem Moment skillbasiert, die 20 Punkte mehr, die euch eine gute Waffe gibt, machen nicht den Unterschied. Entweder ihr selbst seid mit den Fertigkeiten eurer Finger in der Lage, einen Boss zu bezwingen oder nicht, aber eine bessere Waffe wird euch nicht helfen. Und die maximal fünf Heiltränke unterstreichen das. Beherrscht ihr den Kampf nicht oder ignoriert ihr die nötige Taktik, um einen Boss zu fällen, bringen sie euch sicher nicht ohne Aufwand ans Ziel. Dafür bräuchtet ihr dann 50.

Der Sinn des Lootings besteht darin, dass es wie die Fertigkeiten eurem persönlichen Kampfstil den richtigen Anstrich verpasst. Ihr seid offensiv unterwegs? Ihr werdet Waffen und Rüstungen bevorzugen, die beispielsweise kritischen Trefferschaden erhöhen. Ghoul-freudige Nekromanten wählen Dinge, die die Magiewirkung erhöhen. Das Loot und all die Waffen sind eine feine Ausgestaltung, aber keine essenzielle Komponente, die über Sieg oder Niederlage entscheidet. Die Fertigkeiten sind wichtiger. Und nichts ist so wichtig, wie euer Können als Spieler.

Dass ihr dabei auch mal gelegentlich nachdenken müsst, ist kein Vorrecht der verwinkelten Dungeons mit ihren Rätseln, auch die Bosse lassen sich nur durch das Erkennen der Taktiken bezwingen. Ignoriert das und ihr werdet sterben. Oft. Was das ständige Wechslen in das Menü für marginal bessere Waffen angeht, braucht ihr durchgehend wirklich keine Sorgen haben, solange ihr nicht unter einer RPG-Zwangsneurose leidet immer die beste Waffe ausrüsten zu müssen, egal, ob sie einen Unterschied macht oder nicht.

Darksiders 2 - Gameplay-Trailer

Was für die Rätsel und den Kampf gilt, trifft auch auf die Spielwelt zu. Die vier "vollwertigen Welten" ausgehend beurteilt von der Ersten - so wurde es vage zu Beginn an die Presse kommuniziert und weitergereicht - waren eine kleine Übertreibung. Die ersten beiden sind die folkloristisch wertvoll angehauchte, aber mit einer gewissen Grundmelancholie versehene Welt der Erschaffer, die andere das Reich der Toten und beide sind gewaltig. Die letzten beiden, Himmel und Hölle in gewisser Weise eher einzelne Dungeons ohne diese großen Welten drum herum. Das ist nicht weiter schlimm, denn zum einen ist zu wenig Umfang wirklich kein Thema hier, zum anderen sollen sie auch das Tempo anziehen und auf den Klimax hinsteuern.

Der einzige schwache Bereich meiner Ansicht nach - die Meinungen werden hier auseinandergehen - ist die Reminiszenz an den ersten Teil. Ein etwa zweistündiger Ausflug auf die zerstörte Erde endete als eine zwar stimmungsvolle aber spielerisch etwas banale Shootersequenz. Recht gradlinig, keine Rätsel, ganz nett, aber kein Vergleich zum intelligenten Spieldesign, das diesen eh kurzen Abschnitt umgibt. Und wenn wir schon bei den wenigen Negativen von Darksiders 2 sind: Die Nemesis kommt mir mal wieder zu kurz. Die Geschichte baut eine persönliche Verbindung auf, aber es wäre schön gewesen, diese etwas mehr zu vertiefen. 20 längere Zeilen und drei kurze animierte Sequenzen sind nicht immer genug. Es ist schwer, Verlust bei jemandem wie dem personifizierten Tod zu verdeutlichen, aber er hat seine Reue innerhalb dieses Universums und seine persönliche Motivation hätte hier durchaus ausgearbeiteter sein können, so wie auch seinem Gegenspieler mehr Persönlichkeit gut getan hätte.

Dennoch, hier wird ein schöner, erstaunlich eigenständiger Mythos um die biblische Welt zwischen Himmel, Hölle und Verdammnis aufgebaut. Es gibt offensichtlich sehr viele Ähnlichkeiten, aber die Ausgestaltung der einzelnen Mythologien wird frei von den Entwicklern interpretiert, was sich letzten Endes als eine Stärke entpuppt. Es ist eine akademische Frage, ob mehr Tiefgang mit mehr metaphysischen Diskussionen ein Gewinn gewesen wäre - ich denke nicht -, aber das würde letztlich auch am Thema vorbeigehen. Das hier ist immer noch ein Action-Adventure und kein Interpretationsversuch der Göttlichen Komödie. Und dafür ist es immer noch ganz schön tiefschürfend.

"War der Erste noch zu einem guten Teil durch die zerstörte Erde definiert, trägt die Fortsetzung den himmlischen Konflikt nun in andere Welten und trotz des unbestreitbaren Comic-Stils strahlen diese Orte etwas ganz Eigentümliches aus.

Die Frage der Atmosphäre der Welt ist schwierig zu beantworten, da es Darksiders erstaunlicherweise gelang, etwas Eigenes in dieser Richtung aufzubauen. War der Erste noch zu einem guten Teil durch die zerstörte Erde definiert, trägt die Fortsetzung den himmlischen Konflikt nun in andere Welten und trotz des unbestreitbaren Comic-Stils strahlen diese Orte etwas ganz Eigentümliches aus, das man mit fröhlicher Niedergeschlagenheit beschreiben könnte. Es ist das Reich der Toten auf der einen Seite, es ist eine sterbende Welt auf der anderen, es ist ein korrumpierter Himmel und eine Hölle, die der Entropie anheimfällt, aber man fühlt sich immer wohl an diesen Orten.

Das liegt sicher zum einen ander Figur von Tod, die zwar den Neustart aber nun mal nicht den Tod fürchtet, zum anderen sicher auch an den wenigen, aber sehr lebendig gestalteten Bewohnern. Sie hätten alle ein paar Zeilen mehr verdient, nicht weil sie so wenig erzählen, sondern weil es Spaß macht, ihnen zuzuhören. Hier stimmt es sicher, dass eine Geschichte immer an ihren Erzählern hängt, denn wenn man es genau nimmt, ist die Geschichte ok, aber schwerlich spektakulär. Die Art, wie sie erzählt wird macht sie jedoch sympathisch und für diese Art von Spiel ist das schon fast mehr, als nur gut genug. Ihr müsst übrigens nicht den ersten Teil gespielt haben, aber es schadet sicher nicht. Ihr bekommt alle nötigen Informationen - wenn auch recht knapp - und findet euch schnell rein.

Tja, was bleibt noch? Der Austausch mit Freunden ist als einzige "Multiplayer-Komponente" vorhanden und ein netter Zug, aber schwerlich etwas, das ihr beachten müsst, wenn ihr keine Lust drauf habt. Gebt einem Freund ein nettes Item, wenn ihr wollt, oder lasst es. Ist da, spielt keine Rolle.

Und abschließend wäre da noch die Technik. Darksiders hatte bereits einen sehr eigenen Look und Darksiders 2 geht noch weiter. Mit der Freiheit in den Welten entschied man sich für einen sehr groben und großen Stil in der Architektur. Auf den Konsolen merkt man deutlich, dass sie angesichts riesiger Welten und großer Sichtweiten einfach nicht mehr können, was sich natürlich negativ auswirkt, wenn ihr nah an eine Mauer heran kriecht. Da hat man schon schönere Texturen gesehen. In den Dungeons, wo ihr häufiger nah an der Wand seid, ist das Problem jedoch bei Weitem nicht so deutlich. Und dass es zum Teil an den Konsolen liegt, merkt man beim Blick an die deutlich schönere PC-Version. Höhere Auflösung, bessere Texturen, einfach hübscher. Trotzdem würde ich als Konsolenspieler immer noch zur Xbox greifen, da es weder Ruckler noch echtes Tearing gibt - ich bin mir bei den großen Entfernungen nicht ganz sicher … könnte sein, aber wenn, dann kann man es vernachlässigen.

Darksiders 2 - Trailer

Diese Art von Grobschlächtigkeit macht jedoch auch einen Teil des Charmes aus. Die Architektur dieser Welten basiert auf Gigantomanie und, auch wenn es im Inneren teilweise detailreich wird, basiert sie außen auf gewaltigen, grob geschnittenen Stein auf Stein gesetzten Festungen, die schon zu beeindrucken wissen. Stil ist letztlich wichtiger als technische Feinheit und so kann ich es letztlich Darksiders 2 zugestehen, dass es technisch zwar aufwendigere Spiele gibt. Stilistisch liegt es aber weit vor den meisten anderen. Sogar die deutsche Synchro bewegt sich auf einem durchgehend hohem Niveau. Es sind vielleicht zwei Sprecher, die ich austauschen würde und sie haben Nebenrollen. Die englische Vertonung ist natürlich noch einmal aufwendiger, aber trotzdem, dass ich von einer Synchro nicht abgeschreckt, sondern fast schon beeindruckt bin, ist selten. Gute Arbeit. Ich wünschte ich könnte das auch vom Soundtrack selbst sagen. Hat die visuelle Umsetzung Eigenständigkeit gefunden, der Score sucht sie verzweifelt. Die Musik ist immer passend, immer stimmig, immer im richtigen Tempo. Wenn sie nur nicht so austauschbar wäre … aber irgendwas ist ja immer.

Irgendwas ist immer, aber dass es so wenig ist wie in Darksiders 2, ist eine echte Ausnahme. Ein Level, der nicht ganz den hohen Standards der anderen folgen kann, ein Soundtrack, der "nur" gut ist, eine Kamera, die einen jeden Vollmond einmal im Stich lässt? Erstaunlicherweise: Ja. Das ist es so ziemlich. Aber … und ich bin sicher, dass ihr das hier in längerer Ausführung in den nächsten Tagen häufiger lesen werdet: Darksiders 2 erfindet nichts neu. All die Namen anderer Spiele, die ich im Laufe dieses Reviews fallen lies? Kein Zufall. Die Stärke von Darksiders 2 liegt darin, diese bekannten Elemente zu nehmen und sie zu einem perfekt geschliffenen Ganzen zu verbinden. Zum perfekten "Videospiel" wenn ihr so wollt, vorangegangene Definition dafür bitte zurate ziehend.

Die Punktabzüge sind so marginal, die gewaltige Spielwelt ist in der Größe so beeindruckend, wie es die feinen, gut balancierten Ausgestaltungsmöglichkeiten des Kampfes sind. Die Rätsel fordern euer Hirn auf die beste Weise, im Kampf zählt nur, was ihr mit dem Pad tut, und es gibt dabei keine Ausreden, da die Steuerung brav alles umsetzt, was ihr zu geben habt. Ich kann wirklich nur hoffen, dass mein Einleitungssatz eine Blödelei bleibt, denn Darksiders 2 zeigt, was ein gutes, klassisches Videospiel eigentlich sein kann. Es fordert euch, es gibt euch Freiraum und Auslauf, trotzdem eine Richtung und vor allem jede Minute davon Spielspaß, das einzig zählende Endresultat all dessen. Man muss dafür die Welt nicht immer neu erfinden. Nicht, wenn man sein Handwerk so beherrscht, wie es bei Vigil Games offensichtlich der Fall ist.

10 / 10

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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