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Call of Juarez: Bound in Blood

Weiber, Pferde, blaue Bohnen!

So steuert ihr eure Figur durch einen perfekt inszenierten Level-Schlauch, bei dem hinter jedem Fass ein Schurke und hinter jedem Baum ein Indianer hervorspringen kann. Dann heißt es zielen, feuern, nachladen und genießen. Wenige Meter abseits der vorgegebenen Strecke ruft einen das Spiel durch unüberwindbare Hindernisse oder „Bleib bei deinem Bruder“-Sprüche wieder auf den rechten Weg zurück. Der Ponyexpress rollt weiter.

Zusammen mit dem Apachen Seeing Father paddeln die zwei schlecht gelaunten Westernhelden in einem Kanu. Das Wasser des Gebirgsbachs wirkt, als sei es aus lebendigem Glas, so klar ist es. Sogar die Steine am Boden kommen hinter der glitzernden, wogenden Oberfläche nur einen ausgestreckten Arm weit entfernt vor. Am Himmel ziehen Greifvögel ihre Bahnen und irgendwo weit entfernt in den Bergen heult ein Kojote. Es ist der Wahnsinn, wie viel Feingefühl die Entwickler bei der Gestaltung des gesamten Szenarios beweisen. Ein hübscheres Western-Spiel hat es bislang noch nicht gegeben.

Ray unterbricht die Idylle: „Ich hasse Boote und ich hasse Wasser.“ „Hör auf zu jammern“, entgegnet Thomas. „Dass du kein Wasser magst, ist offensichtlich. Du stinkst wie eine Kuh aus dem Arsch.“ „Ihr stinkt beide“, beendet Seeing Father den Disput. Denn jetzt ist Vorsicht geboten. Das Kanu nähert sich dem Stammesgebiet der Navaho. Wer mit heiler Kopfhaut passieren will, hält besser die Klappe. Zu spät. Hinter den Fichten am Rand des Flusses lauern die ersten Späher. Und sie haben das Kanu entdeckt.

Zwischensequenzen treiben mit Dialogen die Story voran.

Zwei Mal im Spiel habt ihr die Möglichkeit, je drei Zusatzmissionen anzunehmen, die auf Steckbriefen bei dem örtlichen Waffenhändler angepriesen werden. Euer Held schnappt sich den Wisch und ein Pferd und reitet in die Prärie. Die Landschaft sieht wunderschön aus. Allerdings stößt die Playstation 3-Version bei vollem Galopp doch an ihre technischen Grenzen. Im Hintergrund poppen öfters Bäume und Felsen auf, beim Gras sieht man nur allzu deutlich die Schwelle zwischen unscharfer Tiefentextur und hochaufgelöster Kurzsichttapete.

Die Zusatzaufträge, wie die Arbeiter an einer Eisenbahnbrücke vor Indianern zu schützen oder Viehdiebe zu stellen, erweisen sich dennoch als gelungener Bonus. Da kommt ein bisschen das Helden-Freiheit-Gefühl auf, das Western-Veteranen vom Neversoft-Konkurrenten Gun kennen. Gegen mehr solcher Missionen hätte ich nichts einzuwenden gehabt.

Wem das noch nicht reicht, darf sich auch in Massenschießereien versuchen. Techland spendiert vier Spielmodi für bis zu zwölf Spieler. Spannend klingt der Modus „Wild West Legends“, bei dem Aufgaben rund um bekannte Ereignisse wie die Gefangennahme von Billy the Kid erledigt werden müssen. Ob diese Mehrspieler-Geschichten sich letztlich bei den Spielern durchsetzen - derzeit findet sich noch kein Mitspieler auf den Servern der Konsolenversion -, zeigt sich in einigen Wochen. Potenzial ist vorhanden, auch wenn Call of Juarez: Bound in Blood in erster Linie wohl ein Spiel für Solisten bleiben wird. Ein gelungenes Spiel.

Nebenbei erwähnt: Wer auf "Leicht" oder "Mittel" durchheizt, kann im ersten Durchgang mit einer Nettospielzeit von knapp 6 beziehungsweise 8 Stunden rechnen. Mit Wiederholungen und auf höheren Schwierigkeitsgraden dauert es entsprechend länger.

Nicht immer spritzt rotes Blut. Manche Stellen sind mit schwarzem Lebenssaft entschärft.

Bound in Blood ist in der Tat ein fantastisches Ballerspiel geworden. Während die PS3 und der Plasmafernseher die Zimmertemperatur aufheizen, kann man mitunter wirklich das Gefühl bekommen, in der Wüste gelandet zu sein. Wer eine Cowboy-und-Indianer-Schießbude mit Postkartenlandschaft sucht, sollte seine Kröten in den zweiten Teil von Call of Juarez investieren. Über Schönheitsfehler wie etwa nervige Speicherpausen oder strenge Level-Begrenzungen sehe ich in Anbetracht der Qualitäten hinweg. Die Luft im Western-Genre ist nämlich längst noch nicht so dünn, als dass man sich über solche Kleinigkeiten den Kopf zerbrechen müsste.

Wenn ich für den hoffentlich kommenden Nachfolger einen Wunsch frei habe, dann wünsche ich mir allerdings einen kooperativen Spielmodus. Das würde mir mehr Freude bereiten als jedes andere Mehrspieler-Anhängsel. Hoffentlich findet Techland auch bald jemand, der ihr Zombie-Epos Dead Island an den Mann bringen möchte. Die Firma hat das Zeug, einer meiner Lieblingsentwickler zu werden.

Call of Juarez: Bound in Blood erscheint am 2. Juli für PS3, Xbox 360 und PC. Die PS3- und PC-Testversion ließen sich im Übrigen auf Originalton umstellen.

8 / 10

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