Nintendos Wii U - Fakten, Erfahrungen, Spekulationen

Shigeru Miyamoto selbst erklärte in der allseits beliebten Nintendo-Fragerunde Iwata Asks, dass die Idee zu einem derartigen Controller schon länger im Raum stand. Bereits damals dachte er: "Es wäre doch nett, wenn es einen kleinen Monitor neben dem Fernseher gäbe, auf dem wir den Status der Wii-Konsole sehen könnten". Tatsächlich begann die Entwicklung des neuen Systems bereits lange bevor Tablet-Systeme wie das iPad populär wurden. Und sind wir mal ehrlich, ganz so neu ist die Idee mit einem kleinen Bildschirm im Controller auch nicht - bereits SEGAs Dreamcast bot die innovative VMU, eine Speicherkarte mit eigenem Bildschirm die über den Controller dann Extra-Informationen bot, beispielsweise direkte Nachrichten der Figuren aus Sakura Wars 3 oder Informationen über den Gesundheitszustand eurer Figuren bei Resident Evil: Code Veronica. Und dann waren da ja noch Nintendos Connectivity-Experimente in alten GameCube-Tagen...

Eine gänzlich unerwartete Inspiration für den neuen Controller sind auch japanische Karaoke-Maschinen. Satoru Iwata erklärt: "Das System ähnelt durchaus den Karaoke-Geräten. Der aktuelle Song und die Texte werden auf einem großen Bildschirm gezeigt, während der nächste Sänger bereits auf einer kleineren Fernbedienung mit eigenem Monitor das folgende Musikstück auswählt. Es ist viel leichter und angenehmer, auf einem Handheld-System das nächste Bild oder Video zu wählen, einen Text zu lesen, während ein großer Bildschirm sich besser dafür eignet, etwas mit einer Gruppe von Leuten zu teilen."

Generell sind die Möglichkeiten der neuen Hardware wirklich beträchtlich. Seien es nun simple Sachen wie ein ausgelagertes Inventar, eine handliche Übersichtskarte, oder auch mal zusätzliche Steuerungsoptionen oder ein virtuelles Keyboard - selbst von Gesichtserkennung über die eingebaute Kamera wird schon gemunkelt. Und natürlich ist da noch die Möglichkeit, das Spielgeschehen einfach vom Fernseher auf den Controller zu streamen. Dann kann die Angebetete in Ruhe das Finale von Germany´s Next Topmodel anschauen, während ihr euch weiterhin durch die Kavernen der aktuellen Zelda-Episode rätselt.

Kollege Kristian, der direkt vor Ort der Pressekonferenz beiwohnte und dann anschließend auch den neuen Controller anspielte, machte ein paar Interessante Entdeckungen: Der Controller ist gerade für seine Größe überraschend leicht – das macht deutlich, dass es sich definitiv einfach um einen Bildschirm mit Steuerelementen handelt – eigene Prozessoren befinden sich darin nicht, sämtliche Daten werden von der Hauptkonsole gestreamt. Auf den ersten Blick sieht das Gerät eher unhandlich aus, liegt aber tatsächlich beim Spielen super in der Hand, der Bildschirm ist angenehm hell und hochwertig.

Aber wo viel Licht ist, da ist auch Schatten: Ghost Recon Online war das einzige spielbare Core-Game vor Ort. Natürlich handelte es sich dabei noch um einen Prototypen, aber beim Spielen gab es auf dem Controller Video-Streaming Artefakte. Bei den Nintendo-Titeln war das dagegen nicht der Fall – die Technologie scheint also durchaus auch mal wieder das Potential für technische Probleme und Schnellschüsse zu beinhalten. Ghost Recon Online lief in 720p und sieht ziemlich ordentlich aus, vor allem steuert es sich natürlich sehr interessant. Auf dem unteren Screen hat man eine Übersichtskarte beziehungsweise eine 3D-Sicht der eigenen Drohne.

Die übrigen von Nintendo gezeigten Games sind alle wirklich relativ simpel. Das New Super Mario Bros. Mii-Gehüpfe ist beispielsweise sehr nett, aber unterm Strich doch nur eine hochskalierte Version des Wii-Hits. Bei Battle Mii sitzt ein Kämpfer in einem Raumschiff und ballert über den Controller auf zwei andere Miis in Kampfanzügen. Genau andersherum funktioniert Chase Mii, dort jagen Spieler mit der WiiMote einen Spieler der am neuen Controller mehr Übersicht hat, so entsteht eine recht frische Dynamik. Das vermag vielleicht nicht langfristig zu fesseln, die Idee dahinter ist aber sehr clever.

Gut gefallen die verschiedenen Grafikdemos, die beispielsweise einen hübsch detaillierten japanischen Garten zeigen. Am beeindruckendsten jedoch ist die längere Zelda-Sequenz - die allerdings nicht wirklich interaktiv war, lediglich Kamera und Licht konnte man beeinflussen, auf dem Controller war Links Inventar zu sehen. Wenn eine kommende Episode so aussieht, dann dürfen sich die Fans auf einiges gefasst machen. Eines ist bereits jetzt klar: Die Konsole kann was.

Bisher zeigte Nintendo allerdings noch keine großen, sich in der Entwicklung befindenden Titel. Außer Zusicherungen, dass ein neues Smash Bros. und die lang erwartete dritte Pikmin-Episode auf die Wii U kommen werden, hält sich der Gigant bislang zurück. Wie eben mit vielen anderen wichtigen Informationen auch. Der Release ist für irgendwann 2012 angedacht, vor April wird sich aber definitiv nichts tun, das ist jetzt bereits sicher. Über den Preis wird ebenso Stillschweigen bewahrt wie über die gerade hier enorm wichtige Online-Strategie, Starttitel und das tatsächliche Innenleben der Hardware.

Eines ist allerdings Sicher: Nintendo bringt endlich wieder frischen Wind in die eigene Konsolenlandschaft und setzt auch Sony und Microsoft wieder unter Zugzwang – während gerade letztgenannter Konkurrent immer noch extrem auf Bewegungssteuerung setzt, ist Nintendo schon wieder einen Schritt weiter. All die Bewegungsoptionen bietet auch die Wii U, betritt aber mit dem neuen, ungewöhnlichen Controller einmal mehr spannendes Neuland. Man darf fast schon fest damit rechnen, dass Sony demnächst ein ähnliches Zusammenspiel zwischen PS3 und PlayStation Vita ankündigen wird – man kennt das Vorgehen ja schon von Analog-Sticks, Rumble-Funktion oder Move-Controller.

Wir harren jetzt auf jeden Fall gespannt der Dinge, die da kommen, und hoffen auf neue Informationen – vielleicht gibt es die ja demnächst im Rahmen der Tokyo Game Show oder Nintendo veranstaltet mal wieder eine Space World Messe – das ist allemal wahrscheinlicher als dass die Japaner ausgerechnet auf der gamescom im August konkrete neue Fakten über den neuen Hoffnungsträger zum Besten geben. In diesem Sinne können wir es nur mit Kaiser Franz halten: Schaumer mal, dann seh mer schon.