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Lost Planet 3 - Test

Sogar mit Riesenmechs kann Langweile am Arbeitsplatz aufkommen. Zeit für einen Berufswechsel.

Manchmal soll es einfach nicht sein. Die Idee ist da, der Wille ohne Zweifel auch, sogar Talent will ich hier gar nicht absprechen. Aber manchmal passt es nicht und selbst die Ausdauer, mit der Lost Planet versucht, sich als Serie zu etablieren, wird durch diesen dritten Teil leider nicht belohnt.

Dabei beginnt alles so interessant. Statt eine nicht nachvollziehbare Mischung aus den Resten eines unbeendeten Anime-Scripts mit einem Shooter zu kombinieren - Lost Planet - oder gleich auf jeden Versuch zu verzichten, dem Spieler nahezubringen, worum zur Hölle es gehen könnte - Lost Planet 2 - setzt Lost Planet 3 auf ganz ehrliche Bodenständigkeit. Eine Erdigkeit, die man nur in der Truckermentalität eines Countrysongs findet. Dieser Trucker, Peyton, geht mit der Zeit und verlagert seinen Arbeitsplatz in den Weltraum, genaugenommen den frisch erschlossenen Eisplaneten E.D.N.3. Hier sitzt er jeden Tag in seinem nicht bewaffneten Arbeits-Mech, schwitzt in der Enge des Cockpits und erntet diese rötlich leuchtenden Energie-Reserven, um Lichtjahre entfernt Frau und Kind zu ernähren. So ungefähr stelle ich mir die Situation englischer Arbeiter in den frühen 80ern vor, als viele in der harten Rezession gezwungen waren, auf dem fernen Planeten Europa nach Arbeit zu suchen. Nur mit weniger lahmen Third-Person-Shooter-Einlagen. Jedenfalls habe ich davon nie gehört.

Der Planet selbst ist vielleicht die charakterstärkste Rolle und holt euch immer mal wieder aus der Routine.

Das ist auch ein wenig das Problem. Die Prämisse ist gut, sie hat auch schon für den ersten Alien-Film gut funktioniert. Das waren auch keine Space Marines, sondern glorifizierte Lasterfahrer, die eine fliegende Fabrik hinter sich herzogen. Daher ist es kein Wunder, dass Lost Planet 3 hier gerade bei der Musik ganz ordentlich zitiert. Aber nach zwei Stunden, in denen man nicht nur die anderen, vom Akzent her sehr multinationalen Geordies kennenlernt, ihre Macken zu schätzen weiß und der Arbeitsalltag sich zwischen Mechfahren, Ungeziefer ausrotten und Energie-Ernte einzupendeln scheint, verläuft sich alles mehr und mehr in Monotonie. Das Spiel versucht dabei ebenso hartnäckig wie zerpflückt gestreut, mystische Elemente einzubauen und ein großes Geheimnis um den Planeten und seine Bewohner zu spinnen. Nur hat man immer das Gefühl, dass es sich dabei selbst ein Bein stellt. Das passiert auf verschiedene Arten. Mal schickt es euch immer wieder in die gleichen Abläufe. Mal weiß das Script anscheinend nicht viel mit seinen Vorgängern anzufangen, will ihre Mythologie aber trotzdem nicht vernachlässigen. Und manchmal ist es schlicht und einfach nicht so gut geschrieben. Spannung kommt zu keinem Zeitpunkt auf, so ab Stunde drei ist es eine sehr gepflegte Langeweile auf einem soliden Niveau und selbst zum Finale hin lässt das Dümpeln nur minimal nach. Vor allem, weil es dort dann seine zumindest eigene Arbeiter-Charme-Prämisse zugunsten eines forcierten Verschwörungs-Plots inklusive nicht minder forcierten Standard-Heldentums des bis dahin fast glaubwürdigen Working-Class-Helden aus dem Fenster wirft.

A working class hero is something to be

Die Wiederholung an sich ist in einem Videospiel erst einmal und an sich nichts Böses oder Verwerfliches. Viele gute Spiele machen über Stunden oder Tage das Gleiche und erfreuen uns trotzdem immer wieder. Lost Planet 3 jedoch kostet seine Idee des nicht bewaffneten Mechs insoweit ein wenig zu sehr aus, als dass seine Funktionsweise wirklich der eines beschränkten Arbeitswerkzeuges entspricht. Bohren und Greifen, in Mini-Mini-Spielchen etwas drehen oder bewegen, es ist ein extraterrestrischer Gabelstapler. Stellt euch vor, dass Ripley vor dem Kampf mit der Alienqueen nicht nur in einer Szene zeigen würde, dass sie das Ding zu bewegen weiß, sondern dass 30 Prozent des Films aus den üblichen Aufgaben des gelben Anzugs bestehen würden. Also Kisten heben und Schalter drehen.

Manche verschieben Kisten, andere verprügeln Aliens. Aber am Ende ist es auch nur ein Job.

Wie auch der Film muss natürlich auch hier ausgekostet werden, dass so ein Ding auch zum Monster-Quetschen geeignet ist und neben der stimmigen Einleitung der ersten Stunden sind das mit Leichtigkeit die besten Momente des weiteren Verlaufs. Die monströsen Eisviecher mit Schlägen und Bohrer zu malträtieren, ist eine sehr erfrischende Abwechslung zum üblichen Lost-Planet-Modus, in dem gefühlt alles, was als Gegner relevant ist, euch haushoch überragt. Alles, was einem Mann nur zur Schulter reicht, ist eh nur Kanonfutter und lässt sich in dem Mech angenehmerweise wortwörtlich übergehen. Die leichte Klaustrophobie des Cockpits wird durch das eingeschränkte Sichtfeld gut unterstützt und steigert dank einiger generischer folkiger Country-Mood-Tunes auch noch die Atmosphäre. Selbst wenn sich die Herausforderungen des Eisplaneten für ein solches Ungetüm in Grenzen hielten und hier die Routine am ehrlichsten zu spüren war, hatte ich eigentlich nie wirklich Lust, den warmen Sitz des Mechs zugunsten eines Ausflugs zu Fuß aufzugeben. Weil dann müsste ich ja ballern.

Ich habe definitiv schon schlimmere Shooter gespielt, aber leider verschwand der erste Eindruck zwar funktionaler, aber nie emotionaler Schusswechsel nicht, sondern intensivierte sich mit jeder monotonen Stunde. Da hilft auch das in der Basis mögliche Verbessern der Waffen nicht, wenn sie denn so belanglos als Standard-Arsenal daherkommen und sich vor allem frei jeder dynamischen Kinetik spielen. Dass das auch bei einem Third-Person-Shooter nicht sein muss, bewiesen die Gears-Spiele eindrucksvoll. Spürt ihr dort das Gewicht der Waffe und den Rückschlag bei jedem Tastendruck fast physisch, merkt man hier gar nichts. Da ist ein Fadenkreuz, da ist ein Gegner, dank etwas zickiger Bewegungen nicht ganz leicht auf Linie gebracht und dann ... nichts. Ein Schussgeräusch, ein Aufblitzen der Mündung, aber ein kein Feedback, weder bei der eigenen Figur noch wirklich bei den Biestern, die entweder unmotiviert platzen - kleine Gegner - oder als Groß-Monster so wenig Regung zeigen, dass man sich schon fragt, ob man gerade Schaden verursachte. Es ist nicht das unerhörte, aufregende Zerschreddern von Monstrositäten, sondern eine weitere profane Arbeitstätigkeit, egal, ob ihr nun die Horden von Kleinvieh aus dem Weg räumt oder einen der Riesen fällt.

Holt schon mal den Schraubenzieher raus, ihr nähert euch dem Missionsziel.

Diese sind übrigens erstaunlich einfach zu bezwingen, nachdem ihr erst mal verstanden habt, dass es wirklich nur darum geht, die Taste mit der Rolle zur Seite zu finden. So weicht ihr ihren leicht vorhersehbaren Attacken aus und bearbeitet dann die bunt leuchtenden Stellen so lange, bis ihr gelangweilt aufgebt und es später noch mal versucht - oder das Viech recht unspektakulär endgültig einfriert. Solltet ihr mal verwundet werden, reichen wildes Rollen und Rennen in der Regel aus, da das frühere Heilen durch Hitze-Quellen nun weitestgehend zugunsten der üblichen automatischen Wiederherstellung der Gesundheit aufgegeben wurde. Deutlich gefährlicher sind da die kleineren Mobs, da sie gefühlt schneller mehr Schaden verursachen - die Masse macht es - und ihr nicht so leicht einfach für ein paar Sekunden ausweichen könnt. Hier hilft das funktionale Deckungssystem, sofern es denn nicht möglich sein sollte, die praktisch ohne KI auskommenden Biester einfach rückwärts in einen engen Gang zu locken und dort mit der Schrotflinte zu bearbeiten. Die dann noch auftretenden Tode, solltet ihr euch doch überrennen lassen, werden durch sehr faire Rücksetzpunkte abgemildert. Das macht die Wege durch viele belanglose Höhlen und banal gestalteten Stationen nicht spannender, aber zumindest müsst ihr sie nicht so oft wiederholen.

Stabilität allein ist nicht gut genug.

Der Multiplayer ist ebenfalls vorhanden, wobei diese Formulierung keine Einleitung zu einer besonders ausufernden Erklärung all seiner Möglichkeiten sein soll, sondern mehr oder weniger den Grad an Emotionen beschreibt, den er bei mir auslöst. Ein bisschen Deathmatch, ein wenig Capture the Flag, dazu noch das nötige Maß an Horde. Kann man spielen, muss man nicht, vor allem weil auch gegeneinander die gefühlstoten Shooter-Mechaniken nicht wirklich besser werden. Nur bei der Technik möchte ich anmerken, dass die Probleme unseres Live-Streams wirklich nicht repräsentativ sind. Weder auf dem PC noch auf der Konsole lief das Spiel beim Test in irgendeiner Weise instabil oder stürzte überhaupt einmal ab. Auch sonst hat das Studio seine Engine ganz gut im Griff und es ist ganz sicher kein hässliches Spiel. In einzelnen Momenten, praktisch alle davon auf der Oberfläche des umstürmten Planeten, zeigen sich sogar kleine magische Momente, in denen das Licht aus den Wolken herausbricht, über schroffe Berge tanzt, das Eis gleißen lässt und euer kleines Cockpit erhellt. Nur um dann wieder daraus zu vertreiben und in eine austauschbare Höhle zu schicken, in der man sich besser nicht jede Textur zu genau ansieht.

Wer hätte gedacht, dass so etwas mal als banale Routine enden würde?

Lost Planet 3 hatte eine Idee, wie die Serie wohl zu retten sei und ich will nicht mal sagen, dass es die falsche war. Sich nach all dem Chaos auf eine erdige Handlung zurückzuziehen, funktioniert die ersten zwei, drei Stunden wirklich gut. Danach jedoch lässt sich der Bauarbeiter-in-Space-Charme nicht für weitere zwölf oder mehr Stunden aufrechterhalten. Es verkommt zu einer Routine in Belanglosigkeit, der auch die immer wieder zart aufkeimende, aber viel zu spät und viel zu plump in den Ring geworfene eigentliche Handlung nicht viel entgegenzusetzen hat. Das hier ist ganz gepflegte Langeweile, aufgelockert durch schöne Momente, die einem von der Natur des fremden Planeten geschenkt werden. Insoweit erinnert es einen wirklich daran, wie es wohl ist, einen Job an einem fernen, fremden Ort ausführen zu müssen.

Ob das als Lob zu verstehen ist, kann sich jeder selbst aussuchen, aber zu einem wirklich guten Spiel fehlt hier einiges. Eine Handlung mit mehr Antrieb, Shooter-Mechaniken, die zumindest auf Augenhöhe mit den weit älteren Gears dieser Welt sind und abwechslungsreichere Gedanken zu den Einsatzmöglichkeiten des Riesenmechs. Die Wiederholung profaner aber notwendiger Bewegungen ist Arbeit, aber Videospiele sind nicht Arbeit. Oder zumindest sollten sie es nicht sein. Nur genauso fühlt sich das Durchspielen an. Kompetent genug, als Möglichkeit, den Tag zu Füllen effizient, nicht ganz ohne Spaß an der Sache, aber das Herz ist einfach nicht so richtig dabei. Es ist Zeit, zu kündigen und EDN III zu verlassen, diesmal vielleicht endgültig.

5 / 10

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