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Razer Phone 2 - Wenn Extreme Slingshot endlich nicht mehr ruckeln soll

DAS Gaming-Smartphone?

Razer scheint das mit seinen Luxus-Telefonen ernst zu meinen. Sie sind jetzt kein klassischer Smartphone-Produzent, insoweit war beim ersten die Frage berechtigt, ob man denn genug Hingabe dafür aufbringt, diese Produktschiene zu verfolgen, aber zumindest für einen Nachfolger hat es gereicht, der auch groß von O2 vermarktet wird. Razer macht jetzt also wohl auch in Phones. Und natürlich ist Gaming der Hauptfokus.

Screen und Äußerlichkeiten

Der Monolith unter den Smartphones.

Gut so, denn das Razer 2 widerspricht so ziemlich allen aktuellen Modetrends. Es ist nicht besonders dünn, es hat keine Edge-Kanten, keinen Screen-Notch oben. Es verzichtet auf einen Audio-Klinkenausgang, das ist wohl ein Trend, dem es folgt, aber sonst ist der schwarze Minimonolith schon eigen. Mit 220 Gramm ist er sicher nicht auf der leichten Seite des Phone-Lebens und vor allem fühlt sich das Gewicht in der Hand auch ungewohnt an. Statt abgerundeter Ecken hat das Razer 2 noch richtige, die ihm einen durchaus coolen archaischen Look geben, aber sich auch eben in die Handfläche drücken können. Aber die Haptik an sich fühlt sich absolut wertig und auch nach den stolzen 800 Euro an, die dafür gefragt sind. Wie ein Panzer und das ist auch gut so.

Denn auch wenn die Gorilla-5-Glasrückseite noch so hübsch ist und für kabelloses Laden auch so beschaffen sein muss, ich habe noch nie ein so rutschiges Telefon in der Hand gehabt. Ich hatte schon andere Geräte mit Glasrückseiten, aber keines von denen schien einfach die Reibungskräfte aussetzen zu können. Einmal fiel das Razer schmerzhaft auf Fliesen, weil es ein paar Millimeter über die Tischkante hinausguckte. Es hilft nicht, dass die Kamera auf der Rückseite nervig heraussticht und so das Ganze auch noch ein paar Millimeter anwinkelt. Ich sah noch, wie es fast in Zeitlupe zu rutschen begann, Fahrt aufnahm und dann den Boden küsste. Aber auch gleichzeitig: Es landete aus solchen Gründen ein paar Mal unsanft, aber jenseits von einem Millimeter abgeplatzter Farbe am Alu-Body hat sich Razer 2 nichts anmerken lassen. Ich hatte Samsungs, die bei einem Bruchteil der Einschläge, die das Razer hier überstand, in Trümmer zerfielen. Hier? Nichts. Insoweit ist es natürlich die Ironie, dass ihr für dieses Phone, obschon es die Widerstandfähigkeit eines Elefanten an den Tag legt, dann doch eine der nur extra zu kaufenden Hüllen haben müsst, weil auch Elefanten mal einen schlechten Tag haben können.

Während andere Geräte alles, was nicht Screen ist, wegrationalisieren, stellt das Razer 2 stolz seine Lautsprecher zur Schau.

Auf der Rückseite habt ihr das dreiköpfige Schlangenlogo von Razer, das erst einmal nett grün leuchtet, aber es kann etwas mehr als das. Außer natürlich, ihr schaltet es ab, um Akkuleistung zu sparen. Tut ihr das nicht, dann bietet es vollen Chroma-Support, mit dem es hübsch in zig Farben leuchten kann. Auch lässt es sich innerhalb eines Netzwerkes in eure Razer-Chroma-"Infrastruktur" einbinden und blinkt dann unisono mit dem Rest. Das einzige, was nicht geht, ist das Managen dieser Infrastruktur damit, was sehr verwunderlich ist. Denn welches Gerät hätte sich besser als Kontrollstation dafür angeboten, als das, was neben dem Gaming-PC liegt? Schade.

Kein Taucher-Handy, aber Regenschauer und gelegentlich mal Kaffee machen nichts.

An Tasten beschränkt man sich auf das Minimum. Ihr habt die Lautstärke links und die eine Alles-Taste mit eingebautem Fingerabdrucksensor rechts und unten einen USB-C-Port. Die Fingerabdrucksensor-Taste ist kein Highlight, denn so schick es sein mag, dass sie nahtlos in das Gehäuse eingefügt ist, sie lässt sich relativ schwer ertasten. Leider ist es auch eine von denen - wie zum Beispiel auch bei Sony -, die ihr erst drücken müsst, bevor der Scan und das Telefon freigegeben wird. Der nahtlose Scan wie beim Honor Play oder Googles Pixel fühlt sich da weit moderner und bequemer an. Der Scanner an sich arbeitet tadellos. Habt ihr die Taste gefunden, gab es nie einen Moment, wo er nicht sofort seine Arbeit tat.

Der Screen klingt mit WQHD-Auflösung - 2560 x 1440 LCD IGZO - und 5,7 Zoll erst mal nach nichts Besonderem, aber unter der Haube und seinem stabilen Gorilla-Glas schlummern 120 Hz Bildwiederholrate, die ihr im Menü auch auf 60 drosseln könnt, was eine Menge Akkuleistung spart. Tut ihr das nicht und belasst es bei dieser für ein Handy einmaligen Refresh-Rate, dann bekommt ihr zusammen mit dem leistungsstarken Prozessor - 2,8 GHz Snapdragon 845 - das wohl flüssigste Android-Benutzererlebnis, das ihr derzeit finden könnt. Egal, ob Webseiten gescrollt werden oder ihr durch die Screens flippt, es ist außerweltlich butterweich. Scrollen hat nie so viel Spaß gemacht wie auf dem Razer 2! Auch die Pixelschärfe und Detailsauflösung ist ausgezeichnet.

Oben, unten, links und rechts.

Aber, wo viel Licht ist, muss auch Schatten sein und das in diesem Fall fast wortwörtlich. Das TFT-Display ist zwar ultraschnell, aber was Farben und Helligkeit angeht, bewegen sich die Super AMOLEDs auf einem ganzen anderen Level. In diesen Punkten wirkt es für Außenstehende, als würde nicht nur das Design etwas reaktionär daherkommen, sondern auch der matte, dunkle Screen mit seinen relativ blassen Farben aus einer anderen Zeit stammen. Hier ist es eine Frage des direkten Vergleichs. Wenn ihr in letzter Zeit nicht mit Dingen wie den neuen Apple- oder Samsung-Geräten in Kontakt kamt, wird es euch nicht so sehr auffallen, aber ich stelle mir gerade vor, wie ein O2-Verkäufer einen Kunden zu überzeugen versucht, der das Razer neben ein Note 9 legt. "Aber dieses hier scrollt viel flüssiger!" dürfte nicht zu oft das große Gewinnerargument sein. Wie gesagt, der Screen des Razer schlägt sich auch in diesen Punkten nicht schlecht gegen die üblichen Phones, aber gegen die anderen Flaggschiffe, deren Preisniveau es ja auch anstrebt, sieht es wortwörtlich etwas alt aus.

Innere Werte

Mit der praktischen Cortex-App steuert ihr die Leistung des Handys für jedes Spiel getrennt. Oder ihr schaltet einfach die generellen Presets durch.

Die Leistung des 4000mAH-Akkus hängt am Ende natürlich stark davon ab, was ihr in der sehr bequemen Cortex-App auswählt. Ihr habt einen Stromsparmodus, eine Art Mixed-Mode und einen Gaming-Modus. Bei Letzterem dreht der Screen auf 120 Hz hoch, der Prozessor geht auf Anschlag hoch und natürlich ist dann der Akku nach drei Stunden von 100 auf null runter, wenn ihr denn dann wirklich 3D-Games spielt. Mit dem Sparmodus hatte ich keine Probleme durch einen ganzen normalen Arbeitstag - ein wenig Surfen, viele Mails, Youtube hier und da - zu kommen und immer noch am Abend um die 40 Prozent übrig zu haben. Am Ende nutzte ich meist nicht den Prozessor-Game-Boost, aber die 120 Hz und das reichte gerade so für den Tag. Außer natürlich, 3D-Gaming kam dazu, aber das ist ja klar.

Blasse Farben, schwache Kontraste, wird es dunkel, ist es endgültig finster: Die Kamera überzeugt nicht gerade.

An Speicher habt ihr satte 8GB LPDDR4X RAM und 64 GB Speicher, wie (fast) immer durch microSD erweiterbar. Der Snapdragon 845 mit 2,8 GHz ist mit Ausnahme von Apples A12 Bionic CPU mit das Beste, was es aktuell am Markt gibt und das merkt man auch, nicht zuletzt in besagt smoothen Interface. Ebenfalls von Qualcomm stammt die Adreno 630 GPU, die mit dem 845 Hand in Hand geht. Ich konnte zig Tabs in Chrome öffnen, im Hintergrund zwei Dutzend Programme laufen lassen und das Razer 2 juckte das herzlich wenig. Es ist, wie so viele Top-of-the-Line-Geräte für das Alltagsleben komplett überzüchtet und wundervoll, etwas, das man immer erst dann bemerkt, wenn man zurück auf ein Mittelklasse-Phone geht.

Im Zweifel hilft der HDR-Modus, etwas zumindest.
Die Detailauflösung könnte deutlich besser sein.

Beim Gaming darf der Sound natürlich nicht vernachlässigt werden und hier kommt die etwas klotzige Form des Gerätes ins Spiel. Über und unter dem Screen habt ihr viel schwarze Fläche, hinter der sich jeweils ein Lautsprecher verbirgt, um seitlich gehalten euch mit Stereo-Sound zu beglücken. Und ja, wie immer bei Lautsprechern, sie brauchen eine gewisse Größe, um sich zu entfalten. Natürlich ist das hier kein Hi-Fi, aber für ein Handy ist es klanglich okay und vor allem laut ohne zu verzerren. Als Feature gibt es dann noch Dolby Atmos, was über Kopfhörer oder die Anlage für interessante Klangspielerein und etwas Räumlichkeit sorgte, aber sich nicht annähernd über die Winzboxen entfalten kann. Ist drin, ist ein Gimmick, aber ein nettes.

Kommen wir zuletzt zum größten Schwachpunkt des Razer 2: Aus welcher Generation bitteschön stammt denn diese Kamera?! Man muss es nicht mit den Besten vergleichen, selbst das in dieser Rubrik auch nicht gerade endgültige Honor Play bringt besseres, als diese wie ausgewaschen wirkenden Farben und Kontraste. Details werden mal überbetont und verzerrt, mal verschluckt und im relativen Dunkel könnt ihr das Razer 2 steckenlassen, sofern ihr keine Artefakt-Sammler seid. Auch Filmen ist damit nicht die größte Freude, wobei hier das Ergebnis etwas näher am Durchschnitt der Phone-Welt lag. Ja, es reicht für einen Schnappschuss hier und da, aber wo andere Smartphones hart mit dem Markt der Mittelklasse-System-Kameras konkurrieren, geht das Razer 2 fast schon in die Zeit zurück als die Phone-Kamera eine Notlösung war.

Aber, keiner kauft das Razer 2 für die Kamera, also auf zu den Spielen und natürlich zuerst den Benchmarks:

Gaming und Benchmarks:

3DMark: WOW, WTF!!! Extreme Slingshot Vulkan kann also flüssig laufen! Okay, andere Telefone bekommen das auch hin, aber diese guckte ich mir zum Vergleich erst im Nachhinein kurz an. Nachdem das eigentlich ja schon im 3D-Bereich solide Honor Play mit diesem Effekt-Ansturm zu kämpfen hatte, läuft es auf dem Razer 2 flüssig. Das ist optisch beeindruckend und auch in den Zahlen spiegelt sich das wieder: Fast 5000 Punkte, Vulkan immer noch mit 3770 Punkten. Das lässt sogar das S9 hinter sich und so ziemlich jedes andere Smartphone auf dem Markt. Die einzigen Konkurrenten auf dem Level kommen von ASUS mit ihren ROG Phone und etwas, das sich Meizu 16 Plus nennt. Und 500 Euro kostet. Eine dieser China-Marken, die man sich wohl nicht merken muss. Wie Huawei ... Egal, rockt, aktuelle Spitze in diesem Benchmark.

Satte Werte im 3D Mark.

Geekbench 4: knappe 2500 Single-Core-Punkte und 9008 im Multicore-Betrieb zeigen zwei Dinge: Zum einen liegt das Razer 2 auch hier ziemlich weit vorne und wird eigentlich nur von Apples A12 Luxus-CPU überholt - das allerdings deutlich, über 11000 Punkte - und dass der Kirin 970 im Honor Play für kleines Geld sich relativ nah an den Snapdragon 845 herantraut. Sicher, es ist noch mal ein Stück mehr an theoretischer Leistung, aber nicht so viel und als Mid-Level-CPU dürfte sich der Kirin in Zukunft noch sehr gut machen.

Und wie sieht es mit der praktischen Leistung aus? Traum. Wenn es um 3D-Gaming geht, das leistet das Razer 2, das, was es verspricht, nämlich ein Gaming-Smartphone zu sein. Ohne Wenn und Aber, geht in die Cortex-App, wählt ein Spiel aus, dort dann in den benutzerdefinierten Einstellungen 2,8GHz ungebremst, 1440p Auflösung, 120 Hz und Anti-Aliasing, bei dem sich die Framerate des Bildschirms wie bei einem G-Sync-Monitor mit der des Spiel abgleicht und starte. PUBG kann aktuell mit 60 Frames im flüssigen Grafik-Modus aufwarten, leider auch nur, wenn man HDR ausschaltet - die Features sind in dem Spiel etwas seltsam miteinander gekoppelt. Mit diesem hat es dann fixe 40 Frames, aber da weder das eine noch das andere auch nur für eine Sekunde wegsackt, dürfte sicher sein, dass die Leistung des Razer hier noch nicht auf Anschlag gefordert wird.

PUBG läuft auf diesem Handy absolut tadellos und das mit 60 Frames.

Tekken erreicht natürlich auch die 60 Frames, das war zu erwarten. Asphalt 9 läuft auch auf dem Razer 2 mit 30 Frames, aber es ist ein schönes Beispiel, wie gut Handy-Spiele skalieren können. Im Gegensatz zu den 30 Frames auf einem schwächeren Gerät habt ihr hier eine höhere Auflösung und alles sieht nach deutlich mehr Lichteffekten aus. Das ist ein richtig schönes Spiel, das will ich (ohne F2P) auf den großen Konsolen! Das effektlastige Action-RPG Darkness Rises bleibt bei betonierten 45 Frames, während diese auf dem Honor hier und da leicht absacken und schwächere Geräte öfters auch mal die 30 Frames sehen. Auf solche Momente verzichtet ein Gerät, dass den 3DMark-Test so locker sieht wie das Razer 2. Selbst 2D wird manchmal beschleunigt. Final Fantasy Brave Exvius lief plötzlich sehr viel schneller an, was zwar die Timings beim Chaining durcheinanderbrachte, aber das Grinding deutlich beschleunigte. Es fällt derzeit schwer, etwas zu finden, das das Razer 2 nicht mit links handhaben würde.


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DAS Gaming-Phone? Ja, kann man so sagen.

Also? Ist das Razer 2 nun das ultimative Mobile-Gaming-Gerät, das relativ viel Geld aktuell kaufen kann? Ja, oder zumindest ist es mit einer bestenfalls Handvoll anderer Geräte ganz an der Spitze der Leitungsmöglichkeiten unterwegs, wenn es um 3D und Frameraten geht. Dazu kommen nette Features wie die durchaus brauchbaren eingebauten Boxen, gute Sound-Optionen, ein paar Spielereien wie die Chrome-Beleuchtung und die schicke Cortex-App. Und sonst? Es ist ein solide verarbeitetes, wertiges Gerät, das viele Anforderungen eines Flaggschiff-Phones erfüllt, im 120Hz-Modus eine fast einmalig flüssige Benutzerführung erlaubt, aber eben auch nicht ohne Schwächen ist. Die Kamera wäre eine ganz essenzielle Baustelle, die rutschige Handhabung, die bei dem eh schon nicht kleinen Phone eine Schutzhülle unumgänglich macht, ist nicht ideal im Alltag und der zwar schnelle, aber eben auch nicht sonderlich leuchtstarke oder farbintensive Screen wird von anderen Telefonen deutlich überboten. Es ist ein Gerät, dass die Nische besetzt, mit der es werben geht: Das Razer Phone 2 ist ein Gaming-Phone. Ohne Wenn und Aber und mit den Kompromissen, die eine Spezialisierung mit sich bringt. Als Gaming-Smartphone ist es jedoch eines der besten Geräte, die ihr überhaupt kaufen könnt.


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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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