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Anno 1701

Schöner wohnen auch ohne Missionen

Pest und Spionage

Wer in der Universität große Kriegsschiffe erforscht, kann sich daran wagen, die Gegner im eigenen Hafen zu bekämpfen.

Nach und nach blüht und gedeiht die eigene Siedlung. Klickt man ein Wohnhaus an, sieht man schnell auf einen Blick, ob und woran es den eigenen Leutchen mangelt. Diese Missstände sollte man schleunigst ausräumen, sonst machen die Bürger Ärger, rennen mit Plakaten auf die Straße oder demolieren sogar die Gebäude. Zum Glück kommt ab und an hilfreicher Besuch vorbei. Ein Priester sammelt zusätzliches Gold für die Staatskasse, der Schmied lässt ein paar Werkzeuge springen, Musikanten heben die Laune der Bevölkerung. Dann kann man kurzzeitig die Steuern anheben und es spült zusätzliche Mittel in die Kasse. Allerdings sind diese Besuche nie von Dauer. Zu Beginn kann man sich auch nicht aussuchen, wer gerade helfend vorbei kommt. Das ändert sich, sobald man einmal einen Senat errichtet hat und die dazu notwendige Forschung abschließt. Forschung? Ja, zuerst wird in Schulen getüftelt, später auch in der Universität. So entwickelt man die Feuerwehr, schnellere Schiffe oder auch nützliche Spionagetechniken. Wer ein Logenhaus errichtet, kann fortan auf Mausklick die anderen Parteien ausspionieren. Später mopst man so auch Geld aus deren Staatsäckel oder hetzt einem der anderen sogar die Pest auf den Hals.

Das möchte man manchmal auch der eigenen Königin. Die ist die meiste Zeit die oberste Dienstherrin und stellt schon mal Forderungen nach Gold. Gut, im Notfall gewährt sie auch gelegentlich eine Finanzspritze. Trotzdem sitzt sie einem immer im Nacken und kommentiert spitz das eigene Vorankommen. Auf ewig muss man sich das nicht bieten lassen. Denn man kann sich die Unabhängigkeit auch erkaufen, indem man nur genügend Geld abliefert. Oder aber die königliche Flotte herausfordert und versenkt.

Genau, wie ist das eigentlich mit dem Militär? Nach wie vor ist die Armee eine äußerst teure Sache, die einen schnell in den Ruin treiben kann. Allerdings wird man zumindest auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad teilweise förmlich dazu gezwungen, auch mal die Waffen sprechen zu lassen. Spätestens wenn ein Nachbar unverschämte Tribute fordert und bei Nichtbezahlen selber angreift. Die Truppen stammen aus der Kaserne, Waffen aus der eigens dazu errichteten Schmiede. Wenn das jeweilige Problem gelöst ist, sollte man aber tunlichst die Truppen wieder einstampfen, denn sie verursachen enorm hohe Betriebskosten, genauso wie Kriegsschiffe. Die kann man immerhin dazu einsetzen, aufmüpfige Piraten in Schach zu halten. Oder man schmeichelt sich bei den Brüdern dadurch ein, dass man die anderen Spieler attackiert. Dadurch bekommt man günstig Waren von den Piraten, verscherzt es sich aber gründlich mit dem Rest der Welt.

Perfekte Menüs

Die Menüs (hier das Warenlager) sind allesamt sehr strukturiert und übersichtlich aufgebaut.

Spielerisch halten sich die Unterschiede zum Vorgänger in Grenzen. Bei der Steuerung hat das Team von Related Designs (No Man’s Land) aber ganze Arbeit geleistet. Denn die umständlichen, und nicht gerade hübschen Menüs der Vorgänger sind sehr übersichtlichen, aufs Wesentliche reduzierten Steuerleisten gewichen. Die man zudem auch – wenn man sie mal nicht braucht – verschwinden lassen kann. Sehr komfortabel geht es beim Wegebau zu. Nur eben Startpunkt und Ziel markieren, schon liegt die Straße. Wer unbedingt will, kann aber auch wie früher umständlich per gedrückter Maus die Pfade legen. Auch der Häuserbau geht kinderleicht von der Hand. Und wichtige Infos werden immer am oberen Bildschirmrand eingeblendet. Sämtliche Icons sind selbstbezeichnend, eingeblendete Tooltipps erklären die wesentlichen Funktionen.

Wem das Endlosspiel zu langweilig wird, kann sich an den zehn Szenarien versuchen. Allerdings sind die alles andere als spannend. Die ersten drei hat man binnen einer Stunde durch und nichts anderes gemacht, als ein paar 08/15-Waren zu produzieren. Später wird es etwas fordernder. Allerdings teilweise auch nerviger. Etwa wenn man stundenlang eine Karte nach Schiffbrüchigen abklappert, um ganz kurz vor Schluss noch gesagt zu bekommen, „So und jetzt baue mal eben eine komplette Siedlung mit Militärproduktion auf.“

So schön sieht nur Anno 1701 aus.

Dafür ist die Grafik einfach grandios. Wenn man Anno das erste Mal sieht, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Landschaft, Gebäude, Menschen und Tiere passen einfach wundervoll zusammen. Die Produktionsstätten und Bauernhöfe wirken märchenhaft echt, dazu gibt’s jede Menge nette Kleinanimationen. Herumflatternde Vögel, Hirsche, Elefanten und Tiger, die durchs Gehölz streifen. Musikanten, die durch die Straßen marschieren, wütende Bürger mit Protestplakaten. Das alles fast frei zoom- und drehbar. Wer mag, kann auch den schmucken »Postkartenmodus« aktivieren und so die Grafik ohne störende Menüs genießen. Dazu ertönt Anno-übliche Mittelaltermusik und eine ganz ordentlich gelungene Sprachausgabe. Allerdings kommt nicht die erste Garde der kinoerprobten Sprecher zum Einsatz, sondern eher deren Hörspielkollegen.

Beim letzten Mal wurde er nur angekündigt, diesmal gibt’s ihn wirklich: den Mehrspielermodus für bis zu vier Parteien. Der funktioniert über LAN oder Gamespy. Allerdings ist das nichts für eilige Gemüter. Denn bis man tatsächlich mal miteinander zu tun bekommt, kann schon einige Zeit vergehen. Trotzdem: Auf lange Sicht eine lohnende Sache.

Ja, Anno 1701 hat mich wieder hypnotisiert. Gebannt sitze ich vor dem Bildschirm und gucke meinen Leuten bei der Arbeit zu. Und das mit sehr viel Freude. Hier und da greife ich mal ein. Aus den Vorgängern weiß ich ja noch, dass sich schnelles Vorgehen nicht auszahlt. Immer schön gemächlich wachsen. Allerdings liegt auch genau darin mein größter Kritikpunkt. Anno 1701 ist nichts anderes als eine schönere, spielerisch optimierte Version von Anno 1602. Neues sucht man vergeblich. Alles ist darauf ausgelegt, dass auch Einsteiger schnelle Erfolge haben. Ich hatte meine erste Partie bereits nach rund fünf Stunden gewonnen. Auf höherem Schwierigkeitsgrad dauert es zwar länger, aber viel anderes tut man auch nicht. Das ist zwar schon einiges, nur hatte ich zumindest mit ein paar spannenden Szenarien gerechnet. Doch Pustkuchen, die sind langweilig. Eine richtige Kampagne gibt’s gar nicht. Die sollten Sunflowers und Related Design schnellstens nachreichen (meinetwegen als Addon). Denn bereits jetzt - nach gut einer Woche Spiel - beginne ich mich nach etwas Neuem zu sehnen. Wie wär’s, wenn mal das Militär etwas stärker eingebunden würde? Oder Eingeborenenstämme, die sich anders verhalten als normale Händler. Noch funktioniert die Hypnosegrafik. Doch bald, sehr bald sollte Nachschub in Form fordernder und spannender Missionen kommen. Wer noch nie ein Anno gespielt hat, kann aber auf jeden Fall zuschlagen. Denn schöner als dieses, ist derzeit keins.

Auf Eurogamer-TV findet Ihr eine Reihe von Anno-Videos. Unter anderem die Naturkatastrophen.

9 / 10

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