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Lost Horizon

Indiana Jones lebt!

So ganz aus der Luft gegriffen ist die Geschichte der Nazi-Truppen in Tibet übrigens nicht. Der deutsche Zoologe Ernst Schäfer war Ende der 30er-Jahre tatsächlich auf einer von der SS-Organisation Ahnenerbe sowie von Heinrich Himmler geförderten Expedition in den Bergen des Hochlands unterwegs. Das war es aber auch schon mit den geschichtlichen Parallelen.

In der Vorgeschichte spielt ihr zunächst einen Militär-Kumpan Fentons, dessen Einheit in besagtem Kloster strandet. Dann greift Fenton ins Spiel ein. Ihr sprecht mit einer Bardame in Hong Kong, werdet in einer Kiste im Meer versenkt und so weiter. Fast wie bei einem Film aus Hollywood. Das ist gewollt. „Wir möchten den Spieler von Anfang an schnell in die Geschichte hineinziehen. Das Ganze soll sich anfühlen wie ein schöner, klassischer Abenteuerfilm“, bestätigt Zeugner.

Hollywood ja, aber natürlich mit der für Adventures typischen gemächlichen Spielmechanik und im Vergleich zu Hochglanzproduktionen schlichterer Comic-Grafik. Zwar sind die Figuren 3D-Modelle, mit Motion-Capturing-Verfahren animiert, sprechen halbwegs lippensynchron und werfen Schatten, doch wirkt Lost Horizon eher bodenständig. Das birgt auch durchaus Vorteile. So sollte das Spiel bereits auf einem 2-GHz-Single-Core-Rechner mit 512 MB Arbeitsspeicher und 64-MB-Grafikkarte bestens laufen.

Ausflug nach Berlin: Hakenkreuze gibt es in keiner Fassung des Spiels.

Bei den Mehrfachauswahl-Gesprächen gönnt Lost Horizon den Gesprächspartnern im Gegensatz zu Geheimakte einige Großaufnahmen. Das erhöht die Dynamik. Genauso wie die zum Teil schön bewegten Hintergründe. Wenn ihr euch etwa an die Flugzeug-Szene erinnert: Dort fliegt die Messerschmitt über einer Berg-und-Wolkenkulisse, die die ganze Zeit in Bewegung ist. Sehr schön gemacht! Sieben Kapitel mit zusammen rund 140 Szenen verspricht Animation Arts. Das ist enorm. So verschlägt es euch neben Hong Kong, Tibet unter anderem auch nach Marrakesch oder zu den Olympischen Spielen nach Berlin.

Die Spielmechanik setzt auf die Tugenden des Genres. Ihr kombiniert Gegenstand A mit Objekt B, legt Zeitungsseiten auf einen Müllberg, zündet sie mit dem Benzinkocher an, um in einem Topf Eisbrocken zu schmelzen. Neu sind die gesprochenen Zusammenfassungen, die ihr euch jederzeit anhören dürft. Ideal für Spieler, die leicht den Faden verlieren oder nicht über die Zeit verfügen, das Spiel am Stück zu beenden. Bei einigen Aufgaben habt ihr auch die Wahl zwischen einer leichten und einer schweren Variante, etwa wenn es darum geht, die Stromkabel eines Akkus zu entwirren.

Überhaupt scheinen die Entwickler mit Lost Horizon das Genre noch ein wenig mehr der Allgemeinheit zugänglich machen zu wollen. Die Anzeige relevanter Objekte auf dem Bildschirm ist mittlerweile Standard, logische Knobelaufgaben hingegen noch längst nicht. „Wir haben uns vorgenommen, die Rätsel besser in die Geschichte zu integrieren“, so Zeugner. „Wenn uns das so gut gelungen ist, wie wir glauben, macht es das Spiel auch ein Stück einfacher, da es weniger frustriert.“ In den ersten beiden Kapiteln, scheint der Plan aufzugehen. Mal sehen, wie sich der Rest des Spiels präsentiert.

Marocco, einer der exotischen Schauplätze im Spiel.

Adventures haben etwas Beruhigendes an sich. Zumindest wenn sie gut gemacht sind. Man darf ein Abenteuer erleben, ohne schnelle Reaktionen oder Zeitdruck. Und genau diesen Eindruck hinterlässt die spielbare Vorabfassung von Lost Horizon bei mir. An des Rätsels Lösung zu tüfteln unterhält mich gut, ohne mich zu frustrieren. Denn wenn ich eines nicht leiden kann, dann sind es Adventures, die mich im Regen stehen lassen und die man ohne Lösungsbuch nur als Genie oder Wahnsinniger zu lösen vermag.

Ob sich das nun als roter Faden durch das ganze Abenteuer zieht, kann ich anhand der ersten beiden Kapitel noch nicht bestätigen. Ich hoffe es allerdings, denn schon jetzt habe ich Fenton und die anderen Charaktere lieb gewonnen. Auch wenn mich persönlich der Grafikstil nicht durchgehend anspricht, die Geschichte scheint spannend und das Spiel handwerklich in den besten Händen. Mit der ganz großen Liebe rechne ich persönlich eher nicht, aber falls ihr nach Black Mirror 2 mal wieder Lust auf ein Adventure mit mehr Tiefgang und weniger Witz als Sam & Max oder Tales of Monkey Island habt, könnte Lost Horizon ein guter Freund werden.

Lost Horizon erscheint voraussichtlich im August für PC.

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