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HBOs The Last of Us Folge 7 hat seine Zombies nicht im Griff – die Charakterzeichnung dafür umso mehr

Episode 7 zeigt, dass der DLC Left Behind direkt ins Spiel gehört hätte.

Spoiler zu Folge 7 von The Last of Us

Okay, ich muss es, glaube ich, so langsam mal zu Papier bringen: So cool die Pilz-Zombies in The Last of Us, dem Spiel, auch waren, so schwach finde ich sie in der Serie. Das geht mit dem Make-up los, das immer irgendwie aufgesetzt aussieht und setzt sich in den Implikationen fort, die einige Design-Entscheidungen für die Handlung haben. Ellie und Riley werden gebissen und haben schon Sekunden danach zehn zentimeter lange rankende Vernarbungen, die auf die Infektion hindeuten. Es ist, als vertraute HBO seinen Zuschauern nicht, zu begreifen, was so ein Biss in dieser Welt bedeutet. Und glaubwürdig wirkt es auch nicht. Wir sollen glauben, dass ein Pilz so schnell wachsen kann? Und mir fallen immer wieder solche Kleinigkeiten auf.

Da spricht sicher auch der Korinthenkacker aus mir, aber wenn wir von Infizierten sprechen, anstatt von Untoten, dann müssen die einfach essen und trinken. Es ist ja nicht so, dass der Pilz die Körperfunktionen dieser Menschen übernimmt, er beeinflusst sie ja nur in eine Richtung, die seiner Ausbreitung zuträglich ist. Mit den Pilz-Tentakeln, die aus dem Rachen ragen, stelle ich mir das schwierig vor. Und wer keine Energie zuführt, der kann auch keinen Muskel mehr bewegen und deshalb auch nicht neuen Opfern nachstellen.

Ellies Leben in der Bostoner QZ als Fedra-Rekrut - ein Hundeleben, aber zumindest ihre Ausbilder sehen mehr in ihr...

Die Mär vom Infizierten, der lange genug in der Ecke liegt, um mit der Wand zu verwachsen, bis ihn ein Geräusch an einem für den Zuschauer Spannungs-fördernden Moment weckt, funktioniert für mich in diesem realistischeren Szenario einfach nicht. Genauso wenig, wie rammelvolle Untergrund-Kolonien von Pilzköpfen oder der Bloater, der ja eigentlich unter dem Gewicht seines Pilzbewuchses zusammenbrechen müsste. Was ich im Spiel zum Teil gut akzeptieren konnte, klappt in der Serie für mich nicht so recht.

Das Gute: Das ist eigentlich das Einzige, was ich an Folge sieben zu meckern habe. Der Rest war in Sachen Charakterzeichnung fantastisch und bringt uns Ellie sehr viel näher. Das waren 50 Minuten einfühlsames Coming-of-Age-Liebesdrama mit viel Gespür für die Sorgen, Ängste und Unsicherheiten jugendlicher Außenseiter. Allein schon der Dialog zu Beginn mit dem Fedra-Offizier, Ellies heimlicher Blick auf sein Familienfoto als Grenzüberschreitung, ihre Art von Trotzreaktion. Und dann das zaghafte Herantasten an eine möglicherweise nicht erwiderte Liebe… Das alles malt unser Bild von Ellie farbenfroh und plastisch weiter aus.

Mehr Witze von Ellie! Immer gut. Auch wenn die beiden nicht lange etwas zu lachen haben.

Ramsey spielt sowohl den zähen Underdog als auch das blauäugig über eine laufende Rolltreppe in Ekstase geratende Kind und die über ihre Gefühle verwirrte, aber nicht verzweifelnde Teenagerin festen Fußes, oft alles auf einmal, mit einem randvollen Koffer cleverer Darstellerentscheidungen. Viel professioneller und hingebungsvoller geht es nicht. Als sie am Ende ihrer Wut und Trauer gewaltvoll Luft macht und den Laden kurz und klein schlägt, passt auch das bestens zur Figur, die in dieser Nacht so kurz davor war, aus heiterem Himmel glücklich zu sein. Hier treten einmal mehr starke Unterschiede zum Spiel hervor. Der Moment nach der Infektion ist in der Serie aufgewühlter, weniger abgeklärt – und in der letzten, tränenvollen Umarmung der beiden jungen Liebenden letztlich mitnehmender. Das hat mir hervorragend gefallen.

Außerdem war es so fabelhaft in Joels Rettung integriert, dass es schwerfällt, zu glauben, dass dieser Teil der Geschichte nie zum ursprünglichen Spiel gehört hat, sondern als DLC nachgereicht wurde. Nicht, dass man sich seinerzeit über mangelnden Content hätte beschweren können. Aber die Left Behind ist doch ein so integraler Bestandteil von Ellies Figur, dass es ohne eigentlich nicht geht. Gut, dass dieser Teil der Geschichte eine komplette eigene Episode bekommen hat.

Schauspiel ohne viele Worte.

Weniger gut natürlich, dass wir nächste Woche schon die David-Folge bekommen werden, wenn die Serie nicht doch noch auf den letzten Metern eine andere Ausfahrt nimmt. Klingt absurd. Aber wenn man bedenkt, wie polarisierend The Last of Us Teil 2 war – und wie bewusst unbarmherzig hässlich seine Geschichte, ist es nicht komplett auszuschließen, dass HBO eine andere Richtung einschlägt. Es wäre nicht die erste Show, die sich nach werktreuem Beginn vom Ursprungsmaterial entfernt. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Story von Part 2 ohne den Spielanteil funktionieren kann, denn das Game zog insbesondere aus der Komplizenschaft des Spielers viel Energie für seine mürbe machende Meditation über Gewalt. Und auch in Sachen Härte geht die Sendung längst nicht so in die Vollen wie die Spiele. Wir werden sehen.

Aber es ist schon schade, dass jetzt in unter 100 Minuten bereits wieder alles vorbei sein soll. Ich bin gespannt, wie sie das angehen wollen.

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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