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Marvel’s Echo enttäuscht: Das hier ist doch nicht John Wick fürs MCU

Mal wieder gute Ansätze, aber zum Ende inhaltlich verwaschen und tonal problematisch.

Einige gute Action-Szenen und starke Darsteller können nicht verhindern, dass ich diese tonal zusammenhanglose Serie bald vergessen haben werde.

Schwere Spoiler zu Marvel’s Echo

Bis ungefähr zur Mitte der fünf Folgen langen Staffel von Echo war ich durchaus angetan und beinahe der Meinung, das hier könnte etwas werden. Die Pilot-Episode brachte die indigene (Anti-)Heldin nach den Geschehnissen von Hawkeye gut auf die Füße und bestätigte scheinbar die nach dem blutigen Trailer geweckte Erwartung einer Art “John Wick des Marvel-Kosmos” mit einer wunderbar ruppig-choreografierten, unterhaltsamen Kampfszene.

Folge zwei verschob den Fokus auf Mayas persönliches Umfeld in Oklahoma, von dem sie sich entfernt hatte und weckte Interesse, ob und wie ihre kriminelle Vergangenheit mit den friedfertigen Menschen dort kollidieren würde. Gute Nebendarsteller, wie der immer unterhaltsame Graham Greene und die mir bisher unbekannte Tantoo Cardinal, bringen leichtes Familiendrama-Flair in die Serie und Cody Lightning hat Comedic-Relief für zwei Serien im Gepäck.

Marvels Orientierungslosigkeit setzt sich fort

Aber es wird schnell klar, dass die Show entweder nicht genau wusste, was sie sein wollte, oder wie man das glaubwürdig rüberbringen könnte. Fünf Folgen scheinen mir sowohl für die emotionale Tiefe der problematischen und nicht uninteressanten Charakterbeziehungen als auch für den leider ziemlich klischeehaften Mystizismus zu wenig, der Maya Lopez’ (wie Echo “bürgerlich” heißt) nie genau definierte Superkräfte rechtfertigen soll. Als sie die in einer himmelschreiend komischen Sequenz am dramatischen Höhepunkt der Serie an ihre Großmutter und Cousine weiterverteilt, fühlte ich mich beinahe persönlich angegriffen, so dumm war das. Das war mehr Eternals als Daredevil (der eine nette, aber folgenlose Cameo im Piloten hat).

Ich verstehe, warum Marvel denkt, dass wir derartigen Hokuspokus glauben. Wir haben ihnen den Hulk abgenommen, diverse Alien-Gottheiten und sprechende Waschbären. Aber sie haben nicht gemerkt, dass unser Budget zur willentlichen Aussetzung unserer Ungläubigkeit schon seit einer Weile aufgebraucht ist. Das kommt natürlich zu einem ungünstigen Zeitpunkt, wenn das Studio versucht, neue Figuren und Geschichten zu etablieren – genau deshalb finden ja auch viele, dass es eine Pause gebraucht hätte. Die will nur niemand uns oder diesem Universum gönnen.

Marvel's Echo in Bildern

Aber schade ist es schon… da gibt es in Folge drei eine durchaus spannende Geiselnahme, die in einer hanebüchenen, aber gut gefilmten und ziemlich unterhaltsamen Kampfszene endet. Die könnte ich aber kaum genießen, weil ich zu sehr daran zu knapsen hatte, dass sich Maya zu ihrer Befreiung binnen Minuten aus einem Rollschuh, Kugellagern und Gummibändern eine Schusswaffe zusammen-MacGyverte. Woher – zur Hölle – kam das!?

Wie so oft bei jüngeren Marvel-Produktionen kommt es mir vor, als hätte ein halbes Dutzend Showrunner nur eine kurze Plot-Zusammenfassung bekommen, jeder mit demselben Cast seine eigene Serie gedreht, bevor dann ein verrückt gewordener Editor deren einzelne Szenen wild aneinanderreihte. Da wird lange daran gearbeitet, Sympathie für Maya aufzubauen, eine Folge später sprengt sie mit einer Bombe einfach mal ein komplettes Lagerhaus in New York – ein Verbrechen, bei dem ungezählte Unschuldige hätten draufgehen können.

Kingpin als fragiler Soziopath - subtil geht anders

Und wenn sie in der letzten Folge die Choctaw-Rüstung anlegt, die ihre Großmutter angefertigt hat, macht das aus dramatischer Sicht vielleicht Sinn, sieht in diesem Handlungsrahmen – und in dieser Ausleuchtung – aber alles andere als cool oder tonal passend aus. Ganz egal, wie sehr die Autoren uns daran erinnern wollen, dass das hier eine Superhelden-Serie ist und die entsprechenden Kostüme ein natürlicher Teil davon sind. Davon abgesehen bin ich immer noch kein Fan von Vincent D’Onofrios Kingpin, dessen Manneurismen mir einfach zu dick aufgetragen sind. Es ist mir vollkommen unmöglich, hier mehr als eine bewusste Performance zu sehen. “Überspielt” ist er, so würde ich das ausdrücken und eigentlich möchte ich ihn nie wieder sehen. Nicht in diesem Universum.

Wie eingangs schon erwähnt: Aus diesem Cast – diesen Kingpin vielleicht subtrahiert, oder zumindest etwas anders gespielt – und mit dieser Ausgangslage hätte man etwas machen können. Man hätte sich nur für eine Sache entscheiden und die dann durchziehen müssen. So wie es ist, ist Echo leider symptomatisch für die kreative Krise im MCU. Wo sich die Zuschauer damals wie von selbst alles so passend machten, dass sie Thor und Captain America nebeneinander als selbstverständlich sehen konnten, gelingt das mit den neuen Figuren irgendwie nicht so recht. Denn sie wissen selbst nicht wirklich, wo sie hingehören und wie sie sich einfügen sollen.

Sie sind weder ihr eigenes Ding, mit klarer Vision, noch Teil des großen Ganzen. Kein Wunder, dass das MCU so verwässert wirkt.

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