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Shoguns finsterste Folge: Das Imperium schlägt zurück

Vergessen, bevor man sich deiner erinnert.

Spoiler zu Folge 7 von Shogun

Ich bin nicht sicher, ob es nicht auch daran liegt, dass ohnehin in jedem der immens dichten Dialoge von Shogun eine unterschwellige Bedrohung mitschwingt. Aber in Episode 6 spürte ich schon zu Beginn harte Red- Wedding-Vibes. Eine Situation, auf die die Autoren der Serie mit spitzer Feder zugeschrieben haben.

Nach der Eskalation der Lage in Osaka ist der Rat um Ishido zwar immer noch einen Buben von einem Full-House entfernt, der zunehmend verzweifelte Toranaga muss aber so langsam etwas wagen, wenn er sich und seinen Clan noch retten will. Daher nimmt er Kontakt zu seinem seit Jahren entfremdeten Halbbruder Saeki auf, um sich der Unterstützung dessen mächtiger Armee für einen blutigen Präventivschlag auf den Rat zu versichern.

Soooo gut als Yabushige: Tadanobu Asano spielt eine meiner Lieblingsfiguren.

Bereits bevor sich der imposante Krieger mit seiner silbrigen Armee aus dem Nebel schält, fragt man sich, was Toranaga diese Schützenhilfe wohl kosten mag, dann lässt Saekis überraschend sonnige Begrüßung alle Alarmglocken bimmeln. Und zuletzt kommt es noch schlimmer. In einem brillant geschriebenen und gespielten Gelage vor den Allianzverhandlungen zwischen Toranaga und Saeki wechselt der Ton fast unmerklich vom Jovial-feierlichen in schockierende Verzweiflung.

Die elegantere Red Wedding - Schock ohne Blutvergießen

Uns wird klar, dass Ishido Toranaga zuvorgekommen ist und Saeki den in der letzten Minute von Folge 5 freigewordenen Ratsplatz von Sugiyama offeriert hat, um seinen Halbbruder ans Messer zu liefern. Saekis Leute umstellen Ajiro und Toranaga ist einmal mehr hoffnungslos festgesetzt. Blankes Entsetzen, auch ohne Blutvergießen, wie es Game of Thrones gern so ansatzlos derb aus dem Ärmel schüttelt.

Wenn es der Serie bisher um eines geht, dann ist es, dass im steten Ringen um Status, Einfluss und Vermächtnis Eifersucht und Misstrauen letzten Endes doch am stärksten wirken. Keine dieser Figuren operiert nur auf einer Ebene. Ob es nun John Blackthorne ist, dem man zutraut, sein Schiff direkt gen Alte Welt zu segeln, sobald Toranaga einer seiner zunehmend drängelnden Bitten entspricht, Yabushige, der lieber nicht hier wäre, letztlich aber doch das Beste aus einer aussichtslosen Situation zu machen versucht, oder Teehaus-Chefin Gin, die bei allem Intrigieren letzten Endes wohl doch aufrichtig um ihre Zunft und die Damen unter ihre Obhut sorgt. Das ist wirklich großartig konzipiert und gespielt.

Ruhmloses Ende für Nagakado.

Wie erwartet, tut Toranaga das einzig Vernünftige und stimmt der Aufforderung zur Kapitulation zu, was sein unerfahrener Sohn Nagakado mal wieder nicht versteht. In einer letzten friedlichen Begegnung an der heißen Quelle gibt ihm sein Onkel einen schicksalhaften Satz mit auf den Weg: ”Denke an dein Vermächtnis. Geschlachtet zu werden wie Hühner. Vergessen, bevor man sich deiner erinnert…”. Das hatte etwas von einer selbsterfüllenden Prophezeiung, denn wohl auch von der Angst getrieben, kaum als Fußnote in die Geschichte einzugehen, verübt Nagakado an einem Attentatsversuch auf Saeki, als dieser später im Freudenhaus Kikus Dienste in Anspruch nimmt.

Als er kurz vor dem entscheidenden Schlag ausrutscht und an einer Kopfwunde verblutet, deren Geräusch mich noch Tage (oder besser Nächte) verfolgen wird, wird es dieser Satz vom Vergessenwerden gewesen sein, der in seinen Ohren widerhallte. Der Regen, der die Credits hindurch auf uns herunterprasselt, vermag die Second-Hand-Agonie nicht wegzuspülen, die man stellvertretend für den Jungen verspürt. Eine nette Geste des Regisseurs war er dennoch.

Vier Folgen noch und noch so viel zu klären. Weshalb denkt Lady Ochiba, Toranaga wäre für den Tod ihres Vaters verantwortlich? Welche Rolle werden die Portugiesen noch spielen? Reißt sich der offensichtlich an einer mittelalterlichen posttraumatischen Belastungsstörung leidende Buntaro zusammen oder eskaliert die Lage zwischen ihm und Blackthorne respektive Mariko vollends? Feine Fernsehkunst. Ein Hochgenuss.

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