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The Last of Us Remastered - Test

Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast.

Noch einmal etwas hübscher, als es dieser Weltuntergang eh schon war: Eines der besten der letzten Generation, nun bereits für die aktuelle.

Man darf nicht den Fehler machen, The Last of Us Remastered die aktuelle Situation zum Vorwurf zu machen. Natürlich: Gefühlt erscheint für PS4 dieser Tage kaum ein Spiel, das nicht etwas Aufgewärmtes mit dem Namenszusatz „HD" oder ähnlichem wäre. Dabei ist es schwerlich die Schuld dieser Updates, dass so wenige originär neue Spiele für PS4 und Xbox One herauskommen. Ihre Produzenten gehorchen einfach der Statistik. Im Sony-Lager lautet die: Gut die Hälfte der PS4-User besaß die Vorgängerkonsole nicht und hat damit das ursprüngliche Spiel verpasst. Was läge da näher, als die jüngsten Juwelen der letzten Generation in die neue zu holen?

Wem die Remasters dieser Welt nun sauer aufstoßen, der kann und sollte nichts weiter tun, als sie zu ignorieren und der naturgewaltig einsetzenden Welle an neuen Spielen zu harren, die da kommen wird, weil sie immer kommt, sobald das zweite Weihnachtsgeschäft einer Plattform anrollt. Das war bisher nach jedem Konsolenstart so und wiederholt sich nun einfach - nur, dass wir dieses Mal den Luxus haben, einige der besten Spiele der jüngeren Vergangenheit in ihrer optimalen Form zu erleben. Und gerade The Last of Us schrie regelrecht nach einer solchen Überarbeitung.

Naughty Dogs 2013er-Ausnahmetitel sah schon auf der PlayStation 3 fantastisch aus, daran änderte auch das beachtliche Alter der Hardware nichts. Worunter es aber sehr wohl ein wenig litt, war die mittelprächtige Bildrate in belebten Szenen, die regelmäßig mit höheren Latenzzeiten, also Eingabeverzögerungen der Controller-Kommandos, einherging und das Spielen stellenweise zu einer trägen Angelegenheit machte. Auch gingen feine Details, gerade an den von der widerwärtigen Pilzplage gezeichneten Gegnern, in einer Mischung aus niedriger Auflösung und starkem Motion-Blur unter.

All die schonungslosen Details sind nun deutlicher zu erkennen, was die hoffnungslose Stimmung ebenso unterstreicht wie die emotionalen Höhepunkte dieser Reise.

Das Remastered-Paket des Survival-Spiels korrigiert nun all das und packt den fantastischen DLC dazu (was der kann, lest ihr im umfassenden Test zu Left Behind). Damit nicht genug, die Texturen wirken definierter und ploppen nicht mehr in die Szenerie, die Schatten scheinen eine Idee feiner. In Außenszenarien steigerte man nebenher noch die Sichtweite. Wie sich das alles im Einzelnen auswirkt, beschreiben Richard und seine Kollegen von Digital Foundry in zwei unterschiedlichen Technikanalysen (einmal analysierten sie The Last of Us Remastered für sich genommen, einmal im Vergleich mit der PS3-Version). Jeder, dem das Spiel aber noch halbwegs frisch im Gedächtnis ist, wird unmittelbar spüren, wie die gesteigerte Auflösung und Bildrate das Spiel bereichern.

Es sind die Details, die jederzeit leichter auszumachen sind und dem Spieler so helfen, die jeweilige Spielsituation auf Anhieb zu erfassen. So trifft man schnellere Entscheidungen, die auch im passenden Moment erfolgen, weil die flinkere Bildrate für unmittelbare Reaktionen auf eure Tastendrücke bürgt. Es ist definitiv ein Schritt nach vorne in Sachen Spielbarkeit, und das in einem Titel, der sich ohnehin schon recht ziemlich gut, wenngleich auch etwas träge anfühlte.

Und so wird es kaum eine große Überraschung sein, dass ich The Last of Us auch in remasterter Fassung wieder hoffnungslos verfallen bin. Sah es nach der Ankündigung noch danach aus, als wolle der Uncharted-Entwickler auf der Zombie-Survival-Welle mitsurfen, entpuppte sich das Werk inhaltlich und spielerisch als deutlich ambitionierter und überraschender, als man ihnen je zugetraut hätte. Es ist kein flockiges Ballerspiel mit losem Mundwerk geworden, sondern ein grimmiger Road-Movie vom Ende der Menschlichkeit. Es degradiert Schusswaffen zu Nebendarstellern und fordert zu gleichen Teilen Planung und Improvisation vom Spieler ein.

Atmen nicht vergessen!

Überhaupt ist es rein mechanisch gesehen vermutlich das erfüllendste aller Spiele dieses Entwicklers. Wo Nathan Drake sich durch Einbahnstraßen ballert, haben Joel und Ellie mit einem vergleichsweise schmal angelegten Arsenal ungezählte Möglichkeiten, sich monströser Infizierter oder marodierender Banditen zu erwehren. Die dynamische KI mag nicht komplett logisch auf jede Aktion reagieren, aber sie bleibt immer in Bewegung und improvisiert nicht weniger häufig als der Spieler selbst. Keine zwei Anläufe auf eine Situation verlaufen gleich, was man dank der vielen grausamen Tode, die man stirbt, auch schnell zu spüren bekommt.

Es ist grimmig, unbarmherzig und spannend, bis die Fingerknöchel weiß werden, wenn man mal wieder geduckt auf dem Rückzug ist und zu hoch gezielte Schrotladungen einem einen neuen Scheitel ziehen. Findet man hinter einem Tresen plötzlich den letzten Stofffetzen, der für die Herstellung eines Molotows nötig ist, wendet sich in Sekundenbruchteilen das Blatt. Die Spielsituation macht ansatzlos auf dem Absatz kehrt, die Rollen von Jäger und Gejagtem werden neu ausgewürfelt. Wie The Last of Us beiläufig neue Optionen im Kampf offeriert, während andere schwinden, weil man vielleicht nicht aufgepasst hat, ist absolut einzigartig. Nur wenige Spiele bieten einen derart dynamischen, sandboxartigen Ansatz in ihren Kampfsystemen und sind zu so starken Stimmungswechseln in der Lage.

Und das ist eigentlich auch schon alles, was PS4-Besitzer über The Last of Us Remastered wissen müssen (auch wenn sie natürlich herzlich eingeladen sind, sich unseren umfassenden Test des Originals noch einmal durchzulesen, der abzüglich der Technik auch auf die Neuauflage zutrifft). Es ist nicht nur auf der letzten, sondern auch auf dieser Konsole eines der stärksten Spiele überhaupt. Fast beiläufig hauchte es mit Stealth- und Survival-Horror-Elementen gleich zwei halbtoten Genres wieder Leben ein, ohne sich ihrer Klischees zu bedienen, und wurde damit sein eigenes Biest.

Dass es darüber hinaus auch erzählerisch von sich reden macht, wäre fast nur ein Bonus, wenn gerade dieser Aspekt nicht so maßlos überzeugen würde. Die herzzerreißende Geschichte romantisiert zu keinem Zeitpunkt oder verfällt dem Pathos, wie es geringeren Spielen so häufig passiert, weil sie sich nicht auf Subtilität verstehen. Das ist die Stelle, an der gutes Handwerk zu Kunst und ein exzellentes Spiel zu einem zeitlosen wird.

10 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Über den Autor
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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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