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Fanatec Gran Turismo DD Pro Lenkrad: Was bringt ein Direct-Drive-Wheel?

Ihr liebäugelt damit, vom herkömmlichen Controller in die Königsklasse der Lenkräder umzusteigen? Dann findet ihr hier Eindrücke von jemandem, der genau das getan hat.

Einen Disclaimer muss ich unbedingt vorwegschicken: Dieser Artikel ist kein Test. Zwar habe ich schon in einigen, teils absurd teuren Racing-Rigs gesessen, Zuhause war ich seit über 20 Jahren aber stets mit einem sehr normalen Lenkrad unterwegs. Zuerst kurbelte ich an einem Thrustmaster, dann vornehmlich mit Logitech und zuletzt an deren G29 - mehr als etwa 250 Euro habe ich dafür aber nie bezahlt. Und so fehlen mir sowohl der unmittelbare Vergleich als auch die Erfahrung, um das Gran Turismo DD Pro fachgerecht einzuordnen.

Das hat allerdings einen Vorteil. Denn so kann ich euch vielleicht beschreiben, wie sich das anfühlt, von heute auf morgen einen Controller zu bedienen, der mit 700 Euro nicht nur wesentlich teurer ist als die Holzklasse, sondern technisch auch in einer ganz anderen Liga spielt. Und ich kann versuchen, die Frage zu beantworten, ob dieser Umstieg den gewaltigen Preisunterschied überhaupt wert ist.

Das Layout des Gran Turismo DD Pro ist auf das Spielen an PS4 und PS5 zurechtgeschnitten, das Wheel selbst funktioniert auch am PC tadellos. Die farbigen 4-Wege-Knöpfe sind sogar nur da aktiv.

Ich vermute nämlich, dass ich nicht der Einzige bin, der über diesen Schritt nachdenkt. Immerhin haben Rennsimulationen in den letzten fünf bis zehn Jahren gehörig an Schwung gewonnen, wobei unter anderem Gran Turismo Sport viel dafür getan hat, auch Feierabend-Raser an den virtuellen Motorsport heranzuführen. Und so dürfte es gerade mit dem Erscheinen von Gran Turismo 7 so manchen Motorsport-Fan geben, der jetzt ebenfalls über ein Direct-Drive-Wheel nachdenkt.

Die Technik in aller Kürze

Es liegt ja nicht nur an der gestiegenen Popularität des Genres. Es liegt vor allem daran, dass der seit 15 Jahren auf Lenkräder spezialisierte Hersteller Fanatec mit seinem CSL DD sowie dem PlayStation-Komplettpaket Gran Turismo DD Pro zwei Direct-Drive-Varianten zu einem halbwegs erschwinglichen Preis anbietet. Musste man bisher für Motor, Lenkrad und Pedale (die meisten Komponenten werden getrennt angeboten, da sie wie ein Baukastensystem kombinierbar sind) einen guten vierstelligen Betrag ausgeben, ist man beim DD Pro schon mit 700 am Start. Wie das geht? Ganz einfach: Der Motor, welcher sämtliche Feedback-Kräfte aufs Lenkrad überträgt, gehört zu den schwächsten seiner Art und das Paket enthält nur zwei Pedale. Die Bremse muss zudem ohne Load Cell auskommen, weshalb sie sehr leichtgängig ist.

Wer darin allerdings einen faulen Kompromiss vermutet, der liegt daneben. Denn zum einen ist der Unterschied zu klassischen Rennkurbeln auch so bemerkenswert und zum anderen kann man das Paket erweitern,etwa mit einem Boost Kit, das die Stärke von 5 auf 8 NM erhöht, sowie mit einem zusätzlichen Pedal samt Load Cell. Für mich war das jedenfalls ein entscheidender Gedanke: Erst mal sehen, wie es sich anfühlt. Aufrüsten kann man später immer noch. Schließlich sind Motor, Lenkrad und Pedale wie gehabt Teile des modularen Fanatec-Systems.

Schon der kleinste Direct-Drive-Motor ermöglicht ein deutlich besseres Feedback als riemen- oder zahnradgetriebene Lenkräder.

Während das Gran Turismo DD Pro dabei auf Gran Turismo 7 sowie dessen Vorgänger zurechtgeschnitten ist, funktioniert es natürlich generell als PS4- bzw. PS5-Controller und kann ohne jede Einschränkung am PC betrieben werden. Steckt man ein Xbox-Lenkrad auf den Motor, arbeitet es sogar mit Microsoft-Konsolen zusammen.

An dieser Stelle außerdem ganz kurz eine Beschreibung dessen, was ein Direct Drive eigentlich ist, dessen deutsche Übersetzung Direktantrieb in unserer Hobbynische praktisch nie verwendet wird. Bei einem solchen wird die Kraft des Motors nicht über Riemen oder Zahnräder, sondern ohne Vermittler unmittelbar auf die Lenkachse übertragen, wobei keine mechanische Verbindung zwischen Motor und Achse besteht. Dadurch können nicht nur größere Kräfte wirken, es schleichen sich auch keine Ungenauigkeiten wie bei klassischen Controllern ein, während die Abnutzungserscheinungen deutlich geringer ausfallen.

Aufbau und Stabilität des Gran Turismo DD Pro

Damit aber genug Fachsimpelei. Wie war es denn nun, mein G29 ab- und das DD Pro anzuschrauben? Zunächst mal: schwer! Wenn auch nur, was das Gewicht angeht. Die Wheel Base, in der sich der Motor befindet, wiegt mit fast fünf Kilogramm nämlich einiges mehr als das für den handlichen Gebrauch vorgesehene Logitech-Gerät. An einen Campingtisch sollte man es deshalb und aufgrund der im Einsatz erzeugten Kräfte nicht klemmen. Auch kleine Wheel Stands sowie Tische mit wackeligen Beinen sind mit Vorsicht zu genießen.

Es braucht kein professionelles Cockpit, um mit dem DD Pro Gas zu geben.

An den meisten Tischen, Stands oder gar Cockpits wird das allerdings problemlos funktionieren - auch weil dafür keinerlei Verschraubung nötig, aber selbstverständlich möglich ist. An meinem GT Omega Racing, der eigentlich nicht für dieses Lenkrad gemacht ist, fühlt sich das DD Pro jedenfalls sehr wohl. Das liegt auch daran, dass die Pedale nicht vom Fleck rutschen, obwohl ich sie aufgrund der vorhandenen Bohrungen mit nur einer Schraube fixieren konnte. Diese Stabilität verdanken sie der gummierten Unterseite sowie der Tatsache, dass man die Bremse ohne Load Cell nur behutsam treten muss. Wie das mit Load Cell aussieht und ob das Ganze auch auf glatten Fußböden oder gar Auslegware am Platz bleibt, kann ich euch nicht sagen.

Test Drive mit dem Gran Turismo DD Pro

So, damit endlich ab auf die Piste - da gehört das Wheel schließlich hin. Und meine Güte, wie großartig es sich dort anfühlt! Teilweise wusste ich gar nicht, was in Gran Turismo oder Assetto Corsa Competizione, meinen beiden zentralen Arbeitsplätzen als Hobby-Pilot, alles simuliert wird. Nun zählt das Force Feedback des G29 ohnehin zu den schwächeren seiner Preisklasse. Trotzdem ist das hier noch mal eine ganz andere Welt. O. K., keine buchstäblich andere vielleicht. Es ist ja durchaus so, dass ein normales Lenkrad viele wesentliche Eindrücke wiedergibt, darunter das Überfahren hoher Randsteine, Gripverlust bei Drehern und vieles mehr.

Was schon das kleine Direct Drive an zusätzlichen Details vermittelt, ist jedoch bemerkenswert. Ich habe vorher zumindest kaum bzw. gar nicht gespürt, wann die Bremse blockiert. Es gibt Bodenwellen, die ich bisher gar nicht kannte. Und es ist erstaunlich, wie stark die roten Abweiser von unten gegen das Auto schlagen. Nun war mir freilich auch so klar, dass man die vermeiden sollte. Es war aber eher ein theoretisches Wissen, dem ich inzwischen hinzufügen kann: Das will man den Boliden auf keinen Fall antun!

Eine Portion Hintern

Mit dem G29 hat es sich immer ein wenig so angefühlt, als würde man hinter einem Filter sitzen. Man sieht ja immer, wie das Auto auf Eingaben reagiert. Aber man kann vieles, das kurz vor dem audiovisuellen Ergebnis passiert, nicht aus dem haptischen Feedback ablesen. Man fährt nicht mit dem Hintern, wie es Rennfahrer gerne beschreiben. Und ein Direct-Drive-Controller fügt dem Ganzen eben eine Portion Hintern hinzu.

Nur zwei Pedale enthält das kleinste Fanatec-Paket. Vielen dürfte es reichen, ohne Kupplung zu fahren.

Musste ich besonders in Assetto Corsa Competizione meist erahnen, was gerade passiert, kommuniziert das Fahrzeug jetzt viel deutlicher mit mir. Das liegt in diesem Fall zwar auch am Spiel, die Verbesserung ist aber zum großen Teil aufs Lenkrad zurückzuführen. Ein leichtes Schwimmen macht z.B. klar, wann Bodenhaftung verloren geht, und man merkt, in welchem Moment man das Heck wieder eingefangen hat. Man erfährt eher, was gerade vor sich geht, und kann damit genauer reagieren.

Das liegt auch daran, dass schon der normale Widerstand beim Einlenken größer ist, was das Gewicht und die beim Umsetzen wirkenden Kräfte besser erahnen lässt. Mit Sicherheit werden so manche Direct-Drive-Lenker die vergleichsweise mageren 5 NM des günstigsten DD-Pro-Pakets belächeln. Vom G29 kommend, stellt das aber eine entscheidende Verbesserung dar. Man hat größeren Respekt vor den Kräften, die auf das Auto wirken, und zwingt es deshalb nicht ohne Weiteres über sein Limit hinaus. Hinzu kommt aufgrund ihrer Größe ein besserer Hebelweg der Pedale, sodass man Gas und Bremse sehr feinfühlig dosieren kann. Mir fällt es damit jedenfalls leichter, aus Kurven heraus zu beschleunigen und sanfter in sie hinein zu bremsen.

Nicht schneller, aber weniger schlecht

Nichts davon macht einen per se schneller! Wer wie ich mit einem G29 nur im guten Mittelfeld herum tändelt, wird das im Wesentlichen auch mit einem DD Pro tun, während ein Experte hinter dem billigsten aller Lenkräder selbst erfahrene Amateure in ihre Schranken weist. So oder so muss man also die Grundlagen des Rennfahrens beherrschen, wenn man schnell sein will. Einsteiger sollten deshalb mit einem günstigen Controller erst ausloten, wie weit sie in die Materie überhaupt vordringen wollen.

Was ein Direct-Drive-Controller jedoch beeinflusst, ist die Zuverlässigkeit. Denn die Tatsache, dass man genauere Informationen erhält, hilft Fehler zu vermeiden. Ich schmeiße die Wagen jedenfalls weniger oft ins Kiesbett, als es mit dem G29 der Fall war. Und mit diesem Vertrauen kann man dann natürlich stärker pushen. Man weiß genauer, wo sich der Grenzbereich befindet und ist sicherer am Limit unterwegs. Darin liegt der große Vorteil eines solchen Wheels - darin und in einem lebendigen Fahrgefühl, das herkömmlichen Lenkrädern klar überlegen ist.

Wer will, passt das Lenkrad über verschiedene Erweiterungen an seine Bedürfnisse an. Dafür notwendige Anschlüsse sind auch an der Base des DD Pro vorhanden.

Eins sollte euch nur klar sein: Das alles gilt hauptsächlich für Simulationen. Logisch, denn dafür ist die Hardware gemacht. Nutzt man das DD Pro hingegen mit Arcade-Racern wie Wreckfest oder Forza Horizon 5... ich fand das enttäuschend. Was ausschließlich an den Spielen liegt, die in diesem Bereich nur so rudimentäre Force-Feedback-Informationen ausspucken, dass sich das Steuern mit Lenkrad regelrecht falsch anfühlt. Das habe ich mit herkömmlichen Lenkrädern schon immer so empfunden und es fällt bei einem Direct-Drive-Gerät noch stärker auf. Kann man natürlich trotzdem machen! Erwartet in diesem Bereich nur keinen Qualitätsgewinn.

Ich will nicht zuletzt darauf hinweisen, dass manche Simulation erst dann so richtig läuft, wenn man ein paar Einstellungen am Lenkrad selbst oder im Fanatec Control Panel am PC vorgenommen hat. Von Haus aus arbeitet das DD Pro problemlos mit allen Spielen zusammen (wobei es oft nicht als solches erkannt wird, sondern als CSL DD oder generisches bzw. ganz anderes Wheel), fertig konfiguriert ist es aber in den seltensten Fällen. Das ist man nicht gewohnt, wenn man vom G29 oder vergleichbaren Modellen kommt.

Was kostet die Welt?

Bleibt die Frage, ob das alles eine Investition von 700 Euro wert ist? Doch so pauschal lässt sich das gar nicht beantworten. Immerhin kann man auch mit deutlich günstigeren Lenkrädern recht ambitionierte Ziele erreichen. Manche eSportler geben sogar per Gamepad Gas. Lasst es mich deshalb so sagen: Der Preis schmerzt! Zumal ich schon jetzt über einen neuen Racing-Seat, das Upgrade auf 8 NM und ein Load-Cell-Pedal nachdenke. Sprich, mit dem Kauf verselbstständigt sich der allgemeine Anspruch ein Stück weit - die 5-NM-Variante ist ganz klar Fanatecs Einstiegsdroge.

Ich liebe aber den Motorsport, sowohl den echten als auch virtuellen. Und nachdem ich jetzt weiß, wie viel mehr sich gute Simulationen beim Verwenden eines Direct-Drive-Wheels nach echtem Autofahren anfühlen, habe ich letztlich gerne in diesen sauren Apfel gebissen. Mit anderen Worten: Ihr braucht das Gran Turismo DD Pro nicht. Falls ihr wie ich tickt, führt früher oder später allerdings kein Weg daran vorbei.

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Benjamin Schmädig

Redakteur

Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.

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