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Project Zero 2: Wii Edition - Test

Fast zehn Jahre alt und trotzdem gruseliger als aktuelle Blockbuster

Project Zero 2 gehört zu den besten Titeln, die das Genre zu bieten hat und erhielt im Remake für die Wii eine sorgfältige Überarbeitung, die bisher jede veröffentlichte HD-Collection in den Schatten stellt. Sicherlich hätte Nintendo, die mittlerweile die Rechte an der Serie besitzen, bloß eine simple Wiimote-Steuerung einbauen, dem Ganzen nach der Produktion auf den Hintern klopfen und es so fertig in die Regale stellen können. Stattdessen entschied man sich für den schweren Weg, der in meinen Augen die alte Variante verbessert.

Die Geschichte der beiden Schwestern Mio und Mayo, die im Wald aus ihrer Kindheit eine verfluchte Siedlung finden, überrascht Veteranen direkt auf dem Startbildschirm. Während die grafische Qualität kaum verbessert und das Bild nur hochskaliert wurde, hat man an den Figuren gewerkelt, um sie optisch älter wirken zu lassen.

Und dann folgen die ersten Sätze, die nur einen Vorgeschmack auf die noch kommenden "Sprachwunder" - man beachte die Anführungszeichen - der neuen Aufnahmen liefern. Ich weiß die Mühe wirklich zu schätzen, aber ein englischer Akzent hat im traditionellen Japan leider nichts verloren. Da ihr nicht auf eine japanische Tonspur wechseln könnt, seid ihr jedoch an die vorgegebene Darbietunggebunden. Glücklicherweise mindert das Gebrabbel nicht die Qualität der restlichen Geschichte, die durch zahlreich platzierte Artikel und Tagebücher gut vermittelt wird. Bis auf neue Enden blieb das erzählerische Gerüst unberührt.

Project Zero 2: Wii Edition Trailer

Doch die große Überraschung folgt im Anschluss an das Intro, wenn ihr Mio das erste Mal steuert. Vorbei sind die Zeiten der fixierten Kameraperspektiven. Das komplette Spiel wurde in das Korsett des vierten Teils gesteckt. Ihr seht eurer Heldin von hinten über die Schultern, könnt seitliche Ausweichschritte ausführen und erzwingt durch kurzes Schütteln der Wiimote eine 180-Grad-Wende. Auch wenn die Umgebungen gleich geblieben sind und kein Gegenstand verrückt wurde, so wirkt das Erlebnis selbst für Kenner des Originals neuartig und frisch.

Die Wiimote bewirkt auch eine weitere Änderung. Project Zero gibt euch nur eine Waffe im Kampf gegen die Geister an die Hand. Mit der Camera Obscura wechselt ihr auf Knopfdruck in die Ego-Ansicht und müsst die übernatürlichen Fratzen fotografieren, um sie zu besiegen. Haltet ihr die Linse länger auf euer Ziel fokussiert, erhöht sich der verursachte Schaden. Seid ihr sogar so mutig und wartet den Angriff ab, könnt ihr im richtigen Moment einen "Fatal Frame" erreichen.

In jedem Gefecht ringen in eurem Inneren Angst und Gier nach großem Schaden miteinander.

Muss ich den psychologisch genial eingesetzten Trick eigentlich noch erklären? Das Spiel zwingt euch mit dieser Taktik aktiv, so nah wie möglich an die Geister zu treten, um sie besiegen zu können. Da die Biester zwischen Attacken verschwinden und an anderen Stellen im Raum erscheinen, müsst ihr ständig nach ihnen suchen, wobei euch eine kleine Richtungsanweisung hilft. Glaubt mir, es gibt nichts Schlimmeres, als mitten in der Nacht in eurem stockfinsteren Zimmer zu sitzen und beim langsamen Schwenken der Kamera plötzlich ein verzerrtes Gesicht mit aufgerissenen Augen keinen Meter entfernt vor euch zu sehen.

Zielen mit der Wiimote eröffnet dabei einen interessanten Konflikt. Im ersten Moment wiegt einen die genaue und schnelle Bewegung des Controllers in Sicherheit. Dann setzt ihr den Stab das erste Mal ein und stellt schockiert fest, dass extra einige Hürden eingebaut wurden. So lässt euch die Wiimote nur in die ungefähre Richtung schwenken, während ihr mit dem Analogstick weiterhin euer Blickfeld ändert. Es simuliert sehr gut die zittrigen Handbewegungen einer echten Person, die in dieser Situation sicherlich nicht die ruhige Hand eines trainierten Scharfschützen hätte.

Wie man es schaffen konnte, das ansonsten so beruhigende Aufsammeln von Gegenständen mit Angst zu verbinden, bleibt ein Wunder.

Als sehr effektiv stellt sich zudem das Öffnen von Türen sowie Aufnehmen von Objekten heraus. Um die beiden Aktionen auszuführen, müsst ihr die angezeigte Taste gedrückt halten, damit Mio in einer unglaublich langsamen Bewegung ihren Arm ausstreckt. In einigen Situationen greift euch per Zufall die Hand eines Geistes. Die Seltenheit dieses Moments garantiert eine simpel erzeugte Spannung bei jedem Versuch. Ihr habt gerade aufgehört daran zu glauben, dass es beim nächsten Mal passiert und schon erschreckt euch ein Geist und ihr werft beide Arme über den Kopf.

Weniger sinnvoll ist dagegen der neue Haunted-House-Modus, in dem ihr kleine Minispiele auswählt. Eines davon führt euch wie in einer Geisterbahn automatisch über einen Weg und wirft hier und da ein Gesicht auf den Bildschirm. Eure Aufgabe besteht darin, nicht erschreckt zu werden und den Controller ruhig zu halten. Kein Problem. Nach dem Horror aus dem Hauptspiel saß ich gähnend vor der Glotze und konnte über das Dargebotene nur noch schmunzeln. Mehrwert ist zwar schön und gut, doch dieses Gruselkabinett auf Kirmes-Niveau hätte man sich sparen können und das Geld lieber in eine ordentliche Synchronisation gepackt.

Lässt man diesen Londoner-Dungeon-Abklatsch für Arme hingegen außer Acht, schiebt sich das Hauptspiel mühelos an der Erfahrung des Originals vorbei und erzeugte spontan wieder das Bedürfnis, Nachts das Licht brennen zu lassen. Die Anpassungen aus dem viertem Teil wurden gekonnt integriert und wirken an keiner Stelle aufgesetzt, sondern lassen das fast zehn Jahre alte Spiel wieder frisch wirken. Solltet ihr zu der Sorte Spieler gehören, die sich nach mal wieder reinen Horror wünschen, wählt mit eurer Brieftasche und zeigt, dass wir ein neues Project Zero wollen. Nintendo hat diesen Titel nicht umsonst so kurz vor der Veröffentlichung der Wii U auf den Markt geworfen.

8 / 10

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