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Season: A Letter to the Future im Test - Ein wunderschöner Abschiedsbrief aus der Gegenwart

Eine Radtour, die zum Nachdenken anregt.

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Technisch minimal unsauber, doch Geschichte und Atmosphäre überzeugen auf ganzer Linie. Eines der schönsten und tiefsinnigsten Indies, die ich seit Langem gespielt habe.

Was würdet ihr in ein Tagebuch schreiben, das ihr der zukünftigen Menschheit überlasst? In Season: A Letter to the Future sieht sich die junge Estelle mit dieser eigentlich so einfachen Aufgabe konfrontiert, die doch aber mehr Tiefe besitzt, als man anfangs glauben könnte. Während ihr mit dem Rad durch die dreidimensionale Cel-Shading-Welt fahrt, schießt ihr Fotos und nehmt Tonaufnahmen auf, die an die Erde, wie ihr sie kennt, erinnern sollen.

Wo hört Schwarz auf und wo fängt Weiß an?

Das Ende einer sogenannten "Season" ist dabei ein wiederkehrendes Phänomen, das alle paar Generationen eintritt und die Welt grundlegend verändert. Es liegt an euch, die Erinnerungen an eure Familie, eure Stadt, eure ganze Welt in einem einzigen Buch festzuhalten - und das alles mit dem Wissen, dass diese in wenigen Tagen bereits nicht mehr existieren wird.

Ich wollte diesen Titel unbedingt testen, da ich diese Sorte nachdenkliches Spiel sehr gerne mag. Estelle scheint genau in meinem Alter zu sein, vielleicht etwas jünger, und schon jetzt lastet dieses schwere Schicksal auf ihr. Die Prämisse ist grandios und gerade mit der Klimakrise und der immer weiter wachsenden sozialen Ungerechtigkeit im Hinterkopf schleicht sich eine leichte Schwermut in den Spielspaß ein. Wie würde Estelle über unsere Welt schreiben? Was würden die Menschen der nächsten Season von unserer Erde denken?

Neben vielen schönen Landschaften, gibt es auch große Kreaturen aus Metall und dunkle Geheimnisse. Die schwarzen Balken begleiten euch das gesamte Spiel.

Season: A Letter to the Future ist ein atmosphärisches, lineares Spiel, das mit einem malerischen Grafikstil und einer sanften Farbpalette daherkommt. Das Spiel wirkt insgesamt ruhig, langsam und gemächlich. Obwohl eine riesige Flutwelle schon bald alles Gegenwärtige wegspülen wird, fühlt sich unser letzter Ausflug durch diese Welt unfassbar friedlich und fast meditativ an. Sollten wir uns nicht beeilen? Nun ja, das liegt in eurer Hand.

Ihr könnt euch viel Zeit für kleine Details nehmen oder schnell durch die Welt rasen, um euer Buch zu vollenden. Selbst, wenn ihr langsam spielt und etwa zehn Stunden für die Reise benötigt, so wie ich, gibt es immer noch genügend Details, die euch entgangen sind. Würde ich es deshalb noch einmal spielen? Wohl eher nicht, der Zauber der ersten und in der Geschichte ja auch letzten Entdeckungstour wäre verflogen und zu viele Geheimnisse bereits gelüftet.

So sieht der Bildschirm aus, wenn ihr in den Kameramodus wechselt.

Ihr seid die Autorin eurer eigenen Erinnerungen

Und was werdet ihr schlussendlich schreiben? Berichtet ihr neben den schönen Seiten auch von den Problemen dieser vergangenen Welt? Wir müssen gut abwägen und uns auch die Frage stellen, was nach der Katastrophe überhaupt noch von unserer Erde übrig bleiben wird. Werden die Menschen wissen, was eine Ziege ist? Und was ist mit Windspielen, Eisenbahnen oder Vogelgezwitscher? Es ist nicht einfach, das Wissen für die Nachwelt zusammenzustellen, besonders, da ihr nur begrenzten Platz im Buch habt.

Für jedes Gebiet gibt es oft nur eine Doppelseite, auf die nur vier oder fünf Aufnahmen passen. Diese könnt ihr dann platzieren, wo und wie ihr mögt und die Seiten sogar noch mit Schnörkeln und anderen Elementen dekorieren. Mir hat das Erstellen der Tagebuchseiten extrem viel Freude bereitet, da es eine nette kreative Abwechslung zu den doch eher simplen Spielmechaniken darstellt.

Auf diesen Seiten könnt ihr eure Funde dokumentieren und dekorieren.

Im Grunde fahrt ihr mit dem Fahrrad durch die Gebiete und stellt es ab, sobald ihr etwas aufnehmen oder näher ansehen wollt. Ihr könnt mit verschiedenen Gegenständen und Menschen interagieren und werdet hin und wieder Zeuge eines paranormalen Phänomens, bei dem ihr bestimmten Situationen aus der Vergangenheit lauschen könnt. Die meisten Orte sind verlassen, nur selten begegnet ihr einer anderen Person. Oft müsst ihr euch die Geschehnisse durch Poster, Plakate oder Briefe herleiten. Was ihr am Ende aus eure Reise mitnehmt, ist eure eigene Verantwortung.

Die kleinen Stolpersteine, aber kein Weltuntergang

Das Radfahren selbst könnte sich etwas sauberer und flüssiger anfühlen. Wirklich störend war das aber nicht, denn kleine Unsauberkeiten wie diese beeinflussen die Atmosphäre des Abenteuers letztlich kaum, besonders, wenn ihr der Empfehlung des Spiels folgt und den Controller zur Hand nehmt. Zumindest meine Augen waren immer auf den Horizont oder neue Gebiete gerichtet, die ich dann sofort erkunden wollte und mich noch auf dem Sattel gefragt habe, was mir diese Szenerie wohl über Estelles Leben und das ihrer Zeitgenossen verraten wird.

Die Steuerung beim Radfahren fühlt sich nicht ganz so sauber an, aber mir hat das bei diesen Ausblicken nicht so viel ausgemacht.

Auch wenn mir das langsame Tempo des Spiels insgesamt zwar gefallen hat, so gab es hier und dort eine Zwischensequenz, die sich viel zu lange gezogen hat. Hier bin ich in ein monotones Weiterdrücken der Texte verfallen, in der Hoffnung, dass ich bald wieder auf das Rad steigen darf. Die Welt selbst lädt zum Entdecken ein und motivierte mich oft, kleine Seitenwege einzuschlagen oder einige Minuten an pinken Feldern oder wunderschönen Landschaften zu verweilen, die einem fremd und vertraut zugleich vorkommen.

Season: A Letter to the Future - Fazit

Season: A Letter to the Future war eine willkommene kleine Reise durch eine Welt, die unserer so ähnlich ist und doch ganz anders. Geschichte und Atmosphäre stehen hier im Vordergrund, einige Fragen werden geklärt, andere aufgeworfen. Das Spiel regt zum Nachdenken an, über Estelles, aber auch über unsere eigene Welt und was uns in dieser wichtig und bewahrenswert erscheint. Wir lernen viel über Estelle und wenn wir uns darauf einlassen auch mehr über uns. Unsere Entscheidungen, die wir in unserer Welt für unsere Zeit treffen. Kleine Abstriche beim Radfahren und die eine oder andere Quasselstrippe trüben das Erlebnis aber kaum, denn der Kern des Spiels bleibt großartig und das Gefühl beim Entdecken, Aufnehmen und Basteln davon weitgehend unberührt. Wer, wie ich, gelegentlich einfach mit einem ruhigen Titel mit inhaltlichem Tiefgang abschaltet, wird hier glücklich.

Season: A Letter to the Future - Wertung: 8/10

Season: A Letter to the Future - Pro und Contra

Pro:

  • Malerischer, zeitloser Grafikstil
  • Tiefgründige Prämisse, die zum Nachdenken anregt
  • Viele Freiheiten, trotz linearer Gestaltung
  • Kreative Basteleinlagen
  • Abwechslungsreiche Welt

Contra:

  • An einigen Stellen zieht es sich ein wenig
  • Kleine technische Unsauberkeiten

Entwickler: Scavengers Studio - Publisher: Scavengers Studio - Plattformen: PC, PS5, PS4 - Release: 31.1.2023 - Genre: Adventure - Preis (UVP): 24,99 Euro

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Über den Autor
Melanie Weißmann Avatar

Melanie Weißmann

Redakteurin

Melanie ist meist online am PC zu finden. Neben Multiplayern und Meer mag sie Alliterationen und dumme Wortspiele. Gelegentliches Lego-Bauen hilft ihr beim Abschalten.
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