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The Excavation of Hob's Barrow - Test: Die böse Schwester von Indiana Jones and the Fate of Atlantis

Viel besser werden klassische Adventures nicht mehr.

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
The Excavation of Hob’s Barrow ist ein schauriges, kompaktes und elegantes Point-and-click, an das ich mich lange erinnern werde.

Ich werde das hier kurz machen, denn über Spiele, die in erster Linie aus ihrer Geschichte bestehen, ist jedes Wort zu viel ein Risiko. Also nur das Nötigste. Das Allernötigste vielleicht zuerst: Wenn ihr nach Return to Monkey Island immer noch auf dem Adventure-Trip seid, solltet ihr The Excavation of Hob’s Barrow dringend eine Chance geben (sofern es euch nichts ausmacht, dass das Spiel bislang nur in englischer Version vorliegt). Nicht, dass die Spiele in ihrem Ton und Vibe ähnlich wären. Im Gegenteil. Aber das Spiel von Cloak and Dagger Games ist eines der zwingendsten und atmosphärischsten Adventures, die ich kenne.

Also: Die Lucas-Arts-Vergleiche sind eher mechanischer Natur, denn über Hob’s Barrow hängt aus diversen erzählerischen und gestalterischen Gründen von der ersten Minute an ein ungutes Gefühl, ganz wie der dichte Nebel über dem englischen Hinterwäldler-Moor und dem Dorf Bewlay hängt. Dorthin wurde die Archäologin Thomasina Bateman geladen – etwa um 1900 herum –, um ein Hügelgrab auszuheben. Das Problem ist nur: Der gute Mann, der die Einladung aussprach, ist nirgends anzutreffen und die Bewohner des trostlosen Örtchens wollen von der Sehenswürdigkeit noch nie gehört haben.

Hach, Pastor. Es gibt so vieles, über das wir geteilter Meinung sind.

Mehr darf man hierzu eigentlich nicht sagen, außer, dass natürlich mehr dahintersteckt, als es den Anschein hat – und dass einen das Gefühl, man wäre besser nicht hierhergekommen, über die gesamte Dauer nicht mehr loslässt. Dabei ist es nicht so, dass es nicht eine Menge zu schmunzeln gäbe. Thomasina ist eine fantastische Point-and-Click-Protagonistin. Gewitzt, resolut, offenherzig und nicht schnell mit Vorverurteilungen bei der Hand und entsprechend professionell (auf englisch) eingesprochen. Auch der Rest des Casts ist exzellent. Wortwitz und barsche Landei-Mundart sorgen für die nötigen lichten Momente.

Ein schönes Beispiel ist eine Antwort des grantelnden Bestatters, den ich an die Mauer des Pub gelehnt antreffe. Als ich ihn frage, ob der feine weiße Handschuh, den ich gerade fand, ihm gehöre, blafft er zurück: “What do you think?”. Dumme Frage, klar. Aber schön, dass die Autoren verstehen, wie man auch mit wenigen Worten einen Charakter zeichnen, ihm Profil geben kann.

Hey, Katzenliebhaber, was habt ihr zu eurer Verteidigung zu sagen?

In Sachen Bedienung ist das Spiel auf dem neuesten Stand der Adventure-Forschung: Wie es sich gehört, zeigt die Leertaste die interaktiven Punkte an und geht das Inventar von selbst auf, wenn man die Maus an den oberen Bildrand fährt. Ein Rechtsklick betrachtet ein Item, Linksklick und “Drag-and-drop” sind zum Benutzen angesagt. Ausgänge darf man doppelt anklicken, um direkt dorthin zu gelangen und eine Schnellreise zu den einzelnen Orten vereinfacht das Vorankommen. Das Notizbuch fasst für jeden der Tage die aktuellen Aufgaben zusammen, sodass man auch ohne Tippsystem gut vorankommt, auch wenn die Schritte von einer Aufgabenetappe zur nächsten nicht immer sofort ersichtlich sind. Und ist alles für einen Tag erledigt, kehrt man in den Pub zurück für einen Plausch und bettet sich dann im Gästezimmer.

Die Rätsel sind insgesamt sehr logisch aufgebaut und man kommt flott voran. Nur gelegentlich habe ich angefangen, aus Ratlosigkeit Dinge zu kombinieren, denn das Inventar bleibt ebenfalls stets überschaubar. Meistens war das ein Signal, dass ich irgendwas übersehen hatte. Bedeutet: die Orte noch mal abschreiten, auf der Suche nach verpassten Gegenständen, Dinge, die sich verändert haben, oder neuen Gesprächspartnern, denen man Fundsachen zeigt, damit es weiterging.

Manchmal weiß man nicht, ob man wirklich sollte...

Das ist vielleicht die einzige Länge, die ich in diesem Spiel ab und an verspürte: Dass man manchmal ein wenig suchen muss, wo es weitergeht. Da der Hauptteil des Spiels sich aber auf zehn Lokalitäten Adventure-typischer Größe aufteilt, hielt sich die Laufarbeit in Grenzen. Und überhaupt: zwischen der Trostlosigkeit Bewlays und den gespenstisch weiten Mooren wandelt es sich eigentlich ganz ausgezeichnet. Man kann die modrige Luft fast in den Nüstern spüren und wähnt sich die ganze Zeit einem großen Geheimnis auf der Spur, in dessen Auflösung man sich schnell persönlich investiert fühlt.

Auch ganz stark: Die stilistische Entscheidung, mehrfach zur Inszenierung von dramaturgischen Einschüben in handgepixelte Großaufnahmen zu gehen. Entsetzte Augenpaare, ein von Krämpfen geschütteltes Gesicht, eine starrende Katze, die irgendwie nicht richtig aussieht. Es fährt einem mehrfach kalt den Rücken hinunter, wie das Spiel plötzlich nah an einen herantritt und bringt Hob’s Barrows’ beunruhigend-kränkelnden Grusel – nicht Horror – großformatig vor euch ausrollt. Passend dazu ist auch die Musik schön schauderhaft gelungen.

Ich habe hier tatsächlich ziemlich lange gesessen und die karge Landschaft auf mich wirken lassen. Ihr solltet das auch tun. Hob's Barrow ist fantastisch!

The Excavation of Hob’s Barrow Test – Fazit

Rechtzeitig zur einbrechenden klammen Jahreszeit, ist Hob’s Barrow also das perfekte Adventure bei Kerzenlicht, Wolldecke und Rotwein, oder welches Getränk für euch Synonym mit Gemütlichkeit ist. Spielt man dieses wundervoll handgepixelte Abenteuer, spart die GPU Strom und die Kälte der heruntergedrehten Heizung ist für die Immersion in dieser Schauergeschichte nur förderlich. Nicht, dass das Spiel die externe Unterstützung nötig hätte, denn Hob’s Barrow ist exzellent geschrieben, logisch strukturiert und von interessanten Gestalten bevölkert, mit denen es eine Freude ist, den Geheimnissen von Bewlay auf den Grund zu gehen. Auf mich übte dieses extrem klassisch anmutende Spiel sogar einen stärkeren Sog aus als das neue Monkey Island, und das will etwas heißen. Es bestätigt sich mal wieder: Wenn Wadjet Eye draufsteht, und sei es nur als Publisher, kann man es eigentlich ungesehen kaufen.

Excavation of Hob‘s Barrow Pro und Contra

Pro

  • Klug geschriebene Charaktere, spannende Geschichte
  • Dichte, schaurige Atmosphäre
  • Überwiegend sehr logische Rätsel
  • Sehr gute (englische) Sprecher
  • Exzellente Bedienung und Komfortfunktionen

Contra

  • Ich musste stellenweise suchen, wie es weiterging
  • Keine deutschen Texte

Entwickler: Cloak and Dagger Games – Publisher: Wadjet Eye – Plattformen: PC – Release: erhältlich – Genre: Point and Click Adventure – Preis (UVP): 12,49€ (Steam)

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

The Excavation Of Hob's Barrow

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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