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Watchmen

Comic, Film, Spiel - Fan(alp)traum?

Für Fans der Vorlage ist natürlich jeder Schnitt schmerzhaft, für den normalen Kinozuschauer ist jedoch gerade das neue Ende deutlich nachvollziehbarer. Zack Snyder hat so das Mammutwerk besser verdaubar gemacht, ohne wichtige Elemente wie die Gesellschaftskritik oder die Dekonstruktion der Superhelden zu verlieren. Auch in einem Interview ein paar Tage nach der Pressevorführung wurde klar, dass der Macher von 300 und Dawn of the Dead ein echter Hardcore-Fan ist.

Er sorgte nicht nur dafür, dass die Weichspülerversion des Filmstudios, die die komplette Handlung in die Neuzeit verfrachtete und relativ unblutig daherkam, wieder in der Versenkung verschwand. Sondern leierte den Bossen auch ein paar weitere Drehtage aus den Rippen, um die Black Frighter-Szene aus dem Comic nachzustellen.

Auch bei der Spin-Off-Versoftung hatte der Regisseur seine Finger mit im Spiel. Während sich Original-Zeichner Dave Gibbons, der im Gegensatz zu Alan Moore voll hinter der Verfilmung stand, um die Art Direktion kümmerte, arbeitete Zack Snyder die Storyline aus, die sich perfekt in die Handlung einfügt. Selbst die relativ unbekannten Schauspieler waren ein Glücksgriff. Besonders Jackie Earle Haley als Rorschach faszinierte durch seine intensive Ausstrahlung, die auch im Interview Ehrfurcht einflösste. „Die Rolle des Rorschach ist ein dunkler, kranker Ort, der mich viel Kraft gekostet hat.“ war sein einziger Kommentar zu der Zeit am Drehort in Vancouver.

Rorschach ist das Highlight des Films: Dunkel, bissig und trocken.

Eine echte Überraschung war dagegen Jeffrey Dean Morgan, der nach seinem Auftritt in Grey's Anatomy eher für Liebekomödien prädestiniert schien. Mit sichtbar diabolischem Spaß verkörpert er den durchgeknallten Comedian, der als lebende Satire auf den amerikanischen Traum kranke Wutphantasien auslebt. Sichtlich aufgekratzt erzählte der Vierzigjährige von seiner späten Berufung und freute sich über den Erfolg, dem er über 20 Jahre hinterher jagte. Und auch Dr. Manhatten Darsteller Billy Crudup gelang es, seiner sonst so kalten Rolle einen besonderen Dreh abzugewinnen. Noch viel deutlicher als im Comic macht er die Sehnsucht nach Menschlichkeit begreifbar, die Dr. Manhatten trotz seiner Gott-gleichen Kräfte hegt.

Lediglich der super-intelligente Ozymandias wurde von Matthew Goode zu weich dargestellt. Dem Schauspieler geht die Abgebrühtheit seiner Comic-Vorlage ab. Er ist schlicht zu jung, um den Veteranen der Watchmen-Zeit zu spielen. Man nimmt ihm seine Genialität einfach nicht ab. Deutlich passender präsentiert sich Malin Akerman als Silk Spectre II. Mit der richtigen Portion Naivität verkörpert sie das Bindeglied zwischen Dr. Manhatten und der Menschheit. Seinen Anker in der Realität, der ihn davor abhält, in die Welt der Atome zu verschwinden.

Malin Akerman spielt die sexy Silk Spectre II.

Ist Film und Spiel nun überflüssig? Hardcore-Fans der Vorlage werden die Frage mit einem einfachen „Ja“ beantworten. Weder Spiel noch Film können Alan Moores manischem Meisterwerk wirklich gerecht werden. Die Komplexität der Handlungsstränge verkommt auf 160 Minuten gekürzt zu einem sehr fragilen Konstrukt, das für normale Zuschauer selbst in dieser gekürzten Form schwer verständlich bleibt. Doch als eigenständiges Objekt und Unterhaltungsmedium übertrifft es selbst Genre-Hits wie The Dark Knight. Noch nie wurde die Gesellschaft und die Rolle des Superhelden so wunderbar in ihre erschreckenden Einzelteile zerlegt.

Das Spiel erfordert vom geneigten Konsumenten sogar noch mehr die Fähigkeit zur Abstraktion. Hier soll nicht dem komplexen Hintergrund Tribut gezollt werden, sondern zwei interessanten Charakteren, die auch in der Comic-Realität oft als schlichte Schläger durch die Straßen zogen. Wer also bereit ist, Film und Spiel als Erweiterung des Universums zu sehen und die Fesseln der Comic-Vorlage abstreift, wird mit beiden seinen Spaß haben. Eine Umsetzung war zwar nicht unbedingt nötig, aber sie erweitert die Zielgruppe dieses prägenden Gesamtkunstwerkes und bringt die Leute vielleicht dazu, auch die Graphic Novel zu lesen. Und vielleicht wird es wie bei der versammelten Besetzung auch ihre Vorstellung dieser missverstandenen Kunstform verändern, so dass man sie - gerade in Deutschland - nicht mehr in eine Schublade mit Mickey Maus und Fix & Foxi steckt.

Watchmen – Die Wächter laufen seit 5. März im Kino, das passende Spiel gibt es seit 4. März als Download für Xbox 360, die PS3 und den PC.

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