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Manor Lords angespielt: Wenn ein einzelner Entwickler schafft, was sich Aufbau-Fans schon lange wünschen

Das Mittelalter sah selten schöner aus.

Ihr habt das nicht mitbekommen (und wenn doch, ziehe ich gleich die Rolläden runter), aber ich hätte fast die Deadline zur Abgabe dieses Artikels verpasst. Eigentlich hatte ich Manor Lords nach der Redaktionskonferenz nur gestartet, um ein paar Bilder davon zu knipsen, die diese Seite aufhübschen sollten. Und dann bin ich wieder zweieinhalb Stunden drauf hängengeblieben. Jetzt bekommt ihr also die leicht gehetzt-genervte Version dieses Textes und Schuld ist einzig und allein dieses wahnsinnig hypnotische Aufbauspiel, das sich an dieser Stelle gerne feste schämen darf.

Ist natürlich Quatsch, aber wie restlos die letzten 150 Minuten verflogen sind, sagt sehr viel über dieses Spiel aus, das bei mittlerweile zwei Millionen Steam-Usern auf der Wunschliste steht. Am 26. April geht es drei Tage nach Bellwright in den Early Access und bringt damit Fans von Städtebausimulationen in schwere Bedrängnis, denn beide dieser Titel sind wahnsinnig beeindruckend (und was an Bellwright so spannend ist, lest ihr in dem Artikel von heute früh). An Manor Lords besticht auf den ersten Blick schon, wie organisch und geerdet sich alles anfühlt.

Endlich Städte, die sich echt anfühlen

Das geht so weit, dass man sich fragt, warum so etwas nicht schon viel früher haben konnten? Wie lange haben wir in dieser Sorte Game von Hand ein identisches Haus ans andere gepflastert und dabei immer und immer wieder prinzipiell die gleiche Siedlung gebastelt? Hier nutzt ihr stattdessen Tools, die sich wahrhaft fortschrittlich anfühlen, wenn ihr etwa zum Platzieren von Wohnhäusern, die Familien anlocken, um bei euch zu wohnen und zu arbeiten, einfach einen Rahmen zieht, und dann bestimmt, wie viele Anwesen es innerhalb dieser Grenzen sein sollen.

Den Rest macht das Spiel, das angenehm unterschiedliche Häuschen hineinbaut. Zieht ihr die Grundstücke großzügig genug, ist später Platz für einen Wohnraum-Anbau sowie Ziegen- oder Hühnerstall oder einen kleinen Gemüsegarten im Hinterhof. Es gibt natürlich immer noch Gebäude, die mehr oder weniger stets gleich aussehen – Bauernhöfe oder Tavernen etwa –, aber wie sich hier Felder, Weiden, Marktstände und Wohnblöcke aneinander und sich an die ebenfalls extrem real schlängelnden Straßen schmiegen, das wirkt wahnsinnig natürlich und logisch. Ich habe noch nie so bewohnt wirkende, glaubwürdige Siedlungen in einem Aufbauspiel gesehen.

Manor Lords in Bildern

Mich hat das sehr beeindruckt, vor allem, wenn man sich vor Augen hält, dass Slavic Magic eigentlich nur aus einem Entwickelt besteht oder bestand. Wie kann das Spiel so fortschrittlich wirken? Eigentlich egal. Wichtig ist nur, dass wir es jetzt bekommen.

Ein Dorf voller Familienbetriebe

Der grundlegende Zyklus ist der: Ihr wollt der Wildnis Leben abtrotzen, also braucht ihr in erster Linie zwei Ressourcen: Nahrung und Brennstoff. Im Grunde dreht sich in den ersten Stunden darum, diese beiden Dinge zu sichern und so zu skalieren, dass euer Dorf weiter wachsen kann. Sorgt dafür, dass es euren Leuten gut geht und genügend Wohnraum vorhanden ist, dann ziehen neue Familien hinzu, die ihr wiederum zu Brenn- oder Bauholzfällern, Jägern oder Bauern machen könnt.

Erfüllt ihr bestimmte Voraussetzungen, die sich bislang hauptsächlich darum drehen, eine bestimmte Anzahl an Hofstätten auf Level eins, zwei oder drei zu bringen, steigt eure Siedlung eine Stufe auf und ihr erhaltet einen Entwicklungspunkt. Diesen investiert ihr dann in einen von vier aktuell recht übersichtlichen Technologiebäumen. Das passiert eher selten und ist schon in Ordnung so, denn schließlich sollt ihr in vielen verschiedenen Regionen Siedlungen errichten, die sich dann spezialisieren und Handel miteinander treiben.

Zu Beginn hatte ich noch reichlich Probleme, genügend Familien anzulocken, um alle Einrichtungen von der Farm zur Mühle bis zum Bäcker mit Arbeitskräften zu bestücken. Das führte dazu, das mein Spiel in erster Linie darin bestand, Familien von einem Job zum nächsten zu schieben und wieder zurück. Aber dann begriff ich, dass ich einfach zu geizig mit der Errichtung neuen Wohnraums war. Später lief es dann immer besser und ich kam in einen wundervollen Flow, der durchaus mit einem Cozy-Game zu vergleichen war – bis ich dann versuchte, eine zweite und dritte Siedlung zu etablieren, woraufhin es dann wieder deutlich kniffliger wurde. Fühlt sich gut an!

Woran es in Manor Lords aktuell noch hapert

Wenn das Spiel in dieser Form Ende April in den Early Access geht, dürften Leute, die einfach nur in Ruhe ein wenig bauen wollen, viel Spaß hiermit haben. Allerdings muss man auch sagen, dass Manor Lords abgesehen vom Bauen und den groben Warenflüssen noch recht unfertig wirkt. Vor allem die komplette Abwesenheit feindlicher Siedlungen irritiert mich aktuell noch. Zwar sind zwei Gebiete auf der großen Karte von einem anderen Adligen beansprucht, sie liegen aber brach und ich bin nicht sicher, ob das so bleiben wird.

Davon abgesehen beschränken sich die militärischen Auseinandersetzungen noch in sehr simplem Aneinanderreiben zweier Armeen, meistens gegen Banditenhorden, bis eine wegläuft. Bisher wurden sie hauptsächlich durch Überzahl entschieden und kennzeichneten sich durch blindes Anstürmen der feindlichen KI aus, sobald man ihr Gebiet betritt. Allerdings sind bereits sowohl verschiedene Befehle als auch Werte wie Moral, Energie, Effektivität und Zusammenhalt für Einheiten implementiert, was andeutet, dass Slavic Magic durchaus im Blick hat, was die Leute wollen. Dass der Siedlungsbau schon so weit fortgeschritten und robust wirkt, macht Mut, dass auch die militärische Seite bald mehr Spaß macht.

Ein paar Dinge hätte ich trotzdem schon noch gerne verbessert. So vermisse ich beispielsweise die Möglichkeit, Grundstücke für Gebäude oder den Marktplatz neu zu ziehen oder Handwerksgebäude auf ein anderes Produkt umzustellen. Aktuell ist Abreißen die einzige Möglichkeit, die einem bleibt. Und weil die freundlicherweise zurückerstatteten Rohstoffe an Ort und Stelle liegen bleiben, ist der Bauplatz fürs Erste blockiert, besonders wenn die Lagerarbeiter gerade alle Hände voll zu tun haben. Auch würde mehr Lesbarkeit, woran aktuell die Abläufe kranken, dem Spiel nicht schaden.

Ansonsten: Ja, Manor Lords könnte ein traumhaftes Aufbauspiel werden. Das Stadtbild wirkt einfach so schlüssig und hübsch und wie es sich im Laufe der Jahreszeiten wandelt… das schaut man einfach gerne an. Wunderbar atmosphärisch und spielerisch einnehmend vergehen mit Manor Lords die Stunden wie im Flug. Der April wird ein geschäftiger Monat.

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