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Windjammers 2 Test - Einmal komplett durch den Wind, bitte.

Windjammers 2 bietet wie das Original simplen, aber hocheffektiven Frisbee-Spaß gegen einen Freund auf der Couch. Der Schwierigkeitsgrad im Arcade-Modus lässt nur Pros eine Chance.

Holy Sh...!!! Ich war nie schlecht im alten Windjammers. Ich kam immer auf Anhieb bis zur Mitte des Arcade-Modus, mit ein wenig Übung auch bis zu den letzten Runden. Dass ich jetzt 20 Anläufe brauche, um überhaupt mal eine Runde auf easy zu gewinnen? Was ist hier los?! Zu sagen, dass das Spiel mit mir den Boden gewischt hat, wäre noch nett formuliert. Das war gewischt, gebohnert und poliert. Um nicht zu sagen: Windjammers 2 ist das Dark Souls der Neo-Geo-Arcade-Remakes. (Sorry.)

Das wäre schon ein nicht unwichtiger Punkt. Die KI orientiert sich nicht mehr am interessierten Action-Spielhallen-Gänger, der ein paar Münzen versenken möchte, sondern am Pro, der es auf der alten SNK-Konsole oder einer der Retro-Portierungen perfektioniert hat. Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Auf den oberen Schwierigkeitsgraden, sicher. Aber auf einfach? Nach ein paar Stunden war ich dann gut genug, um mich immerhin zur Mitte des Turniers durchzubeißen, wobei es nicht hilft, dass man nur einmal verlieren darf, um in der gleichen Runde weiterzuspielen. Es geht also. Aber so viel Spaß hatte ich damit jetzt nicht.

Windjammers 2: Ein wenig zwinkern und sieht fast aus wie früher.

Es gibt eine diffizile Balance bei solchen im Grunde erzsimplen Spielen. Eine Art Völkerball-Feld ist in der Mitte geteilt. Ihr dürft euch auf eurer Seite bewegen und die Wand hintere ist das Tor, unterteilt in 3-Punkt und 5-Punkt-Zonen. Die Wände an den Seiten sind über Bande bespielbar. Beim Gegner sieht es gleich aus. Schnappt den Diskus, werft ihn am Gegner vorbei an seine Wand und kassiert Punkte. Wer zuerst 15 hat oder mehr, wenn die 99 Sekunden durch sind, gewinnt eine Runde. Zwei von drei gewinnt dann das Match. Das ist dann auch schon Windjammers.

Die Umsetzung damals war ein Kunstwerk. Die Grafik beeindruckte sicher keinen, aber wie in einem guten Prügelspiel ging es alles auf Tempo, Präzision, kleine Tricks, Wucht und Soundeffekte zurück. Die Spielbarkeit war überragend. Der Diskus ließ sich mit perfekter Genauigkeit wild über die Bande spielen und wenn er gefangen wurde oder in die Wand krachte, dann knallt es richtig. Ihr meint im Controller zu spüren, wie viel Wucht dahintersteckt. Allein dafür musste man Windjammers lieben.

Punkte auf einen Blick: Diese Anzeige vor dem Match hat einen Sinn, denn die 5-Punkte-Zonen sitzen bei jedem der nun 12 Courts etwas anders.

Dieser Aspekt wurde in Windjammers 2 weitestgehend bewahrt. Grafisch hat man die Riesenpixel nun auf einen gepflegten Comic-Look gezogen, die damals angedeuteten Macken und Animationen der Widersacher sind nun fein gezeichnet und das funktioniert auch alles in der Umsetzung wunderbar. Auch an der Präzision gibt es nicht viel zu meckern. Ich habe den Eindruck, dass die neue Pixelmasse dem Diskus ein wenig mehr Spiel lässt, aber das müssen Pros ergründen, für mich fühlt es sich im Grunde so genau wie das Original an.

Woran ein wenig geschraubt wurde, das sind die Specials. Die jetzt zehn statt sechs Figuren unterscheiden sich immer noch durch Kraft und Tempo und jede der fünf Abstufungen dieser Balance hat zwei Figuren. So ist sichergestellt, dass zwei Spieler zwei gleichstarke Kontrahenten nehmen können und es nicht die gleiche Figur sein muss. Der Special, den jede Figur bei einem vollen Balken oder geschickten Abpraller aufladen kann, scheint in dieser Version mehr Abstufungen je nach Aufladezeit loszusausen. Dazu gekommen ist ein Sprung, der weniger als Hechtsprung zum Fangen gedacht ist - das gab es vorher schon - sondern um einen Lob aus der Luft zu holen und zurückzuschmettern. Das ist kein alltäglicher Einsatz, aber im richtigen Moment immer für ein paar Punkte gut. Nun, nicht gegen die Arcade-KI, aber sonst. Dieses Feintuning gibt dem Spiel der Pros nun auch online gegeneinander mehr Feinheiten, mit denen sie arbeiten können, aber trotzdem: Am Ende bleibt es ein simples Spiel, das von viel Reaktion, ein wenig Taktik und viel Einsatz der bescheidenen Mittel einfacher Pixel lebt. All das bot Windjammers, all das bietet Windjammers 2.

Die Zahl der Charaktere wuchs auf 10, aber das Geschlechterverhältnis bleibt mit 8 zu 2 unausgewogen.

Dass ich am Ende trotzdem beim Original bleiben werde, das liebt am Schwierigkeitsgrad. Bei einem simplen Spiel darf er nicht zu banal sein, sonst ist man in zehn Minuten durch und das kann es nicht sein. Ist er zu hoch, droht der Frust in der ersten Runde übermächtig zu werden. Während Windjammers Original die perfekte Mitte traf, liegt die Fortsetzung so sehr auf der Frust-Seite, dass ich das Spiel solo nicht mehr anfassen möchte. Dann lieber eine Runde große Pixel. Dass die KI auch anders kann, zeigt sie seltsamerweise im Vs-Modus gegen den Computer. Hier gibt es nicht drei, sondern acht Schwierigkeitsgrade und in den unteren drei gewann ich sofort Matches, in den mittleren beiden hatte ich eine gute Herausforderung und der sechste war dann ungefähr "einfach" in der Arcade-Kampagne. Irgendwas ist hier kaputt. In diese Richtung geht auch, dass die KI scheinbar mit langsamen, aber starken Charakteren nicht viel anzufangen weiß. Geratet ihr an so einen, ist es zwar auch nicht ganz einfach, aber fast jedes Mal war ich doch siegreich. Das tröstete ein wenig bei der Niederlage in der nächsten Runde.

Da hilft der Online-Modus aktuell leider nur so halb. Wenn er denn funktioniert (gestern tat er es mal wieder nicht, heute wieder ja, kann also nur ein internes Pre-Release-Update gewesen sein), dann war das Matchmaking entweder zufällig, hat noch nicht genug Spieler oder ist mittelmäßig ahnungslos. Manchmal bekam ich Leute, bei denen ich mich fragte, ob die Katze einfach auf der Switch herumdaddelt, danach durfte ich mich fünfmal in Folge von Leuten vermöbeln lassen, gegen die die gnadenlose KI ein blutiger Anfänger war. Zwischen Langeweile und Frust wurde auch hier die Mitte nur ein paar Mal mehr zufällig erwischt. Die gute Nachricht dabei ist, dass der Online-Modus tadellos funktioniert.

Jeder Court in Windjammers 2 hat ein paar kleine Kniffe, wie Hindernisse für fiese Abpraller auf dem Feld.

Am meisten macht Windjammers 2 also immer noch auf die Art Spaß, wie es gedacht war: Schnappt euch zwei Controller, macht drei Bier pro Controller auf und haut euch den Diskus um die Ohren. Als solcher Couch-Versus bleibt auch die zweite Runde eine echte Perle. Man muss anerkennen, dass es keine RPG-Elemente gibt, dass die Entwickler gut verstanden, was das Original so langlebig machte und das setzten sie auch gekonnt um. Aber falls es möglich war, die Zielgruppe zu verkleinern: Das haben sie mit diesem Schwierigkeitsgrad geschafft.

Zu zweit auf der Couch, super. Wenn ihr wisst, dass ihr genau so und nicht anders euer Windjammers spielen werdet, schlagt zu. Aber sonst bin ich weit weniger enthusiastisch. Am Online-Matchmaking will man was ändern, am Arcade-Schwierigkeitsgrad sollte man dringend was ändern und so bleiben einfach große Teile des Spiels ohne absolut hingebungsvollen Einsatz selbst dem eigentlich talentierteren Spieler verschlossen. Windjammer-Pros wird das alles freuen, sie bekommen die perfekte Herausforderung. Aber das Ziel, den Geheimtippklassiker in der Gegenwart einer größeren Zahl an Spielern näherzubringen, wurde verfehlt. Es gibt heutzutage zu viele Games, als dass ich mich tagelang damit beschäftige, eine grenzunfaire KI in einem Retro-Remake auszuhebeln.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

Über den Autor
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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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