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The Witcher 2: Assassins of Kings

Update: Das finale Urteil

Eine schöne Balance, die auch sicher nicht einfach zu erreichen war und sich mit dem Ausbau der Fertigkeiten die Hand gibt, um euch auf der Höhe der aktuellen Monster zu halten. In Witcher 2 hat beinahe jede Fertigkeit einen Sinn, egal ob ihr euch jetzt mehr auf die Schwert- oder die Magie-Seite des Fertigkeitenbaumes schaut. Jeder Levelaufstieg wird so zu einem Besuch im Wunschladen des Fantasy-Kriegers, von dem er mit einem neuen kleinen Schatz zurückkehrt, der sofort am nächsten unglücklichen Viech ausprobiert werden muss. Einen Level aufzusteigen, bereitet hier jedes Mal aufs Neue Freude.

Und die Welt als solche mit ihren optischen und akustischen Reizen zu erforschen, stellt die vielleicht größte Freude überhaupt dar. Ja, sie ist nicht so groß wie ein Oblivion, es gibt ein paar unsichtbare Wände, man kann nicht überall hin. Muss man auch nicht. So schön, wie es hier ist, wo man sich gerade befindet, kann es da hinten in der Ferne unmöglich sein. Dieser Grafik-Flash lässt sich wiederum gut mit Oblivion damals vergleichen. Nur dass halt ein paar Jahre ins Land zogen und Witcher 2 alle Register der technischen Entwicklungen dieser Zeit zieht. Es bietet einen technischen Showcase für das, was auf nur auf einem PC möglich ist.

Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, sollte eine Xbox-360- oder PS3-Fassung irgendwann genauso gut aussehen, aber ich halte es für unmöglich, dass diese Pracht des Waldes und der Berge, diese Feinheiten in einzelnen Blättern, dieser Reichtum der Details einer greifbaren Welt dort so umgesetzt werden kann. The Witcher 2 ist das aktuell vielleicht schönste Spiel überhaupt – eine gewisse Fantasy-Affinität vorausgesetzt –, weil es technisches Können mit einem in sich stimmigen und komplexen Designentwurf verbindet, der die Kreation der Bücher auf eine plastische Weise auf den Screen holt, die immer wieder neu begeistern kann.

Was die Bugs angeht, kann ich mich eigentlich nicht beklagen. Der einzige Absturz überhaupt passierte, als ich das Spiel vorerst letztmalig verlassen wollte, um diesen Text zu schreiben. Kann man glaube ich durchgehen lassen. Ein oder zweimal blieb Geralt in einem Türrahmen hängen, die KI der Feinde hing im dritten Akt ein paar Mal, als sie sich darauf beschränkte, mich interessiert anzugucken. Insgesamt und für ein Spiel dieser Größe und Komplexität hat CD Projekt ganze Arbeit geleistet.

The Witcher 2 - Lebendige Welt

Weil ich weiß, dass ihr wieder danach fragen werdet: „Und Martin, wie viel Spielzeit kriege ich denn für meine 40 Euro?" Eine berechtigte Frage, nachdem ich ja sagte, dass der dritte Akt doch deutlich kürzer als erwartet ausfiel. Ein nochmaliges Durchspielen mit dem gleichen, gesteigerten Charakter scheint auch nicht möglich. Macht ja auch nicht so viel Sinn. Nun, ich nehme an, dass man einen Speedrun mit zwölf Stunden hinlegen kann. Warum man das tun sollte, erschließt sich mir nicht. 25 Stunden seid ihr sicher unterwegs, seht dabei ein paar Nebenmissionen und etwas von der Welt. 50 Stunden sind locker drin, solltet ihr hartnäckig sein und alles lösen wollen. Wer alles sehen und lesen, alle Tränke mixen, alle Schwerter schmieden und keinen Millimeter der Landschaften unerforscht lassen möchte, der kann hier nochmal ein wenig was draufschlagen. Kurz oder gar zu kurz fällt The Witcher 2 nun ganz sicher nicht aus. Zumal man es ja durchaus mehr als einmal spielen kann und durch neue Entscheidungen auch andere Wege findet.

Dritter Akt hin oder her, The Witcher 2: Assassins of Kings bleibt trotz des „nur" guten Endes ein Vertreter seiner eigenen, weit über den RPG-Sumpf da draußen erhabenen Art. Es beginnt mit einer atemberaubenden Liebe zu jedem Detail dieser atmenden, beinahe greifbaren Spielwelt. Es geht weiter mit den komplexen, endlos verschachtelten, sich verzweigenden und immer wieder kreuzenden Wegen der verschiedenen Charaktere, die sich alle durch Glaubwürdigkeit und Authentizität auszeichnen. Dem weitreichenden und in allen Konsequenzen spürbaren Einfluss, den der Spieler darauf nehmen kann. Dem Kampfsystem, das sowohl taktische Überlegungen, Planung im Voraus, aber auch Geschick gegen ebenso harte wie faire Feinde belohnt. Es ist ein so atemberaubendes Spiel, das man irgendwo verstehen und dem man ganz sicher auch verzeihen kann, dass ihm dieser Atem auf den letzten Metern dann ein wenig fehlte.

An Kritikpunkten jenseits des Finales, auf das jedes andere Rollenspiels immer noch zu Recht hätte stolz sein dürfen, findet sich nicht allzu viel. Das Inventar hätte in einem System, das so viel mit Crafting und Alchemie spielt, größer ausfallen können. Die Gegner-KI und der Kampf scheinen ein paar kleinere Schwächen zu haben, die besagter dritter Akt euch aus welchen Gründen auch immer nicht vorenthalten möchte. Die deutschen Stimmen sind immer noch nicht optimal. Alles wahrlich kein Grund, an diesem Spiel vorbeizugehen. The Witcher 2 weckt im Rollenspieler verloren geglaubte Gefühle und eine Liebe zu dem Genre, die man schon seit einer ganzen Weile nicht mehr empfand. Dem kann man sich einfach nur hingeben.

The Witcher 2 ist ab sofort erhältlich. Die normale Retail-Version enthält neben dem Spiel den Soundtrack, ein Making-of auf DVD, ein Lösungsbuch, eine Münze und eine Weltkarte in hübscher Box. Die Collectors Edition mit noch mehr Krams in Umzugskarton-großer Verpackung ist leider schon offiziell vergriffen. Rechnet in diesem Falle mit deutlich mehr als den mageren 40 Euro, die für die normale Ausgabe berechnet werden. Wer es unbedingt ganz schnell haben möchte, kann es auch auf gog.com herunterladen. Keine der Versionen nervt mit lästigem DRM.

9 / 10

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